Eine Nacht voller Träume

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Kinderbuch Couch
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Kinderbuch-Couch Rezension vonMär 2016

Idee

Licht aus und Augen zu? Keineswegs. Im Dunkeln wird so manches Kinderzimmer zum Abenteuerspielplatz, auf dem nahezu alles möglich ist.

Bilder

Großformatige, stimmungsvolle und phantastische Bilder illustrieren zauberhaft das Reich zwischen Wachsein und Traum.

Ausgezeichnet mit dem Kinderbuch-Couch-Star*
Wenn abends im Kinderzimmer das Licht gelöscht wird und nur durch den Türspalt noch ein wenig Helligkeit schimmert, wenn Eltern ihren Sprösslingen "Gute Nacht" sagen und sich leise aus dem Zimmer schleichen, wenn all die Puppen, Teddys und Schnuffeltiere zurechtgekuschelt sind und die Bettdecke noch ein letztes Mal aufgeschüttelt wird - macht sich dann wirklich gleich Müdigkeit im Kinderzimmer breit?

Schließen die lieben Kleinen dann wie gewünscht die Augen, um selig ins Traumland zu schweben und dort kurios Schönes und lustig Aufregendes zu erleben? Oder beginnt diese Reise nicht vielleicht doch schon viel früher? Erwacht das Kinderzimmer vielleicht zu einem zweiten, verborgenen Leben, ein Leben, das im Schutz der Dunkelheit stattfindet und bei dem bereits die Grenzen zwischen Traum und Wirklichkeit fließend sind?

Glaubt man Laurent Moreau, dann beginnt die Reise in eine phantastische Welt voller Unmöglichkeiten tatsächlich kurz nach dem "Gute-Nacht-Kuss". Mit großen offenen Augen liegt ein kleines Mädchen im Bett. Noch ist es ruhig um sie herum, doch schon bald verwandelt sich ihr Zimmer in eine lebendige Kulisse, die so ganz anders ist als tagsüber. Dabei beginnt es ganz harmlos und gemächlich. Das Licht wird ausgeknipst, die Tür angelehnt und schon wird die Kinderzimmerlampe zum großen runden Mond, der von selbst leuchtet. Auch das Schmetterlingsbild sendet geheimnisvolle Strahlen aus, bevor der Schmetterling in einem kräftigen orange den Tapetenwald durchflattert. Noch sind all die Tiger, Eulen, Frösche, Enten und phantastischen Lebewesen recht still, aber schon nicht mehr reglos. Der Hase zieht die Ente am Pops, die Puppe entwurzelt Tapetenpflanzen. Mit roten Wangen steigt das Kind aus dem Bett und erklimmt eine Liane. Immer heller wird es im Zimmer und gleichzeitig ziehen dicke Regenwolken herauf. Die Tiere werden immer größer, der Regen bildet erste Pfützen auf dem Fußboden, das Bett steht mittendrin. Dann scheint der Raum komplett in eine überdimensionale Bausteinlandschaft verwandelt, ein wildes Durcheinander in den - "Klick" - der Lichtschein einer kleinen Lampe fällt. Als das Licht wieder ausgeschaltet wird, klettert das Mädchen ins Bett zurück und schläft tief und fest, als ihre Eltern noch einmal herein sehen.

Unvermittelt zieht Laurent Moreau die Leserinnen und Leser in die phantastische Welt zwischen Schlaf und Wachsein: bereits auf dem Vorsatz beginnt die Geschichte und endet auch erst auf dem Nachsatz. Kein Schmutztitel oder Titelseiten bereiten auf die Geschichte vor, man schlägt das Buch auf und ist direkt mitten im Kinderzimmer des kleinen Mädchens mitsamt allen herumliegenden Spielsachen, halb aufgeräumten Bauklötzen und ausgezogenen Strumpfhosen. Nur drei Sätzen werden im ganzen Buch gesprochen, der Rest spielt sich komplett über die Bilder ab.

Die meisten der doppelseitigen Bilder erinnern an Scherenschnitte und sind in tiefen dunklen Blautönen gehalten, nur wo ab und an Licht hinfällt, blitzt eine angenehme Farbigkeit auf. Doch trotz der monochromen dunklen Farbigkeit sind die Bilder spannungsgeladen und interessant, ganz ohne bedrohlich zu wirken. Auch wenn die Tiere und Pflanzen weit über das Mädchen hinaus wachsen, scheint sie immer geborgen und behütet zu sein und durchstreift fröhlich diese phantastische und teilweise ornamentale Welt. Die Tiere treiben zwar Schabernack, sind aber nicht bösartig oder aggressiv. Der Blickwinkel variiert dabei nicht, sondern ist immer frontal auf das Bett des Kindes und dessen Umgebung fokussiert, wodurch schnell die Veränderungen auf jeder Seite erfasst werden können und viel Zeit für eigene Träumereien gelassen wird.

Fazit:

Die Grenzen zwischen Phantasie und Realität verschwimmen beim Übergang vom Wachsein in den Schlaf und lassen mitunter das eigene Kinderzimmer zum fabelhaften Abenteuerwald werden. Wunderschön erzählte Geschichte, die sich ganz allein auf die Kraft der Zeichnungen verlässt - und verlassen kann. Ein Buch zum Abtauchen, Eintauchen und Träumen.

Claudia Goldammer, März 2016

Eine Nacht voller Träume

Laurent Moreau, Coppenrath

Eine Nacht voller Träume

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