Flaschenpost

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Kinderbuch Couch
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Kinderbuch-Couch Rezension vonAug 2009

Bilder

Buntstiftzeichnungen, die zurückhaltend und voller Atmospähre sind und viele Details und „Typen“ zeigen.

Text

Eine schöne, schlichte und dennoch melodische Sprache, die das Wesentliche erzählt. Mathias Jeschke ist ein kluger Erzähler, spricht aber ebenso die Sprache der Kinder.

[ab 5 Jahren]

Ein junger Mann, der gern zur See fährt und Abenteuergeschichten liebt, wirft eines Tages eine Flaschenpost ins Meer. Nach elf Jahren, er hat seine Flaschenpost schon vergessen, da schreibt ihm ein norwegischer Junge, dass er seinen Brief gefunden hat. Und das ist eine wahre Geschichte...

Die Geschichte des Erzählers beginnt an den Landungsbrücken, wo ihm als kleiner Junge die Winde der sieben Meere um die Ohren pfeifen. Dann, ein paar Jahre später: Der nunmehr erwachsene junge Mann fährt zur See und gibt Morsezeichen mit der "Klappenbuchse" an die anderen Schiffe ab. Er ist glücklich auf dem Meer. Eines Tages schreibt er einen Brief, steckt ihn in eine Cola-Flasche, versiegelt sie und wirft sie über Bord - "aus reinem Übermut". Dann vergeht eine lange Zeit, da unser Flaschenpost-Absender der See erst einmal den Rücken zukehrt und an die Universität geht.

Währenddessen wird in Norwegen ein kleiner Junge geboren - zwei Jahre, nachdem die Flaschenpost ins Meer geworfen wurde - seine Name ist Marius. Marius, so erzählt uns Matthias Jeschke, liebt auch das Meer und bekommt zu seinem sechsten Geburtstag ein eigenes Boot, das sogar einen Außenbordmotor hat. Marius such am Strand Dinge, die das Meer angespült hat. Eines Tages - Marius ist bereits neun Jahre alt- findet er die Flaschenpost. Als er auf das Datum blickt, an dem die Flasche ins Meer geworfen wurde, wird im klar, was für einen Fund er gemacht hat. Sogar die Presse kommt und macht ein Bild von Marius und dem Brief. Dann bekommt unser Flaschenpostversender Post von Marius mit der Kopie des Briefs von damals und er sagt darüber: "Ich brauchte etwa siebeneinahlb Stunden bis ich kapierte, was ich las."

Endlich, so möchte ich fast sagen, ist das Gespann Mathias Jeschke und Katja Gehrmann wieder beisammen. Und wo führt uns diese besondere Verbindung hin? Richtig, wieder an den Hafen. Nach dem zeitlos-schönen Bilderbuch mit dem eigenwilligen Titel "Geschichte vom Lastkran, der eine Schiffsirene sein wollte " ist es auch hier das Meer und Weite, die Autor und Illustratorin zusammengeführt haben. Und um es gleich vorweg zu nehmen: Auch hier geht Verbindung Jesche/Gehrmann wieder auf.

Doch anders als die flächigen und kraftvollen Illustrationen in der "Geschichte vom Lastkran, der eine Schiffsirene sein wollte ", sind die Bilder dieser wahren Geschichte zurückhaltender in Farbwahl und Strichführung. Mit Buntstiften angelegt, bleibt viel weisse Freifläche, die aber nicht leer wirkt, sondern der typisch weissen Lichtkulisse entspricht, wie sie an wolkenverhangenen Tagen an Küstenorten anzutreffen ist. Dazu noch das graublaue Meer, das Katja Gehrmann in einer weichen Schraffur anlegt, und die Kulisse verströmt wieder ihren ganz typischen, schlichten Charme. Farbakzente sind auch hier wieder klar gesetzt; wie etwa ein kräftiges Rot, dessen dramaturgischen Einsatz wir bereits aus dem Vorgängerbuch kennen. Als warme Farbtupfer und Hingucker sind sie charakteristisch in der Farbwahl von Pudelmütze und Mövenschnabel bzw. - Beinen oder des Deckels der Flaschenpost.

Trotz der zurückahltenden, harmonischen Farben wirkt das Bildkonzept des Buches auf den ersten Blick etwas unruhig. Ständig von Möven begleitet - wie auch jener frechen Vetreterin auf dem Buchcover, die breitbeinig auf der Flaschenpost zu surfen scheint - macht es zunächst den Eindruck, als folge die Zusammenstellung der einzelnen Illustrationen, mal als Bildfolge, mal als doppelseitige Darstellung mit kleinen "Randbemerkungen", keinem bestimmten Muster. Doch beim Vorlesen wird man feststellen, dass Blick- und Textführung harmonieren und dass die kurzen Texte mit den kleinen Illustrationen, die Hintergrundinformationen zu der Geschichte geben, Sinn machen. Denn wenn in der Geschichte Begriffe wie Morsezeichen oder Längen- und Breitengrade vorkommen, erklärt Mathias Jeschke auch dies in seiner gewohnt schlichten und doch so melodischen Sprache.

Mathias Jeschke zeigt in jedem seiner kurzen Sätze seine große Erzählfreude. Er wird niemals ausschweifend und bleibt auf Augenhöhe der Kinder. Es ist einfach mitreissend, wie er mit wenigen Worten so viel erzählen kann. Mit nur einem Satz entführt er uns nach Norwegen und lässt anhand kleiner, aber wichtiger Details spürbar Zeit vergehen. Den besonderen Charme der Geschichte macht auch Matthias Jeschkes direkte Ansprache und seine Aufrichtigkeit aus. Dies bringt ihn seinen Zuhörern nahe und lässt eine Vertrautheit entstehen, die uns immer wieder aufs Neue herzlich empfängt.

Fast mag man staunen über diese kleine und doch so beeindruckende Geschichte, "Vielleicht" so Mathias Jeschke an seine Leser "sagt ihr: Ach, was ist das schon!". Doch, wie es so seine Art ist, macht er auch hier mit nur einem Satz das Faszinierende daran deutlich. Und so wird in Zukunft bestimmt noch so manche Flaschenpost ins Meer geworfen, in der Hoffnung dass die Flasche, irgendwann, irgendwo - nach langer Reise über die sieben Meere - einem Menschen vor die Füsse gespült wird, der sie neugierig öffnet. An einen Ort, an den man vielleicht niemals hingekommen wäre.

Fazit:

"Flaschenpost" ist ein durch und durch charmantes Bilderbuch, das man unbedingt mit Kindern lesen sollte. Es beflügelt nicht nur die Fantasie für eigene "Flaschenpostabenteuer", sondern es empfängt uns immer wieder aufs Neue mit einer warmen Vertrautheit, die für das Gespann Jeschke/Gehrmann so typisch ist.

Stefanie Eckmann-Schmechta

 

Flaschenpost

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