Wildes Leben in der Stadt

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Kinderbuch Couch
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Kinderbuch-Couch Rezension vonJun 2015

Idee

Die Stadt bietet Lebensraum für viele, viele Tiere, Seite für Seite werden in diesem Sach-Bilderbuch viele von ihnen vorgestellt.

Bilder

Die Bilder sind wie gezeichnete Fotos, naturgetreu und anschaulich, voller Details und abwechslungsreich

Text

Durchaus wissenschaftlich fundiert, aber absolut bemüht, verständlich zu sein; zum Selberlesen für die Zielgruppe aber schwierig.

Ganz, ganz viele Tiere und Pflanzen fühlen sich in unseren Städten ziemlich wohl, manche sogar wohler als in freier Wildbahn. Unter anderem deshalb, weil es immer weniger freie Wildbahn gibt, aber das ist ein anderes Thema. Das Thema hier sind all die Tiere, die neben uns im Park, über uns in der Luft, unter uns in der Erde und in der Kanalisation, am Stadtteich, und in unseren Häusern und Zimmerecken leben. Wild und mitten in der Stadt.

Irgendwie schafft man es immer viel zu selten mit den Kindern in den Wald oder raus aufs Land. Um Vögel zu beobachten, Schnecken zu sammeln und Blumen zu pflücken. Macht eigentlich fast gar nichts, denn wer glaubt, "wildes" Leben gäbe es nur in der Wildnis, der irrt: Auch in Städten ist es grün - dazu muss man einfach nur mal auf den Stadtplan schauen. Und in Parks, Gärten, Höfen, ja an jedem Straßenrand, in jeder Pflasterfuge lebt und wächst etwas.

Das bekannte Bild vom schönen Landleben und der tristen grauen Stadt ist also nur (noch) ein Klischee. Das die Autorin Ilka Sokolowski und die Illustratorin Janna Steinmann mit ihrem Buch ausräumen:

Aufgeteilt in sechs Kapitel präsentieren sie die städtischen Lebensräume und einige ihrer bekannten, schönen, interessanten tierischen Bewohner: Enten und Libellen, Maulwurf und Regenwurm, Eichhörnchen, Marder und Fuchs, Hausmaus, Mücken, Spinnen; 23 sind es insgesamt.

Jedes Tier wird auf einer Doppelseite vorgestellt: Gemalt, aber in einer Art, als wären es abgezeichnete Fotos; sehr naturalistisch und wirklichkeitsgetreu. Mal in verschiedenen kleinen Szenen, mal als großes Panorama, mal als Querschnitt durch Boden oder Gewässer, mal als Großaufnahme oder anmutend wie ein Schaubild - interessant, anschaulich und auf jeden Fall abwechslungsreich.

Die Informationen sind als kleine Textblöcke über die Seiten verteilt: Es gibt jeweils einen Steckbrief mit den wissenschaftlichen Daten der Tiere, dann Informationen zum Fressen, Verhalten und Nachwuchs, und dazu die besten Beobachtungstipps. Dabei dekliniert Ilka Sokolowski nicht einfach die wissenschaftlichen Fakten herunter, sondern wählt das aus, was Kindern anschaulich zugänglich ist und was ihnen als besonders interessant auffallen mag: ob Enten auf dem Eis festfrieren, warum Mückenstiche jucken und Kaninchen manchmal ihre eigenen Köddel fressen.

Die Sprache ist durchaus fachlich, allerdings sehr darum bemüht, die Zusammenhänge verständlich und anschaulich zu erklären. Für Erstleser - für die die kleinen Häppchen eigentlich ideal wären - mag es zu schwere Kost sein. Auch weil die Schrift recht klein ist und teilweise sind die Textblöcke mitten in die dick dunkelfarbigen Teile der Illustration gesetzt - das ist dann wirklich nur schwierig zu lesen.

Aber trotzdem; viele Kinder folgen dem Buch sehr gerne und besuchen auf seinen Seiten die Tiere am Wasser, im Park und auf der Wiese, staunen, was so alles als häuslicher Untermieter lebt und wer verborgen unter der Erde. Und natürlich wird auch in die Luft geschaut. Wie viele Vögel es in der Stadt gibt! Amsel, Drossel, Fink und Star sind dabei und viele, viele Tauben.

Ein Punkt, den das Buch nicht erwähnt, ist, dass auch manchmal knallgrüne Papageien zu entdecken sind da oben und auch überall sonst in der Stadt leben Tiere, die man eigentlich nur aus dem Zoo oder aus dem Fernsehen kennt: Schildkröten, Waschbären, Marderhunde. Auch Krokodile im Badesee oder Panther im Stadtwald hat es schon gegeben. Manche sind aus Zoos oder Tierhandlungen entlaufen, manche waren mal exotische Haustiere und wurden ausgesetzt, andere sind eher zufällig im Reisegepäck oder Container aus anderen Ländern mitgereist. Und nicht wenige kommen offenbar prima zurecht im Großstadtdschungel und haben sich fleißig vermehrt. Und über Pflanzen wird auch nichts erzählt in diesem Buch, aber auch das sind ja Lebewesen.

Je eine Doppelseite darüber wäre schön gewesen.

Meckern könnte ich auch, dass ich nicht so recht weiß, wofür dieses Buch genau da ist. Um es in der Hosentasche mit in den Park zu nehmen, ist es zu deutlich zu groß, um es als vergnügliches Gutenachtbuch zu lesen, ist es zu wissenschaftlich, als Nachschlagewerk zu wenig fachlich.

Tu ich aber nicht.

Denn es ist mit Liebe und Fachwissen zusammengestellt, und macht Lust, selber einmal die Wildnis vor der eigenen Haustür zu erkunden. Draußen, in echt - oder mit diesem Buch zu Hause auf dem Sofa.

Fazit

In unseren Städten gibt es nicht nur Menschen und Autos, sondern auch viele, viele Tiere und Pflanzen. Mit diesem Klischee vom schönen Land und der tristen Stadt räumt das Buch auf, fachlich fundiert und für Kinder interessant gemacht. Insgesamt ein schönes Sach-Bilder-Stöber-Lese-Buch, das beim Forschen in der Schule gute Dienste leisten wird und Lust macht, selber mal die Wildnis vor der Haustür zu entdecken. Nach der Lektüre der vielen Informationen und Beobachtungstipps kann man eigentlich sofort losmarschieren.

Sigrid Tinz

Wildes Leben in der Stadt

Ilka Sokolowski, Gerstenberg

Wildes Leben in der Stadt

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