Ich bin ein Kind und ich habe Rechte

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Kinderbuch Couch
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Kinderbuch-Couch Rezension vonJun 2015

Idee

Kinderrechte sind wichtig und weil nur der um seine Rechte kämpfen kann, der sie kennt, ist es umso wichtiger, sie auf kindgerechte Weise schon den Kleinen klarzumachen.

Bilder

Mit dicker Tusche gemalt, bunt, farbenfroh und vielfältig – so wie das Leben ist oder zumindest sein sollte. Illustriert von Aurélia Fronty.

Text

Rechtssprech in kindgerechte Sprache übersetzt, mal klar, mal cool, mal witzig, mal poetisch.

Bereits 1989 haben die Vereinten Nationen eine Konvention über die Rechte des Kindes verabschiedet. Doch auch 25 Jahre später ist es nicht selbstverständlich, dass diese Rechte auch eingehalten werden, in manchen Teilen der Welt weniger, in manchen Teilen der Welt mehr. Und verständlich ist die Juristensprache auch nicht besonders. In diesem Buch werden die wichtigsten der 54 Punkte schon für kleine Kinder verständlich und anschaulich vorgestellt.

2014 wurde die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen 25 Jahre alt: in einem langen, langen Text wurden damals ganz spezielle Rechte nur für Kinder festgelegt, in 54 sogenannten Artikeln und in sehr juristischer und komplizierter Sprache. Für den Alltagsgebrauch sozusagen werden sie in meist 10 Punkten zusammengefasst, als da wären:

  1. Das Recht auf Gleichbehandlung und Schutz vor Diskriminierung, unabhängig von Religion, Herkunft und Geschlecht.
  2. Das Recht auf einen eigenen Namen und eine Staatsangehörigkeit.
  3. Das Recht auf Gesundheit.
  4. Das Recht auf Bildung und Ausbildung.
  5. Das Recht auf Freizeit, Spiel und Erholung.
  6. Das Recht auf eine eigene Meinung und darauf, sich zu informieren, sich mitzuteilen, gehört zu werden und sich zu versammeln.
  7. Das Recht auf eine gewaltfreie Erziehung und eine Privatsphäre.
  8. Das Recht auf Hilfe in Katastrophen und Notlagen wie Armut, Hunger und Krieg und auf Schutz vor Vernachlässigung, Ausnutzung und Verfolgung.
  9. Das Recht auf eine Familie, elterliche Fürsorge und ein sicheres Zuhause
  10. Das Recht auf Betreuung bei Behinderung.

Aber auch diese zehn Artikel sind ja noch nicht sehr plastisch, lebensnah und anschaulich. Genau das versucht dieses Buch:

 

"Ich bin ein Kind, mit Augen, Händen, einer Stimme, einem Herzen und Rechten."

So beginnt es und dann wird Punkt für Punkt auf jeweils einer Doppelseite das Wichtigste aus der UN-Konvention behandelt. Das Recht auf einen Namen, das Recht, medizinisch versorgt zu werden und kostenlos eine Schule besuchen zu können, das Recht auf Schutz vor Gewalt, Krieg, Unterdrückung, das Recht auf eine eigene Meinung und darauf, in sauberer Natur zu leben, das Recht zu spielen und das Recht zu lernen, was Frieden und Respekt für die Erde und die anderen Menschen bedeutet.

"Behandelt" habe ich eben geschrieben, aber das trifft es natürlich nicht. Die Sprache ist absolut das Gegenteil von Juristensprech. Zum Beispiel:

 

"Ich habe das Recht genug zu essen und zu trinken zu bekommen, damit ich wachsen kann. - Am liebsten mag ich Orangen - die kann man essen und trinken!"

Oder:

 

"Ich habe gleich viele Rechte, egal ob ich ein Mädchen bin oder eine Junge. - Jungs und Mädchen sind gleich viel wert, alles andere ist verkehrt."

