Freddy und der Wurm

Freddy und der Wurm
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Kinderbuch Couch
87%1001

Kinderbuch-Couch Rezension vonFeb 2014

Idee

Der „unsichtbare Freund“ - der Wurm auf Freddys Schulter – ist hier nur ein Aspekt der Geschichte, der Humor in den schwierigen Alltag von Freddy und Ira bringt, die außerdem noch einen Kriminalfall zu lösen haben.

Bilder

Ab und zu gibt es ein Bild: der Wurm, Freddy, Ira und die anderen mit wenigen Strichen aufs Papier gebrachte als lange, eher lustige Zeichentrick-Männchen in allen Grautönen schattiert. Die Bilder stehen für sich – und hätten ruhig mehr sein können.

Text

Gut zu lesende, fröhlich-freche Sprache; die Dialoge sind alltagsnah und gleichzeitig humorvoll überzeichnet und machen auch beim Vorlesen großen Spaß.

ab 7 Jahren

Eines Tages sitzt bei Freddy ein Wurm auf der Schulter - nichts ekliges, eher so eine bunte Spielzeugraupe. Niemand außer ihm kann das Vieh sehen. Aber alle hören natürlich, wenn er mit ihm spricht. Weswegen er zum "Therapisten" geschickt wird, zusammen mit der stillen Ira, die überhaupt nicht spricht. Und dann wird der Alltag der beiden sehr turbulent und spannend.

Viele Kinder (und durchaus auch Erwachsene) haben so genannte unsichtbare Gefährten, auf englisch "imaginary companion" und deshalb kurz IC genannt. Auch in Kinderbüchern treten sie häufig auf. Prototypen sind Karlsson, Pumuckl oder Pettersons Findus. Hier ist der IC ein Wurm. Der Wurm ist nicht echt, sondern eher ein aus dicken bunten Perlen gefädeltes Babyspielzeug mit einer Brille auf der Kopfkugel. Keiner außer Freddy kann ihn sehen. Aber alle können hören, wenn er mit ihm spricht - weswegen alle denken, dass Freddy einen Knall hat und er zum "Therapisten" geschickt wird.

Was allein schon eine lustige Geschichte versprechen würde. Aber der Wurm auf Freddys Schulter ist nur ein Handlungsstrang, es gibt noch viel, viel mehr.

Da ist Ira, das Mädchen, das mit ihm zusammen in der Therapie ist. Sie wird in der Schule gehänselt, drangsaliert und gequält, die Hände an den Stuhl gebunden und verrotzte Taschentücher in ihre Haarschnecken gestopft. Ira möchte gerne Anwältin werden und redet auch oft so, "rein rechtlich" ist eines ihrer Lieblingsvokabeln. Ansonsten redet sie mit keinem - das ist der Grund, weswegen sie beim Therapeuten ist.

Das sind Freddys momentan schwierige Familienverhältnisse: sein Vater ist beruflich seit vielen Wochen in Australien, seinen Mutter leidet unter einer Phobie und geht nicht nach draußen oder besser: kann nicht. Sie kann nicht zum Elterngespräch in die Schule, nicht zum Einkaufen, nicht Freddy pünktlich zur Therapie bringen. Weswegen Freddy das alles selber erledigen muss.

Da ist seine hübsche Klassenlehrerin Frau Tiek, der dröge und strenge Schuldirektor Dr. Zogel, der superdicke und sehr nette Therapeut Herr Schulze-Kiefer, Iras russlanddeutsche Eltern, deren gemeine Nachbarn und: ein mysteriöser Vorfall an der Schule. Irgendjemand hat in alle Klausurhefte kreisrunde Löcher hinein gebrannt. Und in die Tasche von Freddy gesteckt, wo sie auf Umwegen bei Ira landen, die als angehende Anwältin der Sache natürlich auf den Grund gehen will .... weshalb beide Kinder in Schwierigkeiten geraten, sich zusammenraufen und versuchen, den Fall zu lösen.

Puh, zusammenraufen, das muss man sich am Anfang durchaus auch mit dieser Geschichte. All diese Handlungsstränge werden "zackzackzack" in den ersten Kapiteln präsentiert. Wenn man aber erst mal den Überblick gewonnenen hat, dann mag man gar nicht mehr aufhören zu lesen. Oder vorzulesen.

Weil der Krimi-Fall, den die Kinder zu lösen haben, so spannend ist und überraschend ist, weil die Spannung durch den unsichtbaren Wurm gehörig Situationskomik bekommt: wenn Freddy mit ihm redet, schimpft, diskutiert und beratschlagt, wenn er versucht ihn an der Mauer von der Schulter zu streifen und sich dabei selber nur den Kopf anschlägt, was ja für alle anderen außer Freddy sehr seltsam aussieht.

Weil dieser Humor die Geschichte leichtfüßig durch die schweren Themen trägt: Verwahrlosung, Einsamkeit, Mobbing, Leistungsdruck.

Die Sprache ist nicht kompliziert, sondern locker und frech. Der Wurm glotzt, Klassenarbeiten werden verkackt und Freddy liebt lautmalerische Schimpfwörter wie "Stummfischfurzer" oder "Dünnpfiffdrücker". Fröhlich-frech, nicht unangenehm.

Die Kapitel sind durch viele Absätze unterteilt und jedes Kapitel hat eine recht ideale Gute-Nacht-Geschichten-Länge.

Einzelne Szenen sind mit grau schattierten Zeichnungen illustriert, ebenfalls sehr humorvoll, jeder Kapitelanfang hat einen kleinen Bilderrahmen, in dem einer der Protagonisten zu sehen ist: der fesche Freddy, sein etwas seltsam glotzender Wurm, Ira mit den strengen Haarschnecken.

Zum Schluss, so viel sei verraten, löst sich alles auf. Die Kinder stellen den Heftebrenner, Freddys Mutter wird wieder gesund, sein Vater kommt nach Hause, Ira und Freddy freunden sich an, der dicke Therapeut wird schlank. Alles wird gut.
Und der Wurm ist weg.

Fazit:

Der für alle anderen unsichtbare Wurm auf Freddys Schulter ist nur ein Teilchen der Geschichte. Da gibt es auch noch die sich entwickelnde Freundschaft zu Ira, Themen wie Mobbing, schwierige Familienverhältnisse und den Kriminalfall um den mysteriösen Heftebrenner. So dass ein rundherum gutes Kinderbuch entstanden ist: lustig, berührend, bewegend und spannend. Gut geeignet zum Selberlesen - aber eigentlich viel zu Schade.

Sigrid Tinz

 

Freddy und der Wurm

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