Die wilde Farm

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Kinderbuch Couch
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Kinderbuch-Couch Rezension vonFeb 2010

Idee

Stadtkind muss aufs Land, freundet sich dort mit einem Mädchen an und erlebt spannende Abenteuer, gleichzeitig werden die Ereignisse aus der Sicht der Bauernhoftiere betrachtet

Bilder

Karsten Teich lässt fröhliche Schweine, Hühner, Kühe, Pferde und Katzen durch die Handlung toben

Text

kurze Kapitel, witzige Dialoge gerade zwischen den Kindern, schneller Szenenwechsel und vor allem interessanter innerer Monolog der alles beobachtenden Katze

[ab 9 Jahren]

Ferien auf dem Bauernhof, das bedeutet für David den lieben langen Tag stinkende Schweine und nervende Hühner anglotzen. Mit einem Wort: Langeweile. Weit gefehlt, denn auf dem Nachbarhof wohnt Marie, die alles über Wildschweine weiß. Mit ihr erlebt der "Stadtdepp" so einige Abenteuer auf dem Land, an die er nicht im Traum gedacht hätte.

Der zehnjährige David ist stinksauer. Er muss seine wertvollen Ferien auf dem öden Bauernhof von Tante Karla und Onkel Thomas verbringen, die auch noch ein schreiendes Baby haben. Zwar hat er seine Bücher dabei, auch eine Detektivgeschichte, aber ohne Nintendo und Freunde muss es einfach langweilig werden. Karla schlägt vor, dass sich David mit Marie treffen könnte. Oje, auch noch ein Mädchen. David ist endgültig bedient. Aber Marie benimmt sich wie ein Junge und die Begegnung der beiden endet auch gleich mit einem heftigen Streit. Das burschikose Mädchen will ihm eine Wildschweinrotte im Unterholz des Waldes zeigen. David hat eigentlich Angst vor den unberechenbaren Tieren, aber vor einem Mädchen kann er das nicht zeigen. Die Bache entdeckt die Kinder und David hat nichts besseres zu tun als hektisch wegzulaufen. Das Dümmste, was man tun kann. Marie klettert auf der Flucht vor dem wilden Tier mit David auf einen Baum und brüllt. Aber die aufgebrachte Bache, die ihre Frischlinge schützen will, rührt sich nicht von der Stelle. Marie ist sauer auf den Stadtdepp, der keine Ahnung von Schweinen hat.

Zeitgleich beobachtet ein Kater auf einem Bauernhof in der Nähe, dass etwas nicht stimmt. Der alte Bauer Sterzing liegt bewegungslos auf dem Boden. Schnell spricht sich im Ort herum, dass er einen Herzanfall hatte. Ein Gerücht kursiert seit langem um seinen geheimnisvollen Hof. Ein Schatz soll dort seit Jahren versteckt sein. David hört davon und seine detektivisches Interesse ist geweckt. Marie macht sich eher Sorgen um die Tiere auf dem verlassenen Hof.

Der Kater beobachtet die Lage und spürt die Unruhe der anderen Tiere. Die trächtige Sau und der Eber durchbrechen ihre Gatter und holen sich ihr Futter im Gemüsebeet. Der dumme Hund jault seinem Herrn hinterher und der Kater versucht den Goldfisch aus dem Glas zu fischen. Ein Fuchs beunruhigt die Rebhühner und holt sich den Hahn. Alles ist durcheinander. Als David dann auf dem Hof ankommt, verteilt er erstmal Futter an den Hund und den Kater. Gnädig lässt der Kater den Menschen gewähren. Der Hund schließt sofort Freundschaft mit David, dem das gefällt.

Marie erscheint und beide Kinder, auch wenn Marie an die Legende von dem smaragdgrünen Kreuz aus dem Besitz einer russischen Großfürstin und den Ohrringen, Ketten und Ringen, dem einst geklauten und versteckten Schatz, nicht glaubt, beginnen mit der Suche. Die Kinder vertragen sich wieder und müssen aber erkennen, dass der Hof vom Bauern Sterzing nicht nur heruntergekommen und verwahrlost ist, sondern auch noch schmutzig und marode. Die Ratten sind hier zu Hause und haben auch nichts besseres zu tun als David gleich mal in den Zeh zu beißen, als er in den Dielen einbricht. Keine Spur vom Diebesgut. Doch dann hören sie ein Auto und sehen einen Fremden, der ebenfalls den Hof durchsucht. In der Scheune entdeckt er die Kinder und beide können gerade noch im letzten Moment auch mit der Hilfe des Hundes, der nun seinen neuen Freund beschützen will, fliehen. Allerdings hat Marie ihr Fahrrad vergessen. Als beide es am Abend holen wollen, lauert der Mann ihnen auf und sperrt sie in die Küche. Als Einbrecher beschimpft versucht der Mann den Kindern Angst zu machen und Informationen zu entlocken, nur Marie ist aufmüpfig. David beschließt nicht mehr schlecht über Mädchen zu denken, denn Marie ist wirklich mutig.Wieder können die Kinder entkommen. Als Marie und David spät nach Hause kommen, gibt es mächtig Ärger. Allerdings können sie auch nicht erklären, was sie auf dem Hof des Bauern Sterzing getan haben.

