Ein kleiner Ritter um halb vier

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  • Erschienen: Februar 2014
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Ein kleiner Ritter um halb vier
Ein kleiner Ritter um halb vier
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Kinderbuch Couch
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Kinderbuch-Couch Rezension vonFeb 2014

Idee

Fantasievolle Ritterwelt trifft auf Realität: Turbulenzen, Komik und Missverständnisse sind bei dieser abenteuerlichen Schatzsuche vorprogrammiert.

Bilder

Die dezenten Illustrationen zeigen anschaulich vereinzelte Szenen der Handlung und geben den Figuren zusätzlich Charakter.

Text

Die leicht verständliche Sprache mit kurzen Sätzen und viel wörtlicher Rede erzählt eine turbulente und rasante Handlung, ohne von ihr abzulenken.

Nicht genug, dass Theos Mama sich mal eine Auszeit genommen hat, nein, nun taucht an einem Freitag um halb Vier auch noch ein kleiner dicker Ritter auf einem Meerschwein mit rosa Sattel auf und ist ganz verrückt danach, einen Schatz zu finden. Waren die Ereignisse der letzten Tage vielleicht doch ein bisschen viel für Theo?

Theos Mama ist bereits seit zwei Tagen weg, mit einer Freundin nach Italien gefahren, da sie mal Zeit für sich braucht. Und Theos Vater ist mit der Situation und seinen beiden Kindern Theo und Milli heillos überfordert. Kein Wunder, da er ständig das Handy am Ohr hat, non-stopp arbeitet und Familie eher nebenher läuft. Doch noch schlimmer: in zwei Tagen hat Theo Geburtstag, endlich wird er zehn, aber so richtig kann er sich noch nicht darauf freuen. Beim Mittagessen gab es schon wieder Streit um verkohlte Hackbällchen und glibberigen Spargel - dann doch lieber erst einmal Hausaufgaben machen. Schätze aus der Natur sollen sie sammeln und so macht sich Theo im Vorgarten auf die Suche.

Doch so richtig fündig ist er noch nicht geworden, als an diesem Freitag um halb vier der kleine dicke Ritter in ihn hinein poltert. In vollem Galopp prescht er auf seinem Meerschwein durchs offene Gartentor und direkt in Theos frisch gegrabenes Schatzsucherloch. Theo ist mindestens ebenso erstaunt wie Ritter Kasimir mit seinem Meerschwein Rosalinde, doch Kasimir wähnt sich erst einmal am Ziel, denn hier muss laut seiner Karte der Schatz liegen, den er als Liebesbeweis seiner Herzeloide bringen soll.

Da sich Kasimir als Meister in Herzensangelegenheiten versteht, schließen die beiden einen Handel: Theo hilft ihm bei der Schatzsuche und Kasimir hilft Theo dabei, seine Mama zurück zu bekommen. Genau zwei Tage haben die beiden dafür Zeit. Doch sie haben nicht mit Theos Papa gerechnet, der, völlig überfordert, Theo das Schatzsuchen verbietet, nichts von Ritter Kasimir hören will und sogar Theos Geburtstagsfeier in Frage stellt. Fest steht: die Lage droht, außer Kontrolle zu geraten. Das größte Problem besteht darin, dass Theos Papa das Schatzsucheverbot rückgängig machen muss, damit Kasimir nicht allein und im Geheimen suchen muss und er Theo bei der Rückeroberung seiner Mama hilft. Doch zunächst hat Kasimir in der ersten Nacht das Wohnzimmer gehörig auf den Kopf gestellt, so dass Theo alle Hände voll zu tun hat, um seinen Papa wieder mild zu stimmen.

Unterdessen plant Theos Vater für den Geburtstag tatsächlich eine Schatzsuche, die natürlich wie gerufen kommt. Derweil suchen Theo und Kasimir heimlich den Schatz im Haus. Dafür klingeln sie beim Nachbarn Olaf, dem immer dichtenden Studenten, bei dem sie zwar keinen Schatz, aber jede Menge Liebesgedichte für Theos Eltern finden. Aber Kasimir gibt nicht auf und ist auch schon ein Stockwerk höher gelaufen, zur Wohnung der alten, griesgrämigen Merschmeier und sorgt auch dort für einigen Wirbel. Doch auch der Samstag vergeht ohne gefundenen Schatz, dafür unterbreitet Theo seinem Papa die Idee mit den Liebesgedichten - von der sein Vater nur leider gar nichts hält. Doch mitten in der Nacht erblickt Theo seinen beschwipsten Vater, wie er mit Kasimir zusammen auf dem Sofa liegt und dichtet und schließlich nicht lange zögert und das Gedicht seiner Frau auf die Mailbox singt. Nicht ganz so, wie Theo es sich vorgestellt hätte, aber immerhin.

