Heute bin ich wild und böse

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Stefanie Eckmann-Schmechta
85%1001

Kinderbuch-Couch Rezension vonJun 2016

Idee

niedlicher Kerl auf Krawall gebürstet. Dazu: Eine sehr geduldige und neugierige Katze. Ein schönes Gespann, das seine Botschaft mit Humor vermittelt.

Bilder

Sympathische Frechdachse, warme, erdige Farben, viel Situationskomik in den Bildern; viel, aber nicht zu viel zu entdecken.

Text

Die Vierzeiler sind eingängig und witzig; sind schnell gelernt und können vielleicht auch im Alltag ein hilfreicher Begleiter sein

Ein kleiner Racker im Löwenkostüm ist auf Krawall gebürstet: "Heute bin ich wild und böse!" Jawohl, und weil es mal reicht, mit dem Lieb- und Folgsam sein, ist schließlich der Tag gekommen, an dem es mit viel Getöse durch die Wohnung geht und nichts, aber auch gar nichts, gemacht wird, was sonst so "erwartet" wird.

Eltern wissen es, die Trotzphase kommt. Unweigerlich. Wann, ist unklar, doch wenn es so weit ist, dann merken sie es schon. Alles was vorher ohne Diskussion lief, wird plötzlich in Frage gestellt. Ein klares Nein zu allem: Seht zu, wie ihr das hinbekommt - ohne mich. Für die Entwicklung des Kindes ist das eine wichtige Phase, die ihnen hilft, mehr Unabhängigkeit von den Eltern zu erlangen, aber zugleich auch eine verunsichernde und schwierige Zeit bedeutet - für das Kind und die Eltern gleichermaßen. Mit dem fröhlichen Pappbilderbuch von Jutta Richter und Annette Swoboda wird das Kind humorvoll und spielerisch in dieser "wilden" Stimmung abgeholt. Frei nach dem Motto: Aha, ich bin also nicht das einzige Kind, das mal auf den Putz haut, da ist ja noch einer. Und genau der - so niedlich er auch ist - macht an diesem einen Tag, einfach was er will. Jutta Richter transportiert die kurzen Texte in schönen, lockeren Vierzeilern:

"Heute bin ich wild und böse,
bin ein Wolf im grauen Fell,
bin ein Drache, bin ein Löwe
und ich beiße und ich bell!"

Und das klingt sehr eingängig, wie ich finde. Sie eignen sich auch, sie spielerisch im Alltag aufzugreifen und die eine oder andere Situation zu entschärfen. So kann es leichter sein, Grenzen zu setzen, die ebenso wichtig sind, wie eine ordentliche Portion Geduld und Humor.

Ganz entscheidend für diese Leichtigkeit sind da natürlich die von Annette Swoboda eingefangenen Szenen aus dem Kinderalltag. Erdige, warme, großflächig colorierte Illustrationen mit feinen Konturen. Der kleine Kerl im Löwenkostüm ist einfach niedlich, wie er so kess und aufrecht durch die Wohnung marschiert und den Aufstand probt. Immer hinterdrein: Die Katze, die, zunächst nur auf den Löwenschwanz des Kostüms fixiert, nicht mehr von der Seite des Jungen weicht. Für die entsprechende Altersgruppe im dritten Lebensjahr bieten die Illustrationen viel, aber nicht zu viel Details und greifen damit genau passend ihren Blickwinkel auf. Da ist zu entdecken, dass der Junge ganz nebenbei auch die Hose seines Vaters zerschnibbelt, dass es gleich eine große Sauerei mit der Zahnpaste gibt und wie sich schließlich die Katze anstecken lässt, selbst mit wildentschlossenem Blick dem Federkissen zur Leibe zu rücken. Das alles findet sich ausschließlich in den Bildern und die sprechen eine eigene, humorvolle Sprache. Bis eben zum Schluss, als der Junge gar nicht mehr wild sein will.

Ein gelungener Abschluss der wilden Tour: Der kleine Löwe sehnt sich nach Geborgenheit. So viel Unabhängigkeit ist doch anstrengend. Damit zeigen Jutta Richter und Annette Swoboda, dass es vollkommen in Ordnung ist mal aus der Reihe zu tanzen und nicht immer lieb zu sein. Das ist okay. Okay ist aber auch sich in die Arme der Eltern zu werfen, wenn es einem zu viel wird. Dieser plötzliche Sinneswandel wird vielen Eltern wohl bekannt vorkommen. Die niedlich rot-getigerte Katze verkörpert dabei genau diese liebevolle Akzeptanz, die ein Kind in dieser Phase braucht. Den ganzen Tag folgt sie dem kleinen Schreihals durch die Wohnung und wundert sich schon ein wenig; sogar die Maus lässt sie links liegen, um ihrem Freund auf den Fersen zu bleiben. Sie urteilt nicht, ist nicht verärgert, sie ist einfach nur da. Und als der Junge etwas Nähe und Streicheleinheiten braucht, ist sie zur Stelle, um ihm wieder die Geborgenheit zu geben, damit er wieder auf den "Teppich kommt".

Fazit:

Es ist völlig normal, wenn das Kind, das sonst so lieb und kooperativ war, plötzlich wild und rebellisch wird. Im Alter zwischen zwei und drei Jahren passiert es jedem. Wenn man es mit Humor und einer guten Portion Abgeklärtheit nimmt, dann wird es für Eltern und Kind einfacher. Heute bin ich wild und böse kann einen Beitrag dazu leisten, dem Kind eine positive Identifikationsmöglichkeit zu bieten und uns Eltern mit ein wenig mehr Gelassenheit durch die Trotzphase zu helfen.

Stefanie Eckmann-Schmechta, Juni 2016

Heute bin ich wild und böse

Jutta Richter, Coppenrath

Heute bin ich wild und böse

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