Der kleine Erdvogel

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Kinderbuch Couch
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Kinderbuch-Couch Rezension vonJul 2014

Idee

Auch wenn das Thema nicht neu ist: Die liebevolle und warmherzige Erzählweise macht das Buch vom Erdvogel-Maulwurf zu einem echten Gewinn.

Bilder

Hühner im Krankenschwester-Outfit, Frau Maulwurf mit Staubsauger, eine Ameise beim Seiltanz: Die doppelseitigen Illustrationen in warmen Naturtönen und mit etwas "windzerzaustem" Strich machen einfach Spaß.

Text

Die Texte sind altersgerecht kurz gehalten, bewahren sich aber trotzdem eine poetische Sprache, die Raum lässt für eigene Beobachtungen.

Ganz schön windschnittig sieht er aus: Der kleine Maulwurf auf dem Titelbild reckt die Nase in den Wind, liegt gestreckt bis zur Schwanzspitze stromlinienförmig auf seinem Erdhügel. So als könnte er fliegen. Ein Maulwurf? Fliegen? Das geht doch nicht. Oder vielleicht doch - aber ganz anders, als alle jetzt vielleicht denken.

Gerade einmal so groß wie ein Eichenblatt ist der kleine Maulwurf, die Hauptfigur des Bilderbuchs "Der kleine Erdvogel". Was es mit dem ungewöhnlichen Titel auf sich ab, erfahren die Leser schon auf der ersten Seite. Der Maulwurf möchte nämlich fliegen. Die Reaktion seiner Mutter ist kurz und knapp: "Wir leben unter der Erde. Wir fliegen nicht." Und zwischen den Zeilen steht: "Was für ein Unsinn." Von seinem Wunsch abbringen kann sie den kleinen Maulwurf damit nicht: "Dann bin ich ein Erdvogel", löst er das Problem auf seine Weise.

Und weil auch Erdvögel nicht unter der Erde fliegen können, macht er sich auf den Weg ans Tageslicht, um seinen Traum zu verwirklichen. Doch auch dort findet er zunächst keine Unterstützer. Die Kuh fragt ihn: "Warum willst du, was du nicht kannst?" Die Fliegen hauen sich auf die Schenkel vor Lachen, so unglaublich finden sie den Wunsch des Maulwurfs. Der Hahn warnt ihn eindringlich vor Flugversuchen aller Art - schließlich ist er selbst gerade schmerzhaft abgestürzt. Und der Storch hat nur Hochmut für den kleinen Maulwurf übrig.

Er ist kurz davor aufzugeben: "Ich habe Schaufeln statt Flügel. Außerdem bin ich fast blind." Doch die weise Eule macht ihm klar, dass das noch längst kein Grund ist, sich von seinem Traum vom Fliegen zu verabschieden: "Dann flieg doch mit den Ohren", sagt sie. Und der Maulwurf besinnt sich auf seine Fähigkeiten, lauscht auf den Wind, der zwischen den Blättern pfeift, der die Wolken vor sich her schiebt und der die Düfte ferner Länder mitbringt - und findet seine Art des Fliegens.

Der Erdvogel-Maulwurf reiht sich ein in die Riege sympathischer Kinderbuch-Maulwürfe. Gemessen an den gemischten Gefühlen, mit denen Hobbygärtner dem Insektenfresser mit den Schaufelpfoten begegnen, haben Maulwürfe in der Kinderliteratur eine erstaunliche Karriere hingelegt. Pfiffig, neugierig und abenteuerlustig gehen sie als "Maulwurf Grabowski", als "Der kleine Maulwurf" oder als "Der Maulwurf, der wissen wollte, wer ihm auf den Kopf gemacht hat" ihren Weg.

Auch der Maulwurf, der so gerne fliegen möchte, ist eine ausgesprochen sympathische Bilderbuchfigur. Der kleine Held weiß genau, was er will und macht sich zielstrebig an die Verwirklichung, ohne je verbissen zu wirken. Ein kleiner, staunender Träumer, der neugierig die Nase in den Wind reckt. Oliver Scherz gelingt es, in den kurzen Texten und Dialogen den Zauber der Situation einzufangen: "Als der Maulwurf nachts im Bett liegt, riecht er nach Wind und weiter Welt." Die Botschaft des Buchs - mit der Kraft der Phantasie lässt sich auch scheinbar Unmögliches erreichen - bietet viele Anknüpfungspunkte, um beim Vorlesen ins Gespräch zu kommen.

Denn "Der kleine Erdvogel" ist ein Buch, das man wegen der detailreichen, liebevoll-skurrilen Illustrationen im Wimmelbilder-Look immer wieder gern in die Hand nehmen wird. Neben dem Maulwurfs-Abenteuer erzählen die Bilder unzählige weitere Geschichten. Würmchen schlafen in der Erde in kleinen Betten, bei Familie Maulwurf stehen die Einweckgläser mit Maden aus dem Jahr 2000 im Regal, ein Glühwürmchen dient bei der Zeitungslektüre auf der Toilette als Stirnlampe, Ameisen schleppen Käsestückchen aus einem Gummistiefel und auf fast jeder Seite taucht eine kleine Biene auf, die per Fernsteuerung einen Zeppelin in der Luft zu halten versucht: Eva Muggenthalers Zeichnungen machen richtig Spaß.

Fazit

"Der kleine Erdvogel" ist ein gelungenes, sehr warmherzig erzähltes und illustriertes Bilderbuch, das in einfachen und trotzdem poetischen Worten Mut macht, an seine Träume zu glauben und auch ohne Flügel fliegen zu lernen.

Eva Dignös, Juli 2014

Der kleine Erdvogel

Oliver Scherz, Beltz & Gelberg

Der kleine Erdvogel

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