Das Wunder von Björn

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Kinderbuch Couch
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Kinderbuch-Couch Rezension vonMai 2014

Idee

Nicht gerade der beste sein im Fußball, damit können sich sicherlich viele Kinder identifizieren. Hier wird mit Zauberei und Selbstsuggestion das Fußballmärchen wahr: der Loser wird zum Star.

Bilder

Mehr als dreißig kleine Cartoons, helle, kulleräugige Strichmännchen, die ein wenig an den „Kleinen Nick“ erinnern

Text

Die Dialoge sind alltagssprachlich, lebendig und witzig und sie tragen das Buch: es ist aus einem Hörspiel entstanden und der „neue“ Text dazwischen wirkt ein bisschen steif und lieblos.

Der 10-jährige Björn Kletzke sitzt fast immer auf der Reservebank, wenn seine Fußballmannschaft spielt. Und gehänselt wird er von den anderen auch. Aber dann nimmt ihn Herr Sparwasser unter seine Fittiche und der ist nicht nur Platzwart, sondern auch Erfinder und er hat eine Menge magische Fußballer-Hilfsmittel erfunden. Doping ist das ja nicht und von Zaubereiverbot hat Björn noch nie was gehört. Also probiert er es einfach mal aus.

1954 und das Wunder von Bern sind lange her. Aber so im kollektiven Gedächtnis verankert, dass auch die kleinsten Fußballfans wissen, dass es etwas ganze ganz Großes gewesen ist und im mit Fußball zu tun hat; und dass die Assoziation, die der Titel hervorrufen soll, funktioniert.

Die Geschichte von Björn stammt aus dem Jahr 2006. Jörgpeter Ahlers ist Leiter der NDR-Kinderredaktion und hat sie als Hörspiel produziert, im Vorfeld der WM 2006, die mittlerweile als deutsches Fußball-Sommermärchen ebenso im kollektiven Gedächtnis gespeichert ist. Zur WM 2014 in Brasilien erscheint sie nun auch als Buch.

Titelheld Björn ist 10 Jahre alt, scheint noch recht neu in seinem Verein zu sein, spielt mit Leidenschaft, hat aber wenig Freude: vom Trainer wird er selten für Spiele aufgestellt, von seinen Mitspielern wird er in der Kabine gehänselt und auf dem Platz ignoriert.

Der Trainer, Sven Gerstenfeld, scheucht die Kinder und schnauzt sie an und scheint lieber von einer eigenen Fußballerkarriere zu träumen, statt sich mit modernen und motivierenden Trainingsmethoden zu befassen.
Dann gibt es noch den Sponsor von Björns Mannschaft, Fritz Schlonzke, Typ Mittelstandsindustrieller mit Geld, Glatze, Bauch und junger Freundin; das Platzwart-Ehepaar, kantig, kauzig, aber mit dem Herz auf dem rechten Fleck. Und Joanna, die für den Kindersender "Für Erwachsene Verboten" (FEV) die Spiele der lokalen Jugendmannschaften kommentiert. Alle Charaktere sind gut beschrieben, aber, klar, ein bisschen klischeehaft. Umso schneller ist der Leser aber mit ihnen bekannt.

Schlonzke will Erfolge von seiner Mannschaft, damit sie sich für ein deutschlandweites Jugendturnier qualifizieren; genau wie der Trainer, der eben auf einem solchen deutschlandweiten Turnier Kontakt mit namhaften Vereinen knüpfen könnte. Björn will unbedingt spielen und die anderen wollen unbedingt, dass er nicht spielt. Das ist die Ausgangslage. Die sich die resolute Platzwartin Frau Sparwasser nicht mehr länger ansehen möchte und eingreift - und damit für Björn seine Tagträume wahr werden lässt: Ihr Mann, ist nicht nur Platzwart, sondern auch Erfinder. Er hat in seiner Werkstatt so faszinierende Sachen erfunden wie Stollendüsen für den Extra-Schub beim Sprint, Stirnbänder mit Kopfballkatapult oder Anti-Zupf-Gel, mit dem das T-Shirt so glitschig wird, dass einen niemand mehr festhalten kann. Björn ist begeistert. Moralische Bedenken hat er erfrischend wenig; gibt es doch nur ein Dopingverbot, kein Zaubereiverbot. Und: "wenn alle es hätten, würde es ja keinen Spaß mehr machen".

Björn steht neuerdings im Tor und deshalb stattet Herr Sparwasser ihn mit magischen Handschuhen aus, die den Ball "spüren" und jeden Schuss halten. Björns Mannschaft gewinnt und gewinnt und qualifiziert sich tatsächlich für das Turnier. Seine Leistung fällt auf, nur leider den falschen Leuten und die Handschuhe werden gestohlen. Mit List und Witz ergattert er sie zwar rechtzeitig zum Jugendturnier zurück, aber der Zauberakku ist leer: die Kraft der Handschuhe ist aufgebraucht. Aber nochmal Aber: Björn glaubt an sich selbst und schafft es aus eigener Kraft, den entscheidenden Elfmeter zu halten.

Das Buch liest sich sehr leicht und abwechslungsreich: zwischen den frechen, witzigen, und alltagssprachlichen Dialogen gibt es Träume von Björn zu lesen, es gibt Gespräche mit seiner Mutter, in denen auch für den Leser der Stand der Handlung noch mal rekapituliert wird, und immer wieder Radioreportagen, die das Geschehen auf dem Platz deutlich unterhaltsamer schildern als es eine einfach Spielbeschreibung könnte: "Hier läuft jetzt die Schlussminute, was ist das denn, ein unglaublicher Nervenkrieg, ich mach mir gleich ins Hemd" usw.

Das ist natürlich das tolle Erbe der Hörspiel-Vorlage. Für die Buch-Variante wurden die Szenen zum Teil erweitert und mit verschiedenen Beschreibungen ergänzt - die oft hölzern und lieblos wirken: Björn ist fassungslos, Björn ist in Panik, Björn ist verlegen, Björns Herz schlug bis zum Hals.  1:0 für das Hörspiel-Originals. Aber das Buch hat gute Chancen den Ausgleich zu schaffen und zwar mit seinen Illustrationen. Gezeichnet hat die Figuren Tommie Müller und es sind kleine, freche Cartoons entstanden, die in ihrer Art an die vom Kleinen Nick erinnern.

Fazit:

Dieses flotte und freche Buch basiert auf einem Hörspiel, bei dem der Mix aus Fußballreportagen und Dialogen natürlich besonders gut rüberkommt. Dafür fehlen dem Hörspiel die kleinen Cartoons, die das Buch höchst unterhaltsam illustrieren. Wer ein echt wilder Kicker ist oder eine Kickerin, wird mit Björns Geschichte in jeder Form großen Spaß haben.

Sigrid Tinz, Mai 2014

Das Wunder von Björn

Jörgpeter Ahlers, Jumbo

Das Wunder von Björn

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