Der Kater kommentiert das Verhalten der Kinder und wundert sich über die Veränderungen auf seinem Hof. Die Schweine haben sich inzwischen ihren Weg in die Felder gebahnt und stoßen dort auf die Wildschweine. Der Kater muss sich gegen den Igel verteidigen, der ihm ständig das Futter wegschnappt und dann bleibt ein blutiger Zweikampf zwischen Kater und Fuchs auch nicht aus.

Beim Feuerwehrfest treffen die Kinder an ihrem Kuchenstand den Fremden wieder. Er trägt eine Polizeiuniform und fragt "seine Einbrecher" scherzhaft, ob sie denn schon fündig geworden seien. Auch er hätte nach Dienstschluss den Auftrag erhalten, nach dem Schatz zu suchen. David allerdings kommt das alles seltsam vor. Die Kinder verabreden sich mit dem Fremden, der angeblich Dieter Mausert heißt, für den kommenden Nachmittag auf dem Hof. David grübelt weiter.

Die Sau baut sich inzwischen ein Nest für ihre Jungen und bekommt acht Ferkel. Bei der Geburt stört sie ein metallischer, glänzender Gegenstand.

Auf dem Hof treffen sich Marie, David und Mausert. Plötzlich fällt David ein, was er übersehen hat. Der Polizist hatte auf seiner Uniform kein Wappen seines Landes. Er ist ein Betrüger. David muss still sein, auch in dem Moment, wo die Kinder in sechs Hundefutterdosen eingeschweißt den Schatz finden. Mausert verschwindet äußerst mürrisch, als er erfährt, dass Maries Eltern die Kinder abholen wollen. David notiert noch schnell das Autokennzeichen des Diebes. Keine Frage, die Kinder finden dann bei der Sau das wertvolle Kreuz aus Smaragden und Brillanten. Das Muttertier jedoch verteidigt sein Territorium und die Jungen.

Alles löst sich in Wohlgefallen auf und David weiß, dass Ferien auf dem Bauernhof weitaus spannender sein können als am Meer oder mit Freunden. Und am Ende winkt sogar ein Finderlohn und David hat einen Freund gewonnen, den Hund vom Bauern Sterzing, der nicht mehr auf den Hof zurückkehrt.

Die Berliner Autorin Silke Lambeck, die bereits erfolgreich ihre "Herr Röslein"-Bücher beim Bloomsbury Verlag veröffentlicht hat, weiß, wie Jungen ticken. Immerhin entstand das erste Herr Röslein-Buch auch als Lektüre für ihre beiden Söhne.

In ihrem neuen Kinderbuch "Die wilde Farm" erzählt sie aus zwei Perspektiven. Zum einen betrachtet der Leser das Geschehen aus Davids Blickrichtung, der ohne große Erwartungen und Neugier seine Ferien beginnt. Marie sieht die Sache schon anders. Für sie bedeuten Ferien zwar Freizeit, aber sie hilft frühmorgens die Kühe melken und sie jätet mit der Mutter das Gemüsebeet. Und Marie interessiert sich für ihre unmittelbare Umgebung. Sie kennt alles über Wildschweine und ganz nebenbei erfährt der Leser auch so einiges über Malbäume, Zahnspuren und Schweine, die gern schwimmen gehen. Aus der Katerperspektive kann der Leser dann beobachten, wie die Tiere den Verlust ihres Bauern erleben und sich plötzlich mit den wilden Tieren herumschlagen müssen, die ihr bisher geschütztes Territorium erobern. Eine Schlange taucht bei den Hühnern auf, der Fuchs wildert im offenen Hof und der Igel schnappt sich das Futter des verwöhnten Katers. Im inneren Monolog des Katers spiegeln sich die Ansichten des verwöhnten Tieres und sein Blick auf die ungezähmte Natur.

Originell in dieser klar strukturierten Geschichte ist die Verbindung zwischen dem Leben auf dem Bauernhof und dem Einbruch der wilden Welt in die behütete. Die Tiere haben ihr autonomes Leben, nichts ist verniedlicht oder übertrieben. In kurzen Kapiteln und schnellen Szenenwechseln entwickelt sich die spannend geschriebene Suche nach dem Schatz, der vor 30 Jahren entwendet wurde.
David vermisst weder seinen Nintendo, noch seine Freunde, denn mit Marie als Verbündete wird jeder Tag zum Abenteuer. Als der Junge dann auch noch mit seinem Onkel angelt und erfährt, dass man den gefangenen Zander essen kann, erweitert sich auch seine Wahrnehmung über Fischstäbchen und Tintenfischringe hinaus.

Zwar ist David kein Kind, das eine Kuh lila malen würde und doch weiß er wirklich wenig über das Verhalten der Tiere. Nach und nach kippen bei David alle Vorurteile gegen das Leben auf dem Bauernhof und seine Ansichten über Mädchen. Silke Lambeck erzählt ihre abenteuerliche Feriengeschichte mit Leichtigkeit, Witz und in wunderbaren Bildern.

Fazit:

Ein Bauernhof ist kein Streichelzoo, das erkennt David in dieser unterhaltsam geschriebenen Sommergeschichte. Die Berliner Autorin schlägt eine glaubhafte Brücke zwischen Krimigeschichte, einer Sommerfreundschaft zwischen einem Jungen und einem Mädchen und der Auseinandersetzung zwischen wilden und domestizierten Tieren. Eine spannende Lektüre für Mädchen und Jungen!

Karin Hahn

 

Die wilde Farm

Silke Lambeck, Bloomsbury

Die wilde Farm

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