Oder:

 

"Ich habe das Recht, reine Luft zu atmen. - Luft so rein wie das Blau des Himmels und das Weiß des Packeises."

Mal pragmatisch, mal cool oder lustig, mal poetisch man könnte sagen, es ist für jeden Geschmack etwas dabei. Immer klingt der Text in einem schönen Rhythmus und anschaulich ist er sowieso.

Auch die Bilder sind ganz, ganz verschieden. Zwar sind sie alle im gleichen Stil gemalt, was eine gewisse Ruhe hineinbringt: jede Doppelseite hat eine andere kräftige Farbe als Grundton, alles sieht aus wie mit dicker Farbe gemalt, zum Teil sieht man noch den Pinselstrich. Die Bilder haben wenig Perspektive, die Menschen und Tiere und abgebildeten Dinge wirken nicht plastisch, sondern zweidimensional. Ein bisschen wie naive Malerei und dadurch irgendwie zeitlos.

Manche stellen konkrete Szenen dar, manche arbeiten mit Symbolen, illustrieren mit kleinen Details die Gefühle und Wünsche, um die es auf der jeweiligen Seite geht; manche wirken träumerisch, fast ein bisschen surreal, wie der Garten Eden voller Vögel und Blumen, auf der Seite, auf der es um Frieden und Respekt und Umweltschutz geht.

Und das passt ja auch irgendwie, das Träumerische. Denn wenn es zum Beispiel an einer Stelle heißt: "ch habe das Recht, nie Gewalt erleiden zu müssen, kein Mensch hat das Recht, auszunutzen, dass ich ein Kind bin, kein Mensch der Welt." dann stimmt das wohl, dass das ein Recht ist. Aber die Realität ist es längst und lange nicht. Und dass es vielleicht irgendwann mal so sein wird, ist erst mal nur ein Traum.

Auch bei uns. Mögen unsere Kinder vielleicht das Glück haben, dass viele wichtige Rechte wie das Recht aufs Lernen oder Schutz vor Krieg bei uns verwirklicht sind. Aber was ist mit den Flüchtlingskindern, die bei uns leben? Da wird es schon schwierig beim Recht auf Bildung, Freizeit, sozialer Teilhabe, Gleichbehandlung.

Und dann sind da noch die Luxusprobleme unserer Projektkinder, deren Abschaffung zwischen den Zeilen der 54 Punkte sicherlich auch enthalten sind: Das Recht, nicht das Projekt der Eltern zu sein, nicht deren Träume und Wünsche verwirklichen zu müssen, das Recht auf Beulen und Schrammen, auf Wut, Angst und andere negative Gefühle, das Recht, nicht glücklich sein zu müssen, damit die Eltern sich als gute Eltern fühlen, das Recht auf eigene Fehler, eigene Lebenserfahrung, auf ein eigenes Leben und darauf, nicht nur Wirtschaftsfaktor und zukünftiger Rentenzahler zu sein, das Recht alles zu wollen, aber nicht alles zu dürfen.

Je öfter man das Buch liest und anschaut, ob zu Hause, im Kindergarten oder in der Projektwoche in der Schule, umso nachdenklicher macht es.

Fazit

Dieses Buch ist auch schön - aber das Schöne ist bei diesem Buch nicht das wichtigste. Auch wenn es Spaß macht in den farbenfrohen Bildern und poetischen Texten zu blättern und zu schwelgen, dazu zu erzählen und zu fabulieren. In erster Linie geht es darum, schon kleinen Kindern die wichtigsten der 54 Punkte der UN-Kinderrechtskonvention klar zu machen. Mögen viele Kinderrechte in vielen Teilen der Welt noch längst keine Realität sein, auch bei uns nicht - ist dieses Buch doch ein ungemein wichtiges Buch: Denn nur wer seine Rechte kennt, kann um sie kämpfen.

Sigrid Tinz

Ich bin ein Kind und ich habe Rechte

Alain Serres, NordSüd

Ich bin ein Kind und ich habe Rechte

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