Die Welt steht Kopf - in der Elternschule

  • Arena
  • Erschienen: August 2010
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Kinderbuch Couch
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Kinderbuch-Couch Rezension vonAug 2010

Idee

Ideenreich präsentiert Amina Paul alle Beteiligten und zeigt humorvoll, wie das Leben auf der „anderen Seite“ ist.

Bilder

skurrile Schwarz-Weiß-Illustrationen unterstützen den sonderbaren Charakter des Buches

Text

in leichter Sprache gelingt es Amina Paul, die turbulenten Aufgaben der nunmehr erwachsenen Kinder anschaulich zu vermitteln

[ab 9 Jahren]

Eltern werden ist nicht schwer, Eltern sein dagegen sehr! Diese Erfahrung durchleben Florian und alle Kinder der Stadt, nachdem ihre Eltern an einem Morgen auf geheimnisvolle Weise wie ausgewechselt sind: Verstecken im Wohnzimmerschrank oder das Badezimmer mit Papierschiffen unter Wasser setzen, das sind doch Kinderstreiche! Doch die Erwachsenen sind einfach nicht mehr zu bremsen. Die Kinder haben alle Hände voll zu tun, um die unberechenbaren Erwachsenen bei Laune und unter Kontrolle zu halten!

Und schon wieder eine Fünf in Mathe... Bevor Florian mit dieser Nachricht nach Hause gehen muss, sucht er erst einmal Unterschlupf bei seiner Nachbarin Frau Kokolowski. In ihrer kleinen, ziemlich chaotischen Wohnung gibt es immer wieder etwas Neues zu entdecken, das ihn aufmuntert: Frau Kokolowski erfindet und handelt mit außergewöhnlichem Schulbedarf. Florians ordentlicher Mutter, die für solche Art "Zeitvertreib" kein Verständnis hat, ist der Kontakt zu Frau Kokolowski alles andere als recht. Und als sie ihn dort auch noch "aufspürt", hagelt es vor Vorwürfen und Ermahnungen. Schließlich ist Florians Tag akribisch durchgeplant. Mit strengem "Bestimmungsfinger" hält sie Florian eine Standpauke. Und er hat die Nase von Mamas Kontrolle voll und wehrt sich lautstark: Er wünscht sich, dass seine Mutter das Kind wäre. Denn dann könnte er sie hinter sich herzerren und ihr ständig Sachen befehlen. Auch wenn die Mutter zunächst betreten dreinschaut, für sie ist die übermäßige Kontrolle ganz normal. Sie nennt es Verantwortung.

Doch als Florian eines Morgens nicht von "Mama und Kaffeeduft" geweckt wird und stattdessen seine Eltern quietschfidel und kichernd im Wandschrank vorfindet, dämmert ihm, dass irgendjemand seine Worte erhört haben muss. Papa müsste längst im Büro und Mama in ihrer Kanzlei sein. Doch daran ist gar nicht zu denken, denn viel lieber hopst der sonst so spießige Familienvater im gestreiften Pyjama wie ein Affe um seine Frau herum. Die weigert sich wiederum, ins Bad zu gehen um sich zu waschen. Florian und seine Schwester sind nicht die einzigen Kinder, die von der eigentümlichen Wandlung betroffen sind. Lenchens Eltern haben die komplette Wohnung unter Wasser gesetzt und auch die Eltern der anderen Kinder in der Stadt sind außer Rand und Band.

Was kann man bloß mit solchen verrückten Eltern tun? Schulsprecher Karli hat schließlich eine Idee: Die eigene Schule wird kurzerhand zur Elternschule umfunktioniert. Auf diese Weise werden die Eltern betreut und können ihr Wissen mit Witzekunde oder SMS-Unterricht erweitern. Gesagt, getan - von da an führen Eltern und Kinder ein Leben mit vertauschten Rollen. Die Kinder übernehmen die Regie, sorgen für ihre Eltern und werden tagtäglich mit Aufgaben und Verhaltensweisen konfrontiert, die ihnen selbst aus ihrem Kinder-Leben recht bekannt vorkommen.

Erstaunlich ist nur, dass alle anderen Menschen außerhalb der Stadt normal zu sein scheinen. Und das bringt Probleme mit sich. Wenn der Geschäftspartner von Florians Vater die außergewöhnliche Situation Zuhause sieht, wird er sicherlich Alarm schlagen und das Jugendamt verständigen. Florian muss der Sache schnellstens auf den Grund gehen. Not macht erfinderisch, das hat nicht nur er in den vergangenen Tagen gelernt, sondern das weiß auch Frau Kokolowski, die als Einzige nicht vom Veränderungswahn betroffen ist...

Amina Paul präsentiert in ihrem Buch einen Rollenwechsel der besonderen Art. Mit großem Wiedererkennungswert und viel Humor zeigt sie die vielfältigen Aufgaben pflichtbewusster Eltern auf, die nun von ihren Kindern bewältigt werden müssen. In leichter und lebensnaher Sprache gelingt es ihr, Leser/innen ab 9 Jahren die Augen für die Arbeit zu öffnen, die ihre Erziehungsberechtigten tagtäglich leisten.

Die Charaktere des Buches spiegeln stellvertretend Aufgaben, Pflichten und Probleme wider, die sich in allen Familien in verschiedener Häufigkeit abspielen. Auch wenn einige Personen nicht sehr authentisch wirken, verhelfen sie doch mit ihrem unlogischen Verhalten zu einem turbulenten und humorvollen Verlauf und geben dem Leser damit einen ziemlich deutlichen Wink mit dem Zaunpfahl, welches Verhalten absolut NICHT angemessen ist.

Mit dem präsentierten Rollentausch ist es möglich, die kindlichen Verhaltensweisen anschaulich überspitzt darzustellen, ohne den jungen Lesern in ihrem eigenen Verhalten zu nahe zu treten; oder ihnen gar mit dem erhobenen Zeigefinger zu kommen - schließlich hat genau dieser Florian so auf die Palme gebracht, dass er sich diesen Rollentausch aus tiefsten Herzen gewünscht hat.

Spannend bis zum Ende bleibt die Frage, wie es überhaupt zu diesem Rollentausch kommen konnte. Eine kleine Denksportaufgabe, deren Lösung man nicht erahnen kann und die zum Fantasieren anregt.

Fazit:

Wie schön ist es doch, Kind zu sein! Diese Erkenntnis erlangen Florian und alle Kinder der Stadt, indem sie in die Rolle der "Großen" schlüpfen. Aber auch die sonst so "kontrollfixierten" und humorlosen Eltern können sich wunderbar in der turbulenten Geschichte von Amina Paul wiedererkennen. Eine unterhaltsame Geschichte mit einem Augenzwinkern der besonderen Art, die zeigt, wie aufschlussreich ein Rollentausch sein kann.

Ina Kolöchter

 

Die Welt steht Kopf - in der Elternschule

Amina Paul, Arena

Die Welt steht Kopf - in der Elternschule

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