Spion auf Probe

Spion auf Probe
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Claudia Goldammer
88%1001

Kinderbuch-Couch Rezension vonSep 2015

Idee

Ben wird als Opfer für die Spionageakademie rekrutiert und geht am Ende als Held aus der Geschichte hervor – dazwischen liegen viel Action, Witz und Verfolgungsjagden.

Text

Flüssig, unterhaltsam und altersgerecht aus Sicht der Hauptfigur geschrieben, sind die 300 Seiten im Nu durchgelesen.

Stellt euch vor, ihr kommt von der Schule nach Hause und es sitzt ein fremder Mann auf dem Sofa? Ziemlich unheimlich, oder? Und was würdet ihr denken, wenn sich dieser Mann als waschechter CIA-Agent herausstellt, der euch für die wahnsinnig geheime Nachwuchsakademie für Spionage rekrutieren will?

Ziemlich cool, oder? So ähnlich sind zumindest Benjamin Ripleys Gedanken in eben dieser Situation. Zeit zum Nachdenken hat er nicht großartig. Blitzschnell entscheidet er, dass das die Chance seines Lebens ist und schon befindet er sich auf dem Weg in die Schule, die hermetisch abgeriegelt mitten in Washington D.C. liegt. Doch schnell stellt sich heraus, dass Ben nicht nur ins kalte Wasser geworfen wird, sondern auch Teil eines Geheimplans ist und eigentlich nur als Lockvogel dient, um den Feind aus der Reserve zu locken. Das gelingt tatsächlich besser als erwartet, zumal sich zeigt, dass die angeblich so coolen Agenten teilweise ziemliche Looser sind, denen man besser selber hilft als von ihnen geholfen zu bekommen. Und gäbe es nicht Bens Mitschülerin Erica, die wirklich das Potenzial zur Super-Agentin hat, wer weiß, wie die Jagd um Maulwürfe und Bomben am Ende ausgegangen wäre...

Irgendwie hat diese Agenten-Welt doch etwas Faszinierendes. Sei es, dass sie Unmögliches Möglich machen und Grenzen spielend überwinden, gut aussehen, gebildet und gewitzt sind, in der Welt herum kommen, sportlich und clever sind oder ganz nebenbei die Welt retten. Klar, dass dieser Stoff das Potenzial hat, Kinder tagelang ans Buch zu fesseln und das reale Leben ziemlich auszublenden. Spion auf Probe gelingt dabei ein schwieriger, aber nicht unmöglicher Spagat: es ist spannend geschrieben, fesselt bereits auf den ersten Seiten und hält die Spannung bis zum Schluss ohne aber blutrünstig zu sein und mit jeder Menge Witz und Ironie im Gepäck.

Die Geschichte um den, zunächst, ahnungslosen Schüler Ben ist in 25 Kapitel unterteilt, die protokollartig mit wenigen Stichworten jeweils am Kapitelbeginn kurz Ort, Zeit und Inhalt des Kapitels anreißen. Jedes Kapitel hat einen eigenen Titel und eine sehr passende Leselänge, die Unterbrechungen gut zulässt. Die Handlung beginnt ohne großartiges Vorgeplänkel, eben so, wie sie auch Ben erwischt: Tür auf und da sitzt der, der Agent...

Geschrieben ist die rasante Geschichte aus der Sicht des 12-jährigen Ben, der der reinen Schilderung der Handlung auch immer wieder eigene Bewertungen und Kommentare hinzufügt. Dadurch gewinnt das Buch eine persönliche Note, denn die Identifikationsfigur Ben streut darüber witzige und ironische Bemerkungen ein, die die spannende Handlung etwas relativiert und sehr authentisch wirken lässt. Da ist nicht permanent von einem coolen und selbstsicheren Jungen die Rede, im Gegenteil. Ben hat durchaus Selbstzweifel, er ist zwar ein Mathe-Ass, auf der Spionage-Schule dann aber doch auch nur wieder unterer Durchschnitt, wenig sportlich und nicht unbedingt agententypisch. Ben ist damit nicht unbedingt eine Heldenfigur und ist sich dessen auch nur zu bewusst. Nicht umsonst wurde er schließlich als Köder in die Schule gelockt, als jemand, der zwar durchaus genug mathematisches Talent hat, um den Feind von der Echtheit der "Gefahr" zu überzeugen, aber eben doch nicht ausreichend Talent besitzt, um zur Elite gehören zu können. Klar ist auch, dass Ben es ohne Glück und Hilfe seiner Mitschülerin nicht lebend aus den Verwicklungen geschafft hätte, aber auch er ist nicht aufs Köpfchen gefallen, kann scharf und logisch denken und meistert nebenbei so manche zwischenmenschliche Hürde.

Ansonsten hat dieser Junior-Agentenroman alles, was ihn zu einem würdigen Vertreter seines Genres werden lässt: Schießereien, unklare Beziehungen, einen angreifenden, diffusen Feind, Verfolgungsjagden, top-modernes Agentenequipment, den entsprechenden Jargon und tickende Bomben mit vielen farbigen Kabeln. Zusätzlich hat Stuart Gibbs aber verdattelte Lehrer, einen unfähigen Direktor, langweilige Agentenschulbuchtitel, schlechtes Essen in der Schulkantine, einen Hochstapler-Agentenvater, talentfreie Mitschüler und eben einen ironischen Ben eingestreut, der sich der Absurdität der Situation nur zu bewusst ist, auch wenn er versucht, immer möglichst cool zu wirken.

Ältere Leserinnen und Leser werden mit den vielen Andeutungen und Bezügen auf bekannte Filmagenten mehr anfangen können, aber grundsätzlich ist das Buch aufgrund der flüssigen Sprache auch für lesende Kinder ab etwa 10 Jahren geeignet, die sich für das Metier interessieren.

Im englischen Original sind bereits zwei Folgebände erschienen, die deutsche Übersetzung des zweiten Bandes ist bereits im Juli 2015 erschienen.

Fazit

Spion auf Probe ist der Buch gewordene Zeitverkürzerroman egal ob für lange Sommer- oder Wintertage. Wer sich mit Ben auf die Spionage-Akademie begibt, lässt sein altes Leben hinter sich und taucht ein in die Machenschaften der Geheimdienste mit so manch überraschender Erkenntnis.

Claudia Goldammer

Spion auf Probe

Stuart Gibbs, Baumhaus

Spion auf Probe

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