Das Unkrautland - Auf den Spuren der Nebelfee

  • Cleon
  • Erschienen: März 2007
  • 0
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Kinderbuch Couch
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Kinderbuch-Couch Rezension vonMär 2007

Idee

eine eigenständige, überaus fantasievolle Welt mit liebenswerten Charakteren und witzigen Darstellungen, die an manchen Stellen etwas zu ausführlich ausfallen.

Text

Beeindruckendes Debüt mit flüssigem, abwechslungsreichem Erzählstil; gute Metaphern und viel Sinn für Humor zeichnen die Sprache aus.

Primus lebt ziemlich einsam in seinem windschiefen Haus zwischen dem Finsterwald und den Schwefelzinnen. Der staatlich geprüfte Präzisionsweckvogel Bucklewhee und der stets hungrige Kürbis Snigg, der auf dem Komposthaufen lebt, sind seine einzige Gesellschaft. Doch die ziemlich turbulente Begegnung mit der Hexe Plim verwandelt sein beschauliches Leben in eine wahre Abenteuergeschichte, die ihn auf die Suche nach den verlorenen Bruchstücken einer machtvollen Mondsichel führt ...

Primus, der sich, wann immer er will, in eine Fledermaus verwandeln kann, startet von seinem alten Haus mit windschiefem Turm seine nächtlichen Ausflüge in das Dorf Klettenheim, um dort an die köstlichsten Kuchen zu kommen. Die ängstlichen Einwohner des Dorfes wollen aber seine nächtlichen Überfälle nicht mehr länger hinnehmen und bringen zu Primus´ ";Abschreckung" eine riesige ";Klatsche", in Form einer Schneeschaufel, am Kirchturm an. Doch Primus entdeckt diese Falle und weiss die Dorfbewohner ein weiters Mal in Angst und Schrecken zu versetzen. Ein Riesenspass für Primus.

Eines nachts, als Primus der Erfüllung seines sehnlichsten Wunsches, einen Zugang zu den Gängen der Kobolde zu finden, nahe zu sein glaubt, wird er von einer geradezu besessenen Person auf einem knatternden Besen gejagt. Die Hexe Plim kann eine Fledermaus noch gut für einen ihrer Zaubertränke gebrauchen und versucht Primus mit einer Fliegenklatsche zu erwischen. In einer abenteuerlichen Verfolgungsjagd lockt Primus die aufdringliche Hexe genau zu der Falle der Klettenheimer. Im hohen Bogen wird die Arme, von der ";großen Klatsche", über den Finsterwald abgeschossen. Für Primus ist die Angelegenheit damit erledigt und er fliegt in aller Ruhe wieder zu sich nach Hause. Doch ein Prospekt von einem Spielzeugladen, das in seiner Lieblingslektüre dem ";Zauberzirkel" steckt, weckt seine Neugier und wie sich herausstellt es ist kein anderer, als der Spielzeugladen der Hexe Plim. Und genau hier erwischt die energische Hexe die neugierige Feldermaus, die sich in dem engen Einmachglas, in das sie kurzerhand gesteckt wurde, nicht in seine menschliche Gestalt zurückverwandeln kann. Durch eine List gelingt es Primus schließlich, Plim zu sich nach Hause zu lotsen. Er verspricht ihr das Bruchstück einer geheimnisvollen Mondsichel zu zeigen, die er auf den alten Zeichnungen in ihrem Hause wiedererkannt hat. Diese Mondsichel interessiert Plim über alle Massen. Um genau zu sein, ein bestimmtes Stück der Sichel, dem die Magie der Schönheit innewohnen soll. Denn Plim glaubt fälschlicherweise, sie sei hässlich, was sie einzig und allein ihrem trügerischen Spiegel zu verdanken hat. Plim und Primus machen sich schließlich gemeinsam auf die Suche, um weitere Puzzleteile der uralten Sage aufzudecken. Primus´ kluger Spiegel weiss eine Menge wichtiger aber wenig eindeutiger Hinweise zu geben und nicht zuletzt das uralte Haus von Primus birgt ein längst vergessenes Geheimnis.

