Meisterfälscher

  • Boje
  • Erschienen: Januar 2010
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Meisterfälscher
Meisterfälscher
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Kinderbuch Couch
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Kinderbuch-Couch Rezension vonJan 2010

Idee

Die zunächst unwahrscheinliche Ausgangssituation eines künstlerisch hochbegagbten Käferjungen, der sich mit einem Menschenjungen anfreundet,wird glaubwürdig dargestellt. Auch die Charaktere wirken überzeugend.

Bilder

Die witzigen Illustrationen von Kelly Murphy tragen zur positiven Grundstimmung dieses modernen Märchens bei.

Text

Die angesprochenen Themen sind zwar anspruchsvoll, nehmen aber den kindlichen Leser ernst und überfordern ihn nicht. Auch die temporeiche Sprache bringt vieles klar auf und Punkt. Die vielen Dialoge lockern den Text auf.

Ausgezeichnet mit dem Kinderbuch-Couch-Star*. Kinderbuch des Monats [01.2010]. Marvin und James verbindet eine ungewöhnliche Freundschaft, denn Marvin ist ein kleiner Käfer, der mit seiner Familie in der Wohnung von James Eltern mitten in New York lebt. Ungewöhnlich ist auch Marvins aussergewöhnliche Zeichenkunst, wobei alle den Jungen James für den grossen Künstler halten. Doch eines Tages werden die zwei ungleichen Freunde deswegen in einen Kunstraub verwickelt....

James Eltern sind geschieden. Seine Mutter ist eine ehrgeizige Immobilienmaklerin und James muss die Kinder ihrer Geschäftskunden zu seiner Geburtstagsfeier einladen, obwohl er gar keinen Bezug zu ihnen hat und nicht mit ihnen befreundet ist. Von seinem Vater, einem mittellosen Maler, bekommt James zum Geburtstag ein Zeichenset mit schwarzer Tusche.

In der Nacht schleicht Marvin, der Käfer, heimlich in James Zimmer, denn dieser tut ihm leid und er will ihm eine Freude machen. Dort wirkt auf ihn James neues Zeichenset so verführerisch, dass er wie im Rausch die ganze Nacht damit zubringt, ein Bild zu malen. Dabei gelingt ihm ein kleines Meisterwerk im Stile Albrecht Dürers.

Durch einen Zufall findet James Mutter das Bild und hält ihren Sohn für den Urheber dieses Kunstwerkes. Sie ist über dieses überraschende Talent ihres Sohnes hoch entzückt, denn so kann sie ihre Geschäftskunden beeindrucken. James klärt das Missverständnis nicht auf, weil seine Mutter, die sonst immer an ihm herummäkelt, endlich einmal stolz auf ihn ist.

Unterdessen freunden sich der Junge und der kleine Käfer an und James findet sogar eine Möglichkeit, wie sich die beiden verständigen können, da Marvin ja die menschliche Sprache nicht spricht.

Auch James Vater ist vom neu entdeckten Talent seines Sohnes beeindruckt und führt ihn ins "metropolitan museum of art", um ihm dort die Bilder Albrecht Dürers zu zeigen, denen Marvins Zeichnung ähnelt. James nimmt Marvin heimlich in seiner Jackentasche mit. Für diesen bedeutet dieser Ausflug in die Menschenwelt einen grosses Ereignis, auch weil noch niemand aus seiner Familie so weit gereist ist. Im Museum lernen sie die Museumskuratoren Christina und Dennis kennen.

Christina bittet James eine Zeichnung von Dürer zu kopieren, die dann anstelle der echten Zeichnung gestohlen werden soll, um so einen Kunstdieb zu überführen. Als dann doch die echte Zeichnung gestohlen wird, überschlagen sich die Ereignisse, vor allem weil Marvin, der ja nicht sprechen kann, dem Täter auf die Spur kommt.

Elise Broachs Ausgangsidee des kleinen Käfers, der fast genauso gut wie Dürer zeichnen kann, sowie die ungleiche Freundschaft zwischen diesem und einem Menschenjungen wirken auf den ersten Blick eher unwahrscheinlich, werden aber so glaubwürdig dargestellt, dass sich der Leser nur zu gerne auf dieses moderne Märchen einlässt.

Die Hauptpersonen, der Käferjunge Marvin und der Menschenjunge James, wirken authentisch, sind sympathisch und wachsen einem schnell ans Herz. Auch die Nebenfiguren, allen voran Marvins Familie mit seinen Eltern und seiner unternehmungslustigen Kusine Elaine, sind liebevoll dargestellt und wirken nicht überzeichnet, ausser vielleicht James Mutter, deren übersteigert dargestellter Ehrgeiz sie fast zur Karikatur werden lässt.

Besonders ansprechend wirkt hier auch das bei Kindern sehr beliebte Thema einer Geheimwelt (hier der Käfer) neben der normalen Alltagswelt. Der jugendliche Leser kann sich sicher mit Marvin und seiner Familie identifizieren und gemeinsam mit ihnen das oft auch auf Kinder befremdlich wirkende Verhalten der Erwachsenen beobachten.

Die vielen Dialoge und kurzen Kapitel lockern die spannende Handlung auf und tragen zum fast atemberaubend wirkenden Erzähltempo bei. Auch eher unlustige Leser werden so gefangen gehalten. In einer besonders spannenden Szene, in der Marvins Kusine Elaine durch ihre Waghalsigkeit Marvin und sich in Lebensgefahr bringt, zeigt sich das Erzähltalent von Elise Broach.

Die Handlung gewinnt durch die humorvollen, leichten Illustrationen von Kelly Murphy, die zu einer durchweg positiven Grundstimmung beitragen.

Was diese gelungene Erzählung ausserdem noch auszeichnet, ist, dass der kindliche Leser ernst genommen und ohne erhobenen Zeigefinger mit anspruchsvollen Themen aus Philosophie und Kunstgeschichte konfrontiert wird. Besonders berührend wirken auch die eingestreuten Gedanken Marvins, was eine Freundschaft ausmacht oder die Erklärung von Marvins Mutter, warum es bei den Käfern keine Scheidungen gäbe.

Nicht umsonst wurde dieses charmante Buch vom "Publisher's weekly", dem amerikanischen Gegenstück des deutschen Börsenblattes für den Buchhandels, zu einem der besten Kinderbücher von 2008 erwählt. Das Buch wendet sich an ein Lesepublikum ab zehn, dem man ruhig schon anspruchsvollere Kost zutrauen kann.

Fazit:

Elise Broach ist mit ihrem "Meisterfälscher" ein modernes Märchen sowie ein wahrer Kunstkrimi gelungen. Die Geschichte zweier ungleicher Protagonisten, die sich gemeinsam auf die Spuren der Kunst begeben, ist hochspannend und vermittelt ganz nebenbei so manches über Philosphie und Kunstgeschichte.

Andrea Delumeau

 

Meisterfälscher

Elise Broach, Boje

Meisterfälscher

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