Du weißt, wo du mich findest

  • cbj
  • Erschienen: April 2011
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Kinderbuch Couch
89%1001

Kinderbuch-Couch Rezension vonApr 2011

Idee

Die Hauptfigur ist ein großer Sympathieträger und ermöglicht so den mühelosen Umgang mit dem klassischen Thema „Zeitreise“, das ansonsten in der Kinderliteratur wenig verbreitet ist.

Text

Mit einer wohl dosierten Mischung aus Ernsthaftigkeit, Humor und Spannung gelingt es der Autorin, den Leser zum Nachdenken anzuregen.

[ab 11 Jahren]

Die zwölfjährige Miranda wohnt mit ihrer alleinerziehenden Mutter in New York und führt das Leben eines normalen Schulmädchens: Stress mit dem besten Freund, eine Erzfeindin in der Klasse, Herzklopfen und die erste Liebe. Da erhält sie plötzlich geheimnisvolle Briefe...

Miranda ist ein "Schlüsselkind", keiner ist da, wenn sie aus der Schule kommt. Daher hat sie viel Zeit zum Nachdenken und weil wir uns im Jahr 1978 befinden, gibt es auch keine i-pods oder Handys, die sie ablenken könnten. Zerstreuung bieten nur Bücher und das Fernsehen.
Ihr Lieblingsbuch ist ein Klassiker der anglo-amerikanischen Kinderliteratur: Madeleine L'Engles "Die Zeitfalte": Meg muss durch Zeit und Raum reisen, um ihren Vater aus der Gewalt des BÖSEN zu befreien. Fasziniert von der Geschichte liest sie das Buch immer wieder, bis es ganz zerlesen ist. Umso wertvoller ist daher das Weihnachtsgeschenk des Freundes ihrer Mutter, Richard, eine handsignierte Erstausgabe eben dieses Buches.
Richard will auch Mirandas Mutter heiraten, diese zögert jedoch "ja" zu sagen, weil sie Angst hat, "wieder" einen Fehler zu begehen, wie sie selbst sagt. Alle drei träumen davon, dass die Mutter in einer Quiz-Sendung im Fernsehen viel Geld gewinnt, mit dem sie sich allerlei Wünsche erfüllen könnten. Damit die Mutter unbedingt gewinnt, üben sie jeden Tag wie besessen.

Mirandas bester Freund seit Kleinkindtagen, Sal, der im selben Haus wohnt, kündigt ihr plötzlich die Freundschaft auf. Er will lieber ohne sie in die Schule gehen und mit anderen Kindern spielen. So sucht sich Miranda neue Freunde und findet diese in ihrem Klassenkameraden Colin und ihrer Klassenkameradin Annemarie. Annemarie leidet an Epilepsie und muss eine bestimmte Diät einhalten, weshalb sie vor allem von ihrem Vater in Watte gepackt wird. Am liebsten wäre Annemarie jedoch wie alle anderen Kinder.
Da erhält Miranda plötzlich einen geheimnisvollen Brief ohne Absender, dem weitere folgen, und die ankündigen, dass nur sie es in der Hand hat, das Leben eines Freundes zu schützen und einen tragischen Unfall zu verhindern. Allerdings wird nicht gesagt, um welchen Freund es sich handelt und wann was für ein Unglücksfall passieren wird.
Es beginnt eine spannende Suche nach dem Verfasser der Briefe. Erst nach und nach wird Miranda klar, was es mit den Briefen auf sich hat und wer deren Verfasser ist. Der geheimnisvolle Junge Marcus und ein verrückter, aber eigentlich harmloser Obdachloser spielen dabei eine große Rolle.

Bei diesem Buch handelt es sich um einen anspruchsvollen Roman für Kinder, der die Vorstellungskraft des Lesers fordert aber nicht überfordert. Gemeinsam mit Miranda wird der Leser an das vielschichtige Konzept Zeitreise herangeführt.

Miranda ist zwar sehr intelligent, aber keine Überfliegerin oder eine unsympathische Musterschülerin, sondern ein typisches vorpubertierendes Schulmädchen, mit dem sich die Leser leicht identifizieren werden.
Eine weitere Hauptfigur ist die Stadt New York, die bei vielen eher ein abstrakter Mythos ist. Fern von falschverstandener Romantik werden hier überzeugend das Leben in einer großen Stadt geschildert und die Sicherheitsregeln die zum Überleben notwendig sind.
Außer dem Konzept "Zeit" werden auch große Themen wie Freundschaft oder Gewalt angesprochen. Auch der eher sperrige Begriff "soziales Engagement" wird lebendig, da die Mutter neben ihrer Tätigkeit als Rechtsanwaltsgehilfin z. B. auch eine Gesprächsgruppe in einem Frauengefängnis betreut oder keine Weintrauben kauft, weil die Arbeiter, die diese pflücken, ausgebeutet werden.

Die Kapitel sind kurz und spannungsgeladen, die Sprache ist treffend und der Altersgruppe angemessen. Rebecca Steas unverschnörkelter Schreibstil ist nicht anbiedernd und ermöglicht eine schnelle Identifikation mit der Hauptfigur.
Schritt für Schritt muss sich der Leser die Geschichte selbst erschließen, es werden viele falsche Fährten gelegt, die die Handlung nicht vorhersehbar machen und das Lesevergnügen steigern.

Das schön gestaltete Cover macht auf Anhieb neugierig durch die auffällig rote Farbe, die ungewöhnlich und etwas schräg wirkenden schwarz weiß karierten Strümpfe und die vielen kleinen Skizzen auf dem Holzfußboden.
Auch der Titel des Buches "Du weißt wo du mich findest" hört sich geheimnisvoll an und lässt den Leser nach mehr verlangen.

Das amerikanische Original erscheint in der Reihe "cool brains" : "brain", könnte man sowohl mit dem im Deutschen eher negativ behafteten Wort "Streber" übersetzen aber auch mit dem Wort "Köpfchen", das jedoch mehr auf Pffiffigkeit und Schlauheit deutet, also "kluger Kopf". Damit will die Reihe wohl vermitteln, dass es sich um eine anspruchsvolle Geschichte handelt, die einen "klugen Kopf" fordert; aber auch dass es - wie bei unserer Heldin - sogar "cool" sein kann, so clever zu sein.

Fazit:

ein spannender, anspruchsvoller Kinderroman, dem es gelingt, nicht nur die Gedanken- und Gefühlswelt eines heranwachsenden Mädchen zu vermitteln, sondern seine Leser auch geschickt an das komplexe Thema Zeitreise heranzuführen.

Andrea Delumeau

 

Du weißt, wo du mich findest

Rebecca Stead, cbj

Du weißt, wo du mich findest

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