Als sie ihre Recherchen in die ehrwürdige, riesige Bibliothek der Akademien von Hohenweis führt und sie mit Hilfe des Bibliothekars auf ein sehr aufschlussreiches Buch mit dem Titel ";Die Legende aus dem Unkrautland - Die Mondsichel und ihre magischen Elemente" stossen, machen sie die unangenehme Bekanntschaft mit dem finsteren Ruven Rabenstein, der ihnen das Buch sogleich eintreisst. Doch Primus und Plim lassen sich nicht so leicht einschüchtern und dringen in einer Nacht- und Nebelaktion in die Bibliothek ein, um sich das Buch zurückzuholen. Dabei ist ihnen der Schlüssel, den Primus zufälligerweise in einem tiefen Erdspalt gefunden hat, eine große Hilfe. Mit ihm verschaffen sie sich den Zugang in Rabensteins geheime Halle, wo ein großes Wandbild der Nebelfee hängt und in deren Mitte eine rätselhafte Säule steht. Es stellt sich heraus, dass auch Rabenstein hinter den Bruchstücken der Mondsichel her ist. Und ihn interessiert besonders der Teil des Mondes, der aus der Magie der Macht besteht. Stück für Stück tragen die beiden Freunde ein Mosaiksteinchen nach dem anderen zusammen, das den Verbleib der restlichen Bruchstücke aufklären kann. Und ebenso wie sich das Rätsel immer mehr verdichtet, so wird auch Primus mit seiner verdrängten Vergangenheit konfrontiert. Am Ende haben die beiden eine Menge Abenteuer erlebt, die Gänge der Kobolde erforscht und hatten in dem Kürbis Snigg einen echten Verbündeten.
Vor allen Dingen aber haben sie sich dem unausweichlichen Kampf mit Rabenstein gestellt, der ihnen alles abverlangt, denn Rabenstein lässt natürlich nicht zu, dass ihm ausgerechnet Primus sein begehrtes Bruchstück streitig macht. Fest entschlossen, seine Widersacher endgültig zu vernichten, kommt es zu einem unerbittlichen Kampf. Werden der kluge Primus und die energische Plim auch dieses Mal mit heiler Haut davonkommen?

Stefan Seitz stellt in seinem Kinderbuchdebüt ";Das Unkrautland" eine faszinierende Welt vor, die für alle kleinen und großen Abenteurer nicht einladender sein kann. Nach einer ausführlichen Bekanntmachung mit der Welt des freundlichen Einzelgängers Primus verdichtet sich die Geschichte und man ahnt, dass sich hinter der Suche nach den Bruchstücken der sagenumwobenen Mondsichel mehr verbirgt. Auch die Geschichte von Primus selbst, die er über die 200 Jahre vergessen hat, treten hier mehr und mehr zu Tage.

Auch die Vorstellungskraft des Autors, die Freude, mit der er seine Charaktere zum Leben erweckt, machen dieses Buch durchweg lesenswert. So insziniert Stefan Seitz ein Szenario mit allerlei liebenswerten und unbeschwerten Gestalten, die eine dichte und authentische Atmosphäre entstehen lassen, die der Autor über das ganze Buch hinweg gedeihen lässt. Dabei erreicht er den Charme seiner Darsteller nicht etwa durch einen besonderen ";Niedlichkeitsfaktor" - das kann man sich bei dem Vogelskelett Bucklewhee auch kaum vorstellen - sondern durch ihre liebenswerten Eigenheiten und der Art und Weise, wie sie auf ziemlich komische Weise miteinander agieren und kommunizieren. Die liebenswerte Vogelscheuche ";Chuck", die das üppige Blumenbeet von Plim bewacht, findet in dem hungrigen ";Snigg" einen neuen Freund; aber auch die beiden lästerlichen Kröten ";Mills und Taddel" im Einmachglas auf Plims Zutatenregal - und die vielen anderen Gestalten - machen einfach Spass. Dies und die Detailverliebtheit des Autors sorgen dafür, dass eine besondere, positive Stimmung über das gesamte Buch hinweg aufrecht erhalten wird. Man merkt, dass Stefan Seitz mit jeder seiner Figuren, jedem seiner stimmungsvollen Orte und sogar mit jedem seiner Sätze sehr viel von sich hineingelegt hat. Das wird vor dem Hintergrund, dass ";Das Unkrautland" schon eine gewisse Zeit vor dem Buch als 3-D-Animation im Internet (www.unkrautland.com) existiert hat, umso konkreter.

