Ellington

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Sigrid Tinz
89%1001

Kinderbuch-Couch Rezension vonOkt 2018

Idee

Frau rettet Ente, Ente rettet Frau und dann rettet die Frau die Ente ein zweites Mal. Eine liebenswerte Geschichte von der Suche nach dem Glück.

Bilder

Ein paar schwarze Striche, daran und darauf helles Bunt, alles wirkt leicht und lebendig und ein bisschen melancholisch.

Text

Die Gedanken, Gefühle, Handlungen von Frau Treuherz, von einem übergeordneten Erzähler ohne Punkt und Komma, aber doch geruhsam runter erzählt.

Frau Treuherz ist Klavierlehrerin, bescheiden, freundlich, eher still und etwas einsam. Wenn sie nicht unterrichtet, geht sie gerne spazieren. Eines Tages sieht sie beim Geflügelhändler einen Lieferwagen stehen, voll mit Hühnern, Gänsen, Enten und Tauben. Ein großer Enterich scheint sie bittend anzuschauen: "Nimm mich mit." Erwartet ihn doch sicher nur der Schmortopf oder der Backofen. Sie kauft die Ente und trägt ihn in seinem Käfig durch die Stadt nach Hause. Und es scheint ihr, als würde er sie anlächeln. So gut ein Enterich eben lächeln kann.

Als Frau Treuherz mit dem freigekauften Enterich zu Hause in ihrer Wohnung ankommt, lässt sie ihn aus dem Käfig, stellt ihm Kohlblätter und Wasser hin. Enten sind durchaus handzahm, diese hier auch und Frau Treuherz freut sich, ein lebendiges Wesen um sich zu haben. Sie nennt ihn Ellington, nach einem berühmten Musiker.

Ihre Klavierschüler sind überrascht, haben aber mehr Spaß am Unterricht. Auch, weil Ellington auf Musik reagiert - nicht auf den Inhalt, aber auf die Töne und die Stimmung. Oft wirkt er erfreut und entspannt. Und einmal als die Zwillinge Milly und Molly ein Stück spielen, in dem ein Wolf eine Ente verschluckt, schnattert er böse und beißt das Kind ins Bein.

So wie Musik auf Menschen wirkt und auf Tiere, wirken auch Tiere auf Menschen und Menschen auf Tiere. Nicht eins zu eins und jede Seite sieht die Sache dabei anders.

Der Text beschreibt ziemlich genau, was Frau Treuherz denkt, was Ellington soll, macht und vermeintlich will oder fühlt.

Die Bilder zeigen einfach nur Ellington. Und manchmal ist das ein ziemlicher Kontrast.

Wie froh Frau Treuherz ist mit ihrem Ellington, wie apathisch er am Fenster sitzt.

Wie Frau Treuherz dann mit ihm rausgeht, an der Leine und ihn so auf dem See schwimmen lässt: ein Trupp Enten, eine davon hat eine rote Hundeleine um, die bis zu Parkbank führt, auf der Frau Treuherz sitzt.

Wie er einmal die Leine verliert und auf den See schwimmt, zu den anderen Enten und dann doch wieder - ob aus Prägung oder Liebe - zu Frau Treuherz zurückkommt. Wie es immer schwieriger wird, Ellington abends aus dem Wasser zu holen, und Frau Treuherz deshalb nicht mehr mit ihm rausgeht, froh ihn um sich zu haben und er ein Häufchen Unglück wird.

Generell sind die Bilder toll: ein paar Striche als Umriss, daran und darin sind helle, aber gedeckte Farben flächig verteilt. Schwungvoll, mit viel Bewegung und Ausdruck, leicht und doch ernst.

Frau Treuherz hat auch einen erwachsenen Schüler, dem der traurige Enterich die Lust am Üben vergällt und der deshalb etwas Lustiges spielt, einfach so. Frau Treuherz tanzt, ihr Schüler tanzt mit ihr, sogar Ellington wacht aus seiner Lethargie auf und schaut wenigstens zu.

Am nächsten Tag gehen alle drei zum See und Frau Treuherz lässt ihren Enterich frei. Ein Tier ist ein Tier. Und ein Mensch ist ein Mensch. Sie und ihr Schüler werden ein Paar und gehen ab und zu Tretboot fahren auf dem Ententeich. Dort treffen sie Ellington, seine Entenfrau und ihre Küken. Und die Farben im Buch sind jetzt viel bunter und fröhlicher.

Fazit:

Eine einsame Frau rettet einem Enterich das Leben, weil sie in ihrer Einsamkeit das Gefühl hat, er habe sie angelächelt. Am Ende erkennt sie, dass sie ihn ein weiteres Mal retten - und freilassen muss. Ein Buch über die besondere Beziehung zwischen Mensch und Tier und über die alte Weisheit, dass man auch mal loslassen muss, wenn einem das Glück des anderen am Herzen liegt. Aber zwischen den Zeilen und den schönen Bildern steht noch so viel mehr.

Sigrid Tinz

Ellington

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