Graugrau und Fünkchen

Graugrau und Fünkchen
Graugrau und Fünkchen
Wertung wird geladen
Sigrid Tinz
91%1001

Kinderbuch-Couch Rezension vonOkt 2016

Idee

Das graue Höhlenwesen Graugrau und das flirrende Sonnenfünkchen – eine ungleiche Freundschaft, fantasievoll und mit ganz viel Lebensklugheit zwischen den Zeilen.

Bilder

Plastisch durch die Collagentechnik, die Farben leuchten und auch die grauen Höhlenseiten haben ihre eigene Stimmung. Illustratorin Linda Bondestam.

Text

Die kurzzeilige Anordnung und die gewählten Worte lassen das alte Lied durchscheinen, geben dem kurzweiligen Text wie von alleine einen poetischen Duktus. Aus dem Schwedischen von Birgitta Kicherer.

Ausgezeichnet mit dem Kinderbuch-Couch-Star*
Das Wesen Graugrau lebt allein in einer Höhle. Es kann nur Dämmerung und Dunkelheit vertragen und sieht genau so aus wie es heißt; und auch sein Alltag ist so: grau. Eines Tages kommt ein Sonnenfünkchen in Graugraus Höhle, bringt ein bisschen Licht und erzählt von all den bunten Farben auf der Welt solange bis der Tag um ist und das Fünkchen wieder zur Sonne zurück muss. Die Geschichte beruht auf einem alten finnischen Lied, hier für das Bilderbuch neu nacherzählt.

Alleinsein und Einsamkeit, Traurigsein und Trauer, Sehnsucht, Trost, Hoffnung, Zuversicht, Zufriedensein, Freundschaft, Wärme, Liebe, Abschied, Neuanfang und was an großen Themen die Menschheit noch bewegen mag, all das kann man in diesem Buch finden. All das wird man in diesem Buch finden. Ohne es zu suchen; ohne, dass es wie in vielen anderen Kinderbüchern ausdrücklich problembezogen lösungsorientiert thematisiert wird ("Am Ende wusste Hanna, dass sie dies und jenes in Zukunft anders machen würde"). Es steckt einfach drin in der Geschichte, wird beim Vorlesen mehr gefühlt und erfahren als gesagt. Das wirkt oft umso besser, gerade bei Kindern, die mit Erwachsenenlogik und Sätzen wie "Du brauchst keine Angst zu haben" ja oft nicht so viel anfangen können.

Graugrau und Fünkchen ist ein altes finnisches Lied, nacherzählt auf Kinder-Augenhöhe und auch auf der Höhe der Zeit. Es ist nicht gereimt, aber weil der Text in kurzzeilig gedruckten Päckchen angeordnet ist, wirkt es doch gewählt formuliert wie ein Gedicht und man kommt beim Lesen automatisch in diesen besonderen "Es-war-einmal-Tonfall". Der umso besser spürbar macht, was Generationen von Menschen in diese Sage hineingewoben haben an Lebensklugheit.

Graugrau ist ein bärbeißiges Höhlenwesen und kann kein Tageslicht vertragen. Weswegen es nur nachts nach draußen kann und alles auf der Welt nur in Dämmerungsgrau kennt. Allein ist es außerdem. Manchmal fügt es sich in sein Schicksal, träumt sich einen Freund und kuschelt mit seinen Steinen, manchmal ist ihm alles zu viel oder zu wenig und es wirft vor Wut und Trauer mit Felsbrocken um sich. Eines Tages fliegt ein Sonnenfünkchen in Graugraus Höhle. Endlich jemand, ein Freund, und dann erzählt er auch noch so viel, von den Farben der Welt, die bei Tageslicht ganz selbstverständlich sind. Nur gelesen ist dieses Märchen schon wunderschön.

Mit den Illustrationen wird es aber gleich noch mal wunderschöner: doppelseitige Collagen, Landschaften, Höhlenszenen, Licht, Schatten, Grautöne in allen Schattierungen und die Bilder zu dem, was das Sonnenfünkchen erzählt, sind voller Leben und Farbe. Hauptfigur Graugrau ist nicht als bedauernswerter Trauerkloß oder trauriger Clown, sondern freundlich und authentisch dargestellt. Nicht schön, aber auch nicht hässlich; einsam, aber doch offen für die kleinen Freuden wie eine sternenfunkelnde Nacht oder Spuckeblubber, die wie Seifenblasen in den Himmel steigen. Und das Fünkchen ist ein kleines flirrendes Energiebündel.
Die beiden reden und reden.

Dann geht die Sonne langsam unter, die Farben werden rötlicher und dunkler. Fünkchen muss zurück zur Sonne, bevor sie ganz untergeht und weg ist. Die beiden müssen sich trennen. Graugrau schickt es in einem Spuckeblubber zur Sonne, damit es sie noch rechtzeitig erwischt und wieder zu seinen vielen, vielen Fünkchenkameraden kommt. Graugrau bleibt zurück. Traurig, aber mit bunten, warmen Bildern im Herzen und mit dem Gefühl, einen Freund zu haben, auch wenn der nicht mehr da ist. Allein, ja, aber nicht mehr einsam.

Fazit:

Das graue Höhlenwesen Graugrau bekommt zufälligen Besuch von einem flirrenden, funkelnden Sonnenfunken, das ihm erzählt, wie bunt die Welt ist. Als das Fünkchen zurück muss zur Sonne, ist Graugrau zwar wieder allein. Aber nicht mehr einsam. Sondern mit Farbe vor den Augen und mit Liebe im Herz. Ein altes finnisches Lied voller Gefühl, Lebenserfahrung und Zuversicht auf Kinder-Augenhöhe nacherzählt und mit wunderschönen Collagen illustriert. Einfach schööön.

Sigrid Tinz, Oktober 2016

Graugrau und Fünkchen

Ulf Stark, Sauerländer

Graugrau und Fünkchen

Ähnliche Bücher:

Deine Meinung zu »Graugrau und Fünkchen«

Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!

Letzte Kommentare:
Loading
Loading
Letzte Kommentare:
Loading
Loading

Lesen und Hören
mit System

Lesestifte und Audiosysteme für Kinder.
Der große Test.

mehr erfahren