Viele Puzzleteile werden geschickt innerhalb der Geschichte fallengelassen und ergeben nach und nach ein dichtes Netzwerk einer weit zurückliegenden Geschichte, die ihre eigene Logik vorweisen kann. Hohenweis mit seinen Akademien und vielen Kaufständen und Läden erinnert dabei schon ein wenig an die Winkelgasse von Harry Potter. Vielleicht hat sich Seitz auch von dieser Welt inspirieren lassen - was nicht schlecht sein muss, nicht schlecht sein kann, denn ein jeder Fantasy-Autor kann sich von derlei Beeinflussungen nicht freisprechen. Doch auch hier beweist Stefan Seitz eine beeindruckende Gabe autarker Fantasie und macht sich Ideen zu eigen, um eine ganz eigenständige Welt entstehen zu lassen. Auch empfinde ich es beeindruckend für sein Debüt, dass ihm keine Logik-Fehler unterlaufen sind. Er nimmt die Handlungsfäden immer wieder folgerichtig auf, setzt sie vor einem authentisch wirkenden Hintergrund und macht seine Erzählung beinahe so greifbar wie ein Erlebnisbericht. Beeindruckend ist auch seine Geduld, alle Details nicht zu hastig zu präsentieren, sondern sie dem Leser nach und nach anzubieten. Wunderbar unspektakulär deckt Stefan Seitz eine wichtige Karte nach der anderen auf und lässt seine feinsinnige und fantasievolle Geschichte zu etwas viel größerem anwachsen, als es zunächst den Anschein macht.

Doch bei aller Intelligenz mit der er sein komplexes Unkrautland zum Leben erweckt hat, hätte ihm vielleicht an der einen oder anderen Stelle ein wenig mehr Vertrauen in sein ";Bauchgefühl" gut getan. Immer wieder lässt Stefan Seitz sich zu viel Zeit, um seine darauffolgenden Wendungen und die Aktionen seiner Protagonisten zu beschreiben - dadurch mangelt es der Geschichte, gerade in spannenden Momenten, immer wieder an Tempo. An anderer Stelle dagegen ist seine Erzählweise wieder sehr passend und harmonisch, denn sie lässt uns ganz in seine Welt hineinfinden. Ein Mass halten, Austarieren dieser beiden Erzähltempi ist aber schließlich auch die Kunst, um eine ebenso greifbare wie spannendes Geschichte zu erzählen. Doch spätestens am Ende der Geschichte wird wohl jeder auf seine Kosten kommen; geradezu ";actiongeladen" geht es im Kampf mit Rabenstein zu und damit beweist Stefan Seitz, dass ihm auch diese Situationen durchaus liegen.

Sprachlich ist dieses Debüt durch seinen flüssigen, abwechslungsreichen Erzählstil, der mit vielen guten Metaphern ausgestattet ist, durchweg gelungen. Mit viel Sinn für Humor insziniert er seine Welt und erreicht so einen durchweg positiven Unterton. Niemals wirkt die Geschichte düster oder allzu bedrohlich.

Doch vieles will am Ende der ersten Geschichte über das Unkrautland noch erforscht und entdeckt werden. Was ist aus der Nebelfee geworden, die vor langer Zeit von der Mondsichel in die Falle gelockt wurde oder wozu dient das Podest in der großen Halle und was hat es mit dem Geheimnis um die uralte Festung zu tun, deren unterirdische Gänge sich bis in den Finsterwald reichen? Liegt das nächste Abenteuer jenseits der Schwefelzinnen?
Es sei an dieser Stelle verraten, dass ein weiterer Band bereits in Arbeit ist und vielleicht werden diese und viele andere Fragen dort beantwortet.

Fazit:

";Das Unkrautland" ist ein echter Geheimtipp für alle Fantasy-Fans, die vor allen Dingen eine gut erzählte Geschichte schätzen. Mit viel Fantasie und Poesie erschafft Stefan Seitz in seinem Debütroman eine faszinierende Welt, die ganz ohne effektheischende Gruselmomente auskommt und dennoch bis zur letzten Seite fesselt. Besoners der unbeschwerte Grundtenor der Geschichte und seine liebenswerten Charaktere sind einfach mitreissend.

Stefanie Eckmann-Schmechta


Das Unkrautland - Auf den Spuren der Nebelfee

Stefan Seitz, Cleon

Das Unkrautland - Auf den Spuren der Nebelfee

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