Am nächsten Tag hat Theo Geburtstag und als alle seine Gäste eingetroffen sind, beginnt auch schon die Schatzsuche (und heimlich mittendrin der aufgeregte Kasimir). Theos Papa hat überall Zettel mit Rätseln versteckt - vom Küchentisch geht es ins Bad und schließlich in den Keller. Gerade in dem Moment, in dem die ganze Geburtstagsgesellschaft im Keller verschwunden ist (bis auf Kasimir, der eingeschlossen in der Wohnung sitzt), kommt eine Frau den Weg herauf und klingelt an der Wohnungstür. Es ist Theos Mama, die ihren Schlüssel vergessen hat und sich nun wundert, dass niemand ihr die Tür öffnet, obwohl sie von drinnen eigenartige Geräusche hört und jemand sie auffordert, erst ihre Pfoten zu zeigen. Doch dann kommt Theo aus dem Keller geschossen und direkt seiner Mama in die Arme. Und schließlich findet auch Kasimir, gerade noch rechtzeitig kurz vor halb vier, seinen Schatz.

Wenn bei einem überforderten Vater und zwei aufgeweckten Kindern auch noch ein kleiner Ritter auf der Suche nach einem Schatz auftaucht, dann ist das Chaos vorprogrammiert. Denn jeder verfolgt ein anderes Ziel: Theo möchte seine Mama zurück, Theos Vater versucht der Situation irgendwie Herr zu werden und Kasimir sucht unbeirrt seinen Schatz. Mitten drin steckt Theo, der, obwohl er eigene Probleme und große Ängste hat, zwischen dem überforderten Vater und dem agilen und umtriebigem Kasimir vermitteln und aufpassen muss, dass alle Projekte nicht außer Kontrolle geraten und jeder zu seinem Ziel kommt.

Auch wenn Kasimir Theo nur zwei Tage begleitet, reicht diese Zeit aus, um sein Leben gehörig auf den Kopf zu stellen. Denn Kasimir gibt keine Ruhe und setzt seine Schatzsuche unbeirrt fort, komme, was da wolle. Theo versucht dabei tapfer die Schäden zu minimieren und sein eigenes Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Sei es nun, dass die beiden vor dem Haus den Vorgarten nach dem Schatz absuchen, sich auf die Suche nach Drachenkraut machen oder das Mietshaus nach dem Schatz abklappern, eine Aktion jagt die andere und macht die Geschichte durch die schnelle Abfolge zu einer lebendigen, kurzweiligen und amüsanten Erzählung.

Natürlich lebt sie auch von den zwei verschiedenen Welten, die in ihr aufeinander prallen. Auf der einen Seite die Realität mit Theo und seiner Familie, auf der anderen Seite die fantasievolle Ritterwelt mit Kasimir und seinem Meerschweinchen Rosalinde, beide sehr klein, mit einer alten Rüstung bzw. einem rosa Sattel bekleidet. Alltagsgegenstände, die für uns selbstverständlich sind, werden von Kasimir mit großen Augen angesehen und teilweise originell interpretiert: so sind Autos Drachen und den Toaster verwendet er zum Grillen von süßem Mäusespeck. Auch Spielzeugburgen sind ihm natürlich komplett fremd und so wundert es nicht, dass er Theos Legoburg nicht besonders praktisch findet und über die unsinnige Größe der Räume nur verwundert den Kopf schütteln kann.

Auch sprachlich liegen Welten zwischen Theo und Kasimir, denn Kasimir redet in gestelzter Rittersprache und spricht von "Durchlaucht" und vom "ehrenwerter Theo". Daher wird für ihn auch aus "Theobald Herzig" "Theo Bald Herzog". Das findet Theo natürlich komisch und seltsam zugleich und anders herum versteht Kasimir Theo nicht immer, so dass ihre kleinen Kommunikationsprobleme die Lage nicht unbedingt vereinfachen. Die daraus entstandene Komik spitzt sich noch zu, als Theo seinen Vater davon zu überzeugen versucht, seiner Frau Liebeslieder und -gedichte ins Telefon zu singen, eine Methode, die derzeit doch ziemlich aus der Mode gekommen ist. Dass Theos Vater es schließlich doch tut, liegt zum einen sicherlich an seinem beschwipsten Zustand, zum anderen zeigt es aber auch seine Hilf- und Ratlosigkeit.

Dank großer Schrift und kurzer Kapitel ist das Buch für ErstleserInnen sehr gut geeignet. Viel wörtliche Rede und kurze, leicht verständliche Sätze erzählen flüssig die rasante Handlung. Zusätzlich sorgen die eingestreuten Illustrationen von Imke Stotz für geeignete Lesepausen. Jeweils am Kapitelanfang sowie vereinzelt innerhalb der Kapitel zeigen diese in dezenten Farben die handelnden Charaktere mit hohem Sympathiefaktor, ohne jedoch vom Text zu sehr abzulenken.

Fazit:

Zwei Schatzsuchen, die unterschiedlicher nicht sein können: kurzweiliges, turbulentes und komisches Spektakel zwischen Ritterwelt und Jetztzeit, das Kindern und Erwachsenen viel Vergnügen bereitet.

Claudia Goldammer

 

Ein kleiner Ritter um halb vier

Matthias Morgenroth, dtv

Ein kleiner Ritter um halb vier

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