Henri der Künstler

  • cbj
  • Erschienen: Februar 2005
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Kinderbuch Couch
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Kinderbuch-Couch Rezension vonFeb 2005

Idee

Eine pfiffige Idee, Kunst auf diese Weise Kindern nahezubringen. Für die Identifikation und das Kennenlernen der Hauptperson Henri bleibt jedoch keine Zeit. Die Eier und die Kunst stehen im Vordergrund, was dem Buch leider seine Leichtigkeit nimmt.

Bilder

Die Illustrationen lassen den Kunstwerken auf dem Hühnerei genügend Raum. Sie sind warm und freundlich und geben eine angenehme Atmosphäre wieder. Die Übertragung der Kunstwerke auf die Ostereier ist sehr gut gelungen.

Text

Die Sprache vermag es nicht zu fesseln und informiert daher eher, als daß sie wirklich gut unterhält. Gelungen: der herausklappbare Informationsteil in dem kindgerecht erstes Wissen über die Kunstgeschichte vermittelt wird.

[ab 5 Jahren]

Vincent van Gogh, Leonardo da Vinci, Claude Monet sie alle wurden inspiriert von den Ostereiern des Hasen Henri - oder war es etwa umgekehrt?

In diesem hochwertigen Bilderbuch für kleine Ostereier-Spürnasen wird die jahrhundertealte Kunstgeschichte einmal aus ganz anderer Perspektive erzählt; nämlich aus Sicht des Osterhasen Henri, der uns, selbst ein wahrer Künstler auf dem Hühnerei, auf ";eine Reise durch das Land der Bilder"; mitnimmt.

In dem Bilderbuch, das vom cbj-Verlag für Kinder ab vier Jahren empfohlen wird, erzählt Marcus Pfister (bekannt durch seinen "Regenbogenfisch") die Geschichte des Hasen Henri, dem allseits anerkannten Ostereiermaler. Henri steckt, zwei Wochen vor Ostern, in einer wahren Schaffenskrise denn er hat die Nase voll vom Ostereiermalen. Seine bessere Hälfte, die Häsin Henriette, ist schon sehr verdutzt, als ihr eines Tages zu ihren Löffelohren kommt, daß Henri nicht länger auf die übliche Weise Ostereier malen will. Jedes Jahr, so beschwert sich Henri lauthaus, sei es immerzu dasselbe: Die Eier waren immer schön und die Kinder haben sich gefreut. Aber die Eier waren immer gleich. Das erträgt Henri, der Künstler nicht länger und vergräbt sich in seinem Atelier.

Selbstverständlich ist Henri klar, daß er die Kinder nicht enttäuschen darf - aber er will nun Eier malen, die die Welt bisher noch nicht gesehen hat und so malt er die ganze Nacht hindurch. Am anderen Morgen ist Henriette sehr verdutzt, als sie das erste Werk von Herni erblickt: Es ist ein sehr abstrakt gemalter gitarrespielender Hase (eine ziemlich genaue Wiedergabe des Gemäldes ";Sitzender Harlekin mit Gitarre"; von Juan Gris) und Hernriette macht sich große Sorgen, ob die Kinder solche Eier mögen werden. Dann aber erschafft Henri ein wahres Meisterwerk auf dem Hühnerei: Eine Frau mit einem geheimnisvollen Lächeln (die allseits bekannte ";Mona Lisa"; von Leonardo da Vinci).

Schließlich ist Henri so richtig in Fahrt; er bemalt Ostereier nach allen ";Regeln der Kunst"; und so finden wir die Klassiker von Vincent van Gogh, Keith Haring, Salvador Dalí und von Edvad Munch - um einige zu erwähnen - auf Henris Osteriern wieder. Aber Henri ist ganz und gar entsetzt über den Gedanken, seine Kunstwerke zu verstecken. Nein, verstecken will er sich nicht - ausstellen will er sie! Und schließlich machen die Osterhasen mit Unterstützung des Maulwurfs Vincent - der ja sonst einige Eier für den Osterhasen verbuddelt hatte - daran, die Eier ihrer ganzen Pracht angemessen zu präsentieren. Sie bauen kleine Erd- oder Steinhügel und dekorieren sie mit Blättern und Gräsern und ";krönen"; das ganze jeweils mit einem Kunstwerk - pardon, Kunstei, und Henris Ausstellung wird so ein voller Erfolg.

