Vier Wünsche ans Universum

  • dtv
  • Erschienen: August 2018
  • 4

Illustrator/in: Isabel Rocas
Übersetzer/in: Birgitt Kollmann

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Kirsten Kohlbrei
90%1001

Kinderbuch-Couch Rezension vonApr 2019

Idee

Eine Geschichte über Wünsche und wie sie verwirklicht werden können. In leisen Tönen überzeugend erzählt. Mit sympathischen Charakteren, die ihr Leben in die Hand nehmen.

Bilder

Keine Illustration bis auf die Anfangsseite jedes Kapitels. Dort zeigen, den Personen zugeordnete, Symbole direkt um wen es geht. Cover und Rücken schmückt ein detailreiches Szenenbild.

Text

Kapitelweise abwechselnd aus Sicht der Protagonisten geschrieben. Der Erzählton passt sich dabei einfühlsam der Gefühlswelt der Figur an. Verständlich, gut lesbar, toll übersetzt.

In seiner Zurückgenommenheit ein starkes, stärkendes Buch.

„Wer nicht wünscht, der nicht gewinnt“

Virgil Salinas ist elf Jahre, klein, mager und vor allem schüchtern. Auf jeden Fall ganz anders als seine Familie mit den sportlichen Zwillingsbrüdern und den Eltern voller übersprudelnder Herzlichkeit. Deswegen nennen sie ihn auch Turtle, wie die Schildkröte, die nicht unter ihrem Panzer hervorkommt. Zum Glück ist da noch Lola, seine Großmutter, die vor einigen Jahren von den Philippinen zu den Salinas nach Amerika gezogen ist. Zwischen den beiden besteht wie ein geheimes Band, eine ganz besondere Vertrautheit. Virgil teilt mit ihr seine Ängste und Sorgen und Lola gibt ihrem Lieblingsenkel durch die mythischen Erzählungen aus ihrer Heimatkultur praktische Lebenshilfe. Sie weiß auch über Chet Bescheid.

Chet Bullens ist ein gemeiner Kraftprotz, der auf die gleiche Schule wie Virgil geht und ihn und seine Mitschüler mobbt. Sich selbst überschätzend, aber eher durchschnittlich in allem, sucht er irgendetwas, womit er sich hervortun kann. Zum großen Teil, um seinen Vater zu beeindrucken. So hat er sich vorgenommen, eine lebendige Schlange zu fangen. Virgil versucht ihm möglichst aus dem Weg zu gehen, und träumt lediglich davon, es dem Fiesling irgendwann einmal zu zeigen.

Ein anderes Geheimnis mag er allerdings selbst Lola nicht verraten. Da geht es um Valencia, ein Mädchen aus dem Förderunterrich. Die er nett findet, aber sich einfach nicht traut, sie anzusprechen.

Wünsche warten aufs Wahrwerden

Valencia Somerset ist gehörlos und trägt deswegen Hörhilfen. Sie ist klug, mutig und selbstbewusst. Anders als Virgil lässt sie sich von Chet nicht einschüchtern. Allerdings ist sie einsam und leidet darunter, dass ihre Freundinnen sich wegen ihrer Andersartigkeit von ihr abgewendet haben. Es belastet sie so sehr, dass sie von einem immer wiederkehrenden Albtraum gequält wird, in dem sie als einziger Mensch auf der Erde zurückbleibt. Valencia fehlt jemand, dem sie sich anvertrauen kann, ihre überbesorgte Mutter kommt dafür nicht in Frage. Am liebsten ist sie im Wald unterwegs und macht sich Notizen. Dort versorgt sie auch Santo, einen streunenden Hund, den sie nicht mit nach Hause nehmen darf.

Virgil hat noch einen Freund, dem er wirklich alles erzählen kann, das ist Gulliver, sein Meer-schweinchen. In besonderen Notfällen sucht er jedoch Unterstützung ganz anderer Art bei der 12-jährigen KaoriTanaka. Sie geht auf eine Privatschule und interessiert sich brennend für magische und mysthische Kräfte. Sie glaubt ebenso fest an ihre Wiedergeburt nach zwei vergangenen Leben, wie daran das „zweite Gesicht“ zu haben. Sie stellt ihre hellseherische Fähigheiten auch zu Diensten, allerdings ist Virgil bisher ihr einziger Kunde. Ihre kleine Schwester Gen ist ihre ständige Begleiterin. Von ihren fantasielosen Eltern dagegen fühlt sie sich in ihrer geheimnisvollen Gabe wenig unterstützt.

