Peterchens Mondfahrt

Peterchens Mondfahrt
Peterchens Mondfahrt
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Kinderbuch Couch
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Kinderbuch-Couch Rezension vonAug 2005

Idee

Eine alte Geschichte mit unvergesslichem Reichtum an Fantasie. Mit Überschwang an Gefühl und Dramatik wird auch heute noch eine Welt erschaffen, die gespanntes Erstaunen erzeugt.

Bilder

Die zarten und stimmungsvollen Illustrationen liefern dem Buch eine wunderschöne Atmosphäre und erinnern an den Illustrationsstil alter Kinderbücher.

Text

Die Sprache ist sehr an den Originaltext angelehnt. Das macht das Zuhören zunächst etwas schwierig, ebenso wie das schnelle Tempo der Geschichte, deren Inhalt an manchen Stellen „aufgezählt“ wirkt.

Eine unvergessliche ";Berühmtheit"; ist er, der Klassiker ";Peterchens Mondfahrt"; von Gerdt von Bassewitz, denn es gibt wohl kaum jemanden, den dieses Werk des Sohnes eines preußischen Beamten aus dem Jahre 1920 unberührt lässt. Ob wir uns genau erinnern oder nicht, verbinden wir damit ein altes Kinderabenteuer, das uns mitnimmt auf eine fantastische und zugleich romantische Reise zu den Sternen.

In seiner Reihe ";Coppenraths Kinderklassiker"; hat der Coppenrath Verlag eine von Kristina Franke nacherzählte Neuauflage von ";Peterchens Mondfahrt"; in prächtigem Gewand herausgebracht. Von uns ab fünf Jahren empfohlen, ist es eine Nacherzählung, die auch Kinder heutiger Tage - 85 Jahre nach Ersterscheinen - mit diesem Feuerwerk an Fantasie bekannt machen soll. Zurückversetzt in eine andere Zeit, erleben wir das Abenteuer von Peterchen, seiner Schwester Anneliese und dem Maikäfer Sumsemann, dessen sechstem Beinchen die Rettungsaktion bis hinauf zum Mond gilt.

Der arme, dicke Maikäfer Sumsemann, dessen Großvater das Pech hatte, von einem gemeinen Holzdieb um sein sechstes Beinchen gebracht zu werden, trägt, wie auch Juniors Vater, fortan nur fünf Beinchen. Er muß - wie bereits seine Vorfahren vergeblich versuchten - zwei ganz und gar tadellose Kinder finden, die ihm helfen, das sechste Beinchen vom Mondberg zurückzuholen. Diesen ";Familienfluch"; haben die Sumsemanns der Nachtfee zu verdanken, die das besagte Beinchen ausversehen zusammen mit jenem Holzdieb auf den höchsten Mondberg verdammt hat, der so hoch ist, dass man sich per Kanone hinaufschießen lassen muss.

Der fröhlich fiedelnde Maikäfer hat schließlich das Glück, in Peterchen und Anneliese jene lieben Kinder zu finden, die ihn auf seiner Reise zum Mond begleiten wollen. Auf ihrem Weg zum Mond, an den Sternen vorbei, treffen sie den Sandmann, die Nachtfee sowie sämtliche Naturgeister wie die Blitzhexe, den Donnermann, den blubbernden Wassermann, die dicke Wolkenfrau und andere - auch den furchteinflössenden, großen Bären, der sie im schnellsten ";Bärengalopp"; zum Fusse des Mondbergs bringt. Auf ihrem Weg kommen sie an der Weihnachtswiese vorbei, wo der heilige Nikolaus sanft das Christkind wiegt und an dem riesigen Osternest, wo bunte Hühner unermüdlich für die Osterhasen bunte Eier legen.

Als sie endlich auf dem Mondberg ankommen, treffen sie bei ihrer Suche nach dem Maikäferbein auf den bösen Mondmann. Der jagt den Kindern und dem Sumsemann, der sich vorsorglich gleich restlos tot gestellt hat, eine furchtbare Angst ein. Er denkt gar nicht daran, ihnen das sechste Beinchen herauszugeben. Er will alles fressen, was die Kinder bei sich haben - sogar Annelieses heißgeliebte Puppe.

Als die Kinder nichts mehr haben, das sie ihm geben könnten, will der gemeine Kerl sich schon mit seiner riesigen Axt auf die Kinder stürzen, um auch sie zu verschlingen. Da aber kommen Peterchens und Annelieses Sternchen noch gerade rechtzeitig zur Hilfe. Vor dem Mondmann gerettet, finden die Kinder das ersehnte Käferbein und kleben es mit Spucke, so hat man es ihnen gesagt, am Sumsemann fest. Der wacht erst wieder auf, als er voller Freude bemerkt, dass er sein sechstes Beinchen zurückbekommen hat. Noch vor Sonnenaufgang purzeln die Kinder unter lautem Getöse zur Erde zurück und landen sanft auf dem Tisch in ihrem Kinderzimmer. Die Mutter, die die Kinder morgens weckt, ahnt von ihrem großen Abenteuer zwischen Mond und Sternen natürlich nichts - aber eines gibt den Kindern ein Rätsel auf, wie kommt der Pfefferkuchen von der Weihnachtswiese in Mutters Küche?

Der Zauber, der von diesem alten Kinderbuch aus längst vergangen Zeiten ausgeht, hat in den vielen Jahren nichts von seiner Faszination eