Mina

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Kinderbuch Couch
88%1001

Kinderbuch-Couch Rezension vonMär 2011

Idee

Mina ist besonders und will nicht so ganz in das starre System der Gesellschaft passen. Aus ihrer Sicht geschildert, zeigt Almond, wie wunderbar – aber auch einsam - Andersartigkeit sein kann.

Text

Abwechslungsreich, mal groß mal klein, in vielen Schriftarten und Stilen packt Mina ihre ganze Persönlichkeit und Kreativität in ihr Tagebuch. Ein unvergleichlicher Text der einfach Spaß macht.

Mina sitzt in einem Baum und schreibt Geschichten. Sie nimmt mit der Frühlingsgöttin Kontakt auf und beobachtet Staub dabei, wie er in der Sonne tanzt. Außerdem hat sie ein eigenes Haus, in dem Eulen wohnen. Mina ist ein außergewöhnliches Mädchen und auch ein bisschen merkwürdig. Mina ist einfach anders.

Mina sitzt am liebsten in dem Baum vor ihrem Haus und betrachtet das Vogelpärchen, das dort ein Nest hat, oder sie beobachtet die Leute, die auf der Straße vorbeikommen. Alles was sie erlebt und was ihr gerade einfällt, schreibt sie dort in ihr Tagebuch. Mina weiß, dass sie ein wenig merkwürdig ist und findet es ein bisschen schade, dass sie keine Freunde hat, aber eigentlich mag sie sich wie sie ist: aufgeweckt und fröhlich. Weil sie in der Schule immer wieder angeeckt ist, wird sie von ihrer Mutter zu Hause unterrichtet. Mina und ihre Mutter verstehen sich prima und verbringen gerne Zeit miteinander. Ihr Vater ist schon gestorben, als Mina noch ein kleines Mädchen war. Einmal läuft Mina bei Ausgrabungsarbeiten im Stadtpark in einen dunklen, unterirdischen Gang, weil sie von Hades in der Unterwelt gehört hat und ihren Vater von dort befreien will. Von ihrem Opa hat Mina ein Haus geerbt, in dem sich Eulen ein Nest gebaut haben. Eigentlich müsste das Loch, durch das die Tiere auf den Dachboden gelangt sind, verschlossen werden, sagt Minas Mutter, aber Mina will, dass die Eulen bleiben können.

Während sie wieder einmal in ihr Tagebuch schreibt, beobachtet sie von ihrem Baum aus, wie im Haus gegenüber neue Nachbarn einziehen. Die Familie hat einen Sohn in Minas Alter. Er guckt zwar immer grimmig, weil ihm das neue Zuhause offensichtlich nicht gefällt, aber Mina findet ihn irgendwie nett. In ihrem Tagebuch spricht sie sich selber Mut zu, um ihn eines Tages vielleicht doch anzusprechen.

Der vielfach ausgezeichnete, britische Autor David Almond ist dafür bekannt, dass er Kinder - und Jugendbücher mit philosophischer Bedeutsamkeit schreibt. Auch mit seinem neuen Kinderbuch "Mina" ist er seiner gehaltvollen Linie treu geblieben, philosophische Bücher zu schreiben, die sowohl Kinder als auch Erwachsene erreichen. So geht es in "Mina" im Kern um die Essenz des Lebens, um Leben und Tod, um die Schöpfung und damit verbunden, um die vielen kleinen Wunder und Details, die auf ein großes Ganzes hindeuten, das zu erkennen uns Menschen manchmal schwer fällt.

In "Mina" verleiht der Autor David Almond der gleichnamigen Hauptdarstellerin eine eigene Stimme, indem er sie selbst, mit Hilfe ihres Tagebuches, zum Leser sprechen lässt. Geradeheraus und sehr ehrlich zeigt der Text ihre Persönlichkeit und ihre Gefühle. Das Buch lebt von Minas Andersartigkeit, was sehr deutlich durch ihren eingängigen und facettenreichen Schreibstil hervorgehoben wird. Da sich Mina in ihrer Freizeit sehr viel mit dem Schreiben beschäftigt, entwickelt sie ein buntes Sammelsurium an verschiedenen Stilen, die sie immer wieder miteinander verbindet. Sie verfasst Gedichte, erzählt Geschichten oder reiht über zwei Seiten hinweg Worte zu einem bestimmten Thema aneinander.

Mina verwendet sehr gerne komplizierte Worte, wie etwa Metempsychose oder Archäopteryx, weil deren Klang sie faszinieren. Sie spielt mit ihnen lautmalerisch, indem sie sie in einzelne Silben aufspaltet, langzieht oder groß und fett in ihrem Tagebuch aufschreibt. Sie erfindet auch neue Worte, wie etwa "nonsensisch", ein Adjektiv für etwas, das keinen Sinn macht. Manchmal, wenn Mina traurig ist, wird ihr Schreibstil einfacher und kindlicher. Dann verwendet sie auch den ein oder anderen Kraftausdruck, wie zum Beispiel "Pisse", was sie in ihrer Haltung jedoch authentisch wirken lässt. Beim Schreiben versucht sie, den Leser an ihrer Perspektive und an ihrer Begeisterung für Sprach- und Gedankenspiele teilhaben zu lassen. Immer wieder fordert sie dazu auf, ihre "Außergewöhnlichen Aktivitäten" nachzuahmen, wie zum Beispiel mit der Idee "Schreibe eine Seite mit Wörtern für Freude". So wird aktiv die Kreativität von den jungen Lesern gefördert.

Minas Tagebuch lässt sich relativ gut in zwei grundlegend verschiedene Textabschnitte aufteilen. In einem lässt Mina ihren Gedanken freien Lauf und schreibt, wie oben beschrieben, sehr abwechslungsreich nieder, was ihr gerade in den Sinn kommt, oder was sie in der Welt um sie herum beobachtet. Dabei berichtet sie ab und zu auch aus ihrem Leben, jedoch eher unvollständig und unbestimmt. Was wirklich in ihr vorgeht und was sie persönlich erlebt, erzählt Mina hingegen in ihren Kurzgeschichten über sich selbst und verfasst sie in der dritten Person. Diese Erzählungen sind nicht chronologisch angeordnet, sondern werden von Mina ab und zu in ihr Tagebuch eingeflochten und beziehen sich hauptsächlich auf vergangene Ereignisse. Anfangs ist es etwas schwierig zu erkennen, ob diese Geschichten wahr oder fiktiv sind und wie die einzelnen Ereignisse zusammen hängen mögen. Aber einmal von der Neugier gepackt, dringt man unversehens tiefer in Minas Leben ein. Schließlich fügen sich die einzelnen Versatzstücke, Gedankenspiele und Ereignisse wie Puzzleteile zusammen, bis man sich in ihrer achtungsvollen Welt zu Hause fühlt.

Mina hat eine ganz spezielle Art zu denken. Sie stellt zum Beispiel gerne "erstaunliche" Tatsachen fest, unter anderem, dass Staub zum größten Teil aus toter menschlicher Haut besteht. Dabei entwickelt ihre Denkweise eben jene philosophischen Züge, für die Davids Almonds greifbare Beispiele bekannt sind: Sie macht sich Gedanken über das Leben, Wiedergeburt und Gott. Ihr Faible für ihre gefiederten Freunde, die Vögel, stellt sie schließlich vor die Frage, ob die Nachfahren der Dinosaurier vielleicht die Stimme Gottes sind.

Ihre unkonventionelle Sicht auf die Welt regt auch den Leser dazu an, nachzudenken und andere Blickwinkel einzunehmen.

Fazit:

So wie Mina selbst, ist auch David Almonds Erzählung wunderbar einzigartig und einprägsam. Minas Gedichte, Erzählungen und Wortspiele sowie ihre unkonventionellen Ansichten regen zum Nachdenken an und klingen noch lange nach.

Anna Fleckenstein

 

Mina

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