Der kleine Lord

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Kinderbuch Couch
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Kinderbuch-Couch Rezension vonNov 2011

Idee

Die Charaktere aus einer anderen Zeitepoche überzeugen, sind klar ausgearbeitet und die Essenz der Geschichte ist und bleibt immer aktuell.

Bilder

Die atmosphärischen Illustrationen geben den englischen Grafschaftscharakter von Damals wieder und überzeugen. Die Mimik und Gestik der Figuren sind klar und deutlich herausgearbeitet.

Text

Der Text ist im Vergleich zum Original deutlich verkürzt, verliert aber dadurch nicht an Herzlichkeit und Überzeugungskraft .

Weihnachten steht kurz bevor, die ersten Weihnachtsartikel stehen schon zum Verkauf, da darf so ein Klassiker wie "Der kleine Lord" nicht fehlen. Diese anrührende Geschichte von Frances H. Burnett (Ersterscheinung 1886) wird von Urs Umsand modern und sensibel nacherzählt und von Betina Gotzen-Beek liebevoll illustriert. Eine Geschichte rund um die Freundschaft, Liebe und Mitgefühl.

Cedric Errol ist ein kleiner Junge aus New York. Seine Mutter ist Amerikanerin, aber was er bis dahin nicht wusste, ist, dass sein verstorbener Vater ein Sohn des kaltherzigen englischen Earl of Dorincourt ist. Seine beiden Onkel väterlicherseits sind kinderlos gestorben, somit ist Cedric der einzige noch lebende Nachfolger. Er soll nun den Grafentitel erben, muss dafür aber nach England ziehen. Schweren Herzens verlässt der kleine Cedric seine Freunde und macht die lange Schiffsreise quer über das grosse Wasser nach England. Dort angekommen, wohnt er im Schloss, wo hingegen seine Mutter angeblich "standesgemäß" im Ort wohnt. Der Großvater wünscht keinen Kontakt zu ihr, aber Cedric darf sie jederzeit dort besuchen. Nach und nach gelingt es dem zukünftigen Lord Fauntleroy mit seiner offenherzigen und liebenswerten Art das Herz des alten Lords zu erweichen. Schließlich veranlasst er einen Besuch in "seinem" Armenviertel. Der Großvater erkennt die herrschenden Missstände und lässt sie gleich beseitigen, indem er neue Hütten bauen lässt und die Arbeiten persönlich kontrolliert - sehr zur freudigen Überraschung aller Mitmenschen des alten Grafen.
Schließlich schafft es Cedric, dass sein Großvater dessen Mutter doch noch voll und ganz anerkennt, akzeptiert und sogar lieben lernt. Aber inzwischen spielt eine mutmaßliche Betrügerin mit, die versucht, ihren Sohn als den rechtmäßigen Erben des Titels durchzusetzen. Minna, so die Betrügerin, wird mit Hilfe von Cedrics alten Freunden aus Amerika entlarvt und die Geschichte endet mit einem gemeinsamen, "klassenübergreifenden" Fest auf Schloss Dorincourt, mit dem Cedrics achter Geburtstag gefeiert wird. Zwei der Freunde aus dem früheren Umfeld bleiben bei Cedric, dem Lord of Fauntleroy, in England.
Die anrührende Geschichte um den hartherzigen Earl of Dorincourt und Cedric ist mehr als hundert Jahre nach ihrer Erstveröffentlichung noch immer herzerweichend. Sie gilt nach wie vor als Klassiker in der internationalen Kinderliteratur.

Der kleine Lord war der erste Kinderroman von Frances H. Burnett. Sie verfasste ihn zur Unterhaltung ihres eigenen Sohnes Vivian, der offensichtlich auch die Züge des charmanten kleinen Helden prägte. Der Abdruck in einer Kinderzeitschrift (1885) rief so große Begeisterung hervor, dass das Buch gleich danach erschien.

Die erste Übersetzung in deutscher Sprache wurde 1888 von Emmy Becher angefertigt. In deutscher Sprache sind bis heute etwa dreißig Ausgaben erschienen, die sich im Laufe der Zeit in Übersetzung, Bearbeitung und/oder Illustration entsprechend voneinander unterscheiden.

Mit dem durchgängigen Gegensatz von amerikanisch-demokratischer und britisch-aristokratischer Lebensweise und deren Werte ist die Geschichte auch heute noch reizvoll. Hinzu kommt die Beschreibung der damaligen sozialen Missstände und dem idealisierten Kind.
Die Charaktere überzeugen und sind auch in dieser Neuversion herzerwärmend dargestellt und klar herausgearbeitet. Der alte Lord schaut nicht nur anfangs stets zornig, seine Körperhaltung, seine Skepsis und seine Verbitterung sind in Wort und Bild klar herausgearbeitet, ebenso wie sein "Gegenspieler" der kleine Lord, der wohl jedes Herz öffnet und erfreut - und wie es sich für ein Märchen gehört, ist der kleine Lord schon zu perfekt, als dass er aus dem wahren Leben entstammen könnte. Aber auch heute noch werden große und kleine Leser seinem Zauber kaum widerstehen können.

Die modernen Übersetzungen in deutscher Sprache sind fast durchweg gekürzt, häufig um ein Fünftel, um das Buch auch für Kinder der heutigen Zeit lesbar zu gestalten. Sprachlich ist die vorliegende Geschichte jedoch feinfühlig, knapp ausschmückend und atmosphärisch wunderbar und leicht verständlich nacherzählt. Der schöne Spannungsbogen, die Ausarbeitung der verschiedenen Charaktere sowie ein mit Spannung erwartetes Ende mit einem wahren Happy End, haben trotz der Verkürzung zur Originalgeschichte nichts eingebüßt.

Textnah begleitet wird die Geschichte von den Illustrationen von Betina Gotzen-Beek. Mit ihrer Liebe zum Detail und zu graphischen Mustern gibt sie die typische aristokratisch-englisch Atmosphäre wieder, so fällt es jedem Leser und Zuhörer leicht, sich in die damalige Zeit zu versetzen. Die Mimik und die Gestik der Figuren sind klar und deutlich herausgearbeitet.

Fazit:

Eine Weihnachtsgeschichte, die kaum anrührender sein kann und die man alle Jahre wieder gerne zur Hand nehmen und aufs Neue erleben möchte. Trotz der längst vergangenen Zeit, in der sie spielt, ist ihre Aussage zu Freundschaft, Mitgefühl und Liebe absolut zeitlos.

Sylke Wilmer-Gruchmann

 

Der kleine Lord

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