Schicksalhafte Ereignisse oder zufällige Begebenheiten 

Weil Virgil es im ganzen Schuljahr wieder nicht geschafft hat, mit Valencia zu reden, wendet er sich an Kaori und löst so eine Kettenreaktion aus. Kaori ist sofort Feuer und Flamme, als sie feststellt, das Valencia und Virgil die gleichen Namensinitialen haben und sieht darin eindeutig eine Fügung des Schicksals. Sie trägt Virgil auf, für die nächste Sitzung fünf Steine zu sammeln und nutzt die Gelegenheit, ihn zu bitten ihre Visitenkarte im Supermarkt auszuhängen. Die Karte wird dort prompt von Valencia gelesen, die in der Hoffnung, ihren Schlafproblemen Herr zu werden, einen Termin mit Kaori vereinbart.

Virgil wiederum trifft auf der Suche nach den Steinen im Wald auf Chet, der dort gerade auf Schlangenjagd ist. Als Chet Virgils Rucksack mit Gulliver in einen alten Brunnen wirft und Virgil hineinklettert, um seinen Freund zu retten, ist er auf einmal auswegslos in dem Schacht gefangen. Der Wald ist der, den Valencia von ihren Ausflügen so gut kennt und den sie auf dem Weg zu Kaori auch durchqueren muss. Und dort starten Valencia, Kaori und Gen dann auch ihre Suchaktion, als Virgil verschwunden bleibt.

Dank Mut, Einfallsreichtum und einem rosa Springseil gelingt nicht nur Virgils Rettung, sondern die persönlichen Wünsche der Beteiligten erfüllen sich gleich mit dazu.

Klug und empathisch erzählt

Wie das alles vor sich geht erzählt die amerikanische Schriftstellerin Erin Entrada Kelly in einer klugen empathischen Geschichte mit viel Herzenswärme, Humor, Dynamik und Spannung.

Die gelungene Übersetzung bewahrt dabei den altersgerechten Ton und die Wortwahl hervorragend. Die Kapitel werden abwechselnd selbstreflektierend von den Hauptfiguren erzählt, wobei ihnen zugeordnete Symbole als kleine Zeichnung auf der ersten Seite die Einordnung leicht machen.

Die Autorin macht in ihrer preisgekrönten Erzählung anschaulich deutlich, wie notwendig Wünsche als Antrieb für Veränderungen sind. Hierzu nimmt sie sich einfühlsam der Wünsche und Sorgen ihrer Helden an und gibt ihnen dabei unterschiedliche Strategien an die Hand, damit umzugehen: Mystik, Religion, Astrologie. Virgil, Valencia und Kaori suchen dort Unterstützung, als Alternative und auch in Abgrenzung zu ihren Eltern. Sie schöpfen daraus Kraft und Mut, um durch eigenständiges Handeln ihr Leben, ihr ganz persönliches kleines Universum zu gestalten.

Kelly polarisiert dabei gelungen Schicksalsglaube oder Zufallsannahme, ohne Position zu beziehen, das überlässt sie ihren Protagonisten. Kaori ist felsenfest davon überzeugt, dass es keine Zufälle gibt, glaubt an Vorsehung und schicksalshafte Vorkommnisse, wogegen für Valencia und Virgil Glück und Pech eher zufällig ist. Nur sich allein auf das Schicksal oder den Zufall zu verlassen reicht für Veränderung eben nicht aus. Der stille Virgil zum Beispiel kann nur gerettet werden, weil er seine Angst im Brunnen überwindet und so laut brüllt, wie noch nie zuvor. Anders Chet, der sich als ihn eine Schlange beißt, nur unter einen Baum setzt und schicksalsergeben auf den Tod wartet.

Oft reicht ein kleiner erster Schritt, um den Dingen einen andren Lauf zu geben. Den zu tun ist es nie zu spät.

Fazit:

Eine gute Geschichte, die sich sehr lustig und spannend liest, aber auch zum Nachdenken über Wünsche und Veränderungen im eigenen Leben einlädt. Mit einer positiven Grundstimmung, voller Motivation und Zuversicht. In seiner Zurückgenommenheit ein starkes, stärkendes Buch.

Vier Wünsche ans Universum

Erin Entrada Kelly, dtv

Vier Wünsche ans Universum

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