Von einem, der auszog, das Fürchten zu lernen

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Kinderbuch Couch
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Kinderbuch-Couch Rezension vonJul 2011

Idee

Sogar bei einem so gruseligen Thema lässt das Nagergespann die Kinder spielerisch in die Welt der Märchen einsteigen - sie erklären Kindern was sie wissen müssen und wissen, was eine Prise Humor braucht.

Bilder

Die Illustrationen des Trickfilmzeichners geben ein fröhliche Stimmung trotz gruseliger Geschichte, die spannend aber nicht erschreckend oder gar einschüchternd ist.

Text

Die Texte werden durch viele Dialoge aufgelockert. Die Kommentare der Mäuse beleben und erfrischen das alte Märchen.

Die Märchenmäuse: mit gleich zwei Märchen startet der lappan Verlag mit einer neuen Serie. Hier das Märchen der Gebrüder Grimm " Von einem, der auszog, das Fürchten zu lernen"- in gebundener Ausgabe mit einer Hörbuch-CD dazu. Ein altes Märchen visuell, akustisch und literarisch modern umgesetzt.

Die beiden Märchenmäuse, das sind der junge, neugierige und leidenschaftliche Alfons Graufellus und der vernünftige, klügere und besonnene Felix von Katzenschreck. Sie erzählen und erklären uns das Märchen der Gebrüder Grimm auf ganz eigene, ziemlich witzige und unterhaltsame Weise. In "Von einem, der auszog, das Fürchten zu lernen", geht es um Jakob, der sich gerne mal gruseln würde, es aber nicht kann. Der Küster nimmt ihn mit in seine Kirche, um ihn in des Nachts, als Gespenst verkleidet, das Gruseln zu lehren - doch Jakob bleibt unbeeindruckt. Sein Vater verzweifelt und schickt in die Welt hinaus.

Ein Wandersmann meint, unter einem Baum mit sieben Gehängten zu schlafen wird ihn sicherlich gruseln. Aber Fehlanzeige: Jakob lädt die Gehängten ein, mit ihm am Feuer zu sitzen, damit sie nicht frieren.

Ein König schickt Jakob schließlich zu einem verwunschenen Schloss, in dem er drei Nächte überstehen soll. Aber selbst die bösen Katzen gruseln ihn genauso wenig wie ein Bett, das in der Nacht umherfliegt - er steigt einfach aus. Das Angebot der Knochenmänner in der nächsten Nacht zu Kegeln, kommt Jakob nur zu gerne nach. Seinen verstorbenen Vetter, der ihn in der dritten Nacht besucht, legt er zurück in den Sarg, als dieser ihn erwürgen wollte und ein alter Mann mit langem Bart schenkt ihm schließlich drei Kisten Gold, wenn Jakob aufhört, an seinem Bart zu ziehen.

Nach diesen Nächten bekommt er, wie zuvor versprochen, die Tochter des Königs zur Frau, da er keineswegs das Gruseln kennengelernt hat. Doch Jakob ist trotz allen Glücks unglücklich. Erst als seine Frau ihm in der Nacht glibberige Kaulquappen über den Kopf kippt, schreit er aus Leibeskräften. Nun weiß Jakob, was es bedeutet, sich zu Gruseln. Und fortan lebt er glücklich mit seiner Frau.

Die Märchen der Brüder Grimm haben in Deutschland eine besondere Tradition. Jedoch sollten sich Eltern gut überlegen, ob ihre Kinder bereit für diesen teilweise schon recht "derben Stoff" in Originalversion sind.
Mit dieser neuen Serie des Lappan Verlages ist eine Version gelungen, die für die heutigen Kinder altersgerecht überarbeitet ist. Dank der Märchenmäuse wird den unheimlichen Stellen des Märchens das allzu Finstere genommen. Sie kommentieren und hinterfragen jede märchenhafte Ungereimtheit und begeben sich so ganz auf Augenhöhe der Kinder. Indem sie unklare Stellen der Geschichte diskutieren, können sie häufigsten Fragen, die von den Kindern kommen könnten, vorweg. Es wird dabei die ziemlich altmodische Sprache der Märchen erklärt und gleich zu Anfang erfahren die Kinder von der eisernen Regel, dass Märchen immer gut ausgehen. Dabei fürchtet sich selbst die Maus Alfons an einigen Stellen. Das ist ein guter Erzählerischer Kniff, denn so wissen die Kinder, dass es ganz natürlich ist, sich hier zu gruseln und dass sie nicht allein sind mit ihrem Gefühl. Als Gegenpol wird dem der Mäuserich Felix entgegen gestellt, dem es stets gelingt, seinen ängstlichen Freund zu beruhigen und etwas die Dramatik aus der Geschichte zu nehmen. Dabei greifen die beiden Mäuse jede Situation ganz spielerisch auf. So geben sie etwa auf einer der letzten Seite dem Leser ein Suchspiel auf den Weg.

Ebenso spielerisch versteht es auch der Trickfilmzeichner Kai Pannen das alte Märchen witzig und fröhlich-frech zu illustrieren. Der kluge Felix mit seiner großen, gelben Brille oder Alfons mit seinem angeknabberten Ohr und seiner lustigen Scheitelfrisur lassen das Gruselige, das natürlich auch in den Illustrationen aufgegriffen wird, eher leicht und humorvoll erscheinen, so dass Kinder dabei schmunzeln können. So sieht man die Gehängten gemütlich am Lagerfeuer sitzen, statt sie als gruselige Geister am Baum hängen. Generell haben fast alle Figuren von Kai Pannen eher lange, schlaksige Gliedmaßen und riesige Nasen. Die frischen Farben und die gute Bildkomposition geben dem an sich so gruseligen Märchen eine Atmosphäre, bei dem sich Kinder wohl fühlen können.

Wer es also etwas schräg-gruselig mag, kann bei "Von einem der auszog, das Fürchten zu lernen" schon auf seine Kosten kommen - ohne dass unnötig Ängste geschürt werden. Ob das der Fall ist, müssen natürlich die Eltern selbst abwägen.

Auf der beiliegenden CD (fast 50 Min.) haben die aus Theater und Fernsehen bekannten Schauspieler und Comedians Thomas Nicolai und Stefan Kaminski ein abwechslungsreiches Hörspiel mit Musik, Liedern und vielen weiteren Effekten inszeniert und vermitteln so die Welt der Märchen auf neue Weise, die ganz dem Vergnügen dient und sich von dem angestaubten Image der Märchen losgelöst hat. Die Sounds und Geräusche sind immer passend , so dass ein kompletter Film voller Spannung, mit viel Witz und Fantasie im Kopf entsteht.

Fazit:

Ein altes, bekanntes und ziemlich gruseliges Märchen der Gebrüder Grimm wird mit den Märchenmäusen mit viel Witz und Einfühlungsvermögen für die heutigen Kinder umgesetzt. Die kindgerechte Sprache, die humorvollen Elemente, die frechen Illustrationen und die einfallsreiche Vertonung als Hörbuch machen die "Märchenmäuse" zu einem rundum gelungenen, gegenwartsnahen Einstieg in die Welt der Märchen.

Sylke Wilmer-Gruchmann

 

Von einem, der auszog, das Fürchten zu lernen

Thomas Nicolai, Lappan

Von einem, der auszog, das Fürchten zu lernen

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