Es ist eine durchaus originelle Idee, die verschiedenen Kunstepochen unseren Kleinsten auf diese Weise näherzubringen. Die warme, aquarellige Atmophäre in der den Kunstwerken sehr viel Raum gelassen wird, damit sie ihre Wirkung entfalten können, scheint seinen eigenen Zauber in diesem Bilderbuch zu entfalten. Mit seinem sympathischen Hauptdarsteller, Henri der Künstler, erzählt dieses Buch mit einem gewissen Augenzwinkern die Geschichte eines exzentrischen Ostereiermalers. Gelungen sind die so detailgenau nachempfunden Wiedergaben der berühmten Kunstwerke. Jeder, der auch nur wenige Klassiker der Kunstgeschichte kennt, wird das Original auf Anhieb wiedererkennen. Das witzige daran ist die Tatsache, daß alle Bilder sehr ";häsisch"; daherkommen. Eine wirklich frappierende Ähnlichkeit zwischen Original und Ei stellt sich dar - und so gut umgesetzt, daß man sich sich die altbekannte Frage stellen mag, was war zuerst da?

Die Dramaturgie der Geschichte besticht durch die Idee, weniger durch überraschende Wendepunkte oder eine besonders intensive Identifikation mit dem Hauptdarsteller. Der Hase und seine Begleiter wirken sympathisch und niedlich aber keinesfalls sehr nahe, dazu ist bei dem ";Schwerpunkt Kunst"; nicht genügend Raum gelassen worden. So nimmt die Geschichte zunächst Anlauf Atmosphäre zu schaffen, doch zu schnell werden wir zum Hauptaugenmerk der vermeintlichen Handlung geschickt. Dies gilt ebenso für die Sprache, die oft humorvoll und zotig wiedergeben soll, wie exzentrisch Henri ist. Sie erzählt aber, meiner Meinung nach, an manchen Stellen zu schnell und wirkt ein wenig aufgesetzt. Sie wird daher das Gehör der Kinder sicherlich nicht in dem Maße fesseln können, wie es die Bilder vermögen. Und schließlich geht es in diesem Buch eben genau nur darum: Kindern einen ersten Eindruck der Welt der Bilder zu vermitteln, sie zu informieren und inspirieren. Beeindruckender ist es natürlich - auch für die Kleinen- Kunstwerke in voller Größe zu erleben, um sie auf sich wirken zu lassen. Und last but not least müssen doch einige Fragen beantwortet werden, bevor das Thema ";Kunst"; vertieft werden kann. Die Frage etwa, was oder wer ein Künstler ist und was Kunst überhaupt bedeutet.

Es ist daher meiner Meinung nach ein gutes Buch, um die Eindrücke, die das Kind bereits in Museen oder anderen Ausstellungen sammeln konnte, zu vertiefen. Wenn Kinder bereits häufig mit Kunst in Kontakt gekommen sind, wirkt das Thema sicherlich weniger abstrakt auf sie. Denn das ";Sahnehäubchen"; am Ende des Buches, das die Kinder auffordert, das Original zu dem jeweiligen Ei herauszusuchen, bietet noch einen sehr informativen Teil, der auch uns Erwachsenen eine Art Grundaufklärung in Sachen Kunstgeschichte liefern kann. Es handelt sich hierbei um einen Leporello, den man herausgeklappt direkt neben den Bildern der Geschichte ";mitlaufen"; lassen kann.

So können die Kinder das Originalgemälde direkt mit dem Ei auf der jeweiligen Seite vergleichen und die Hintergründe erfahren, wie und warum der betreffende Künstler diese Ausdrucksform gewählt hat. Dieser Teil ist gut konzipiert. In dem kurzen, leichtverständlichen Text wird Basiswissen vermittelt. Bei dem aber, und daher ist dieses Buch wohl eher eine Empfehlung für ältere Kinder, eine gewisse Komplexität bei der Erklärung, warum die Künstler sich auf diese Weise ausgedrückt haben, nicht zu vermeiden war.

Fazit:

Für kleine Kunstliebhaber oder jene, die es noch werden wollen, ein lockerer Einstieg in die Geschichte der Kunst. Die Illustrationen und die witzige Art, die berühmten Originale so ";häsisch"; wiederzugeben, machen dieses Buch zu etwas Besonderem. Die Geschichte von Henri, dem Ostereiermaler, wirkt leider nicht allzu fesselnd. Gelungen aber ist der ausklappbare Informationsteil über die Künstler und ihre Kunstwerke. Vielleicht wird es mit diesem Buch noch mehr ";Henris"; an Ostern geben, die ihre Eier dieses Jahr einmal ganz anders bemalen wollen - aber ganz anders!

Stefanie Eckmann-Schmechta

Henri der Künstler

Marcus Pfister, cbj

Henri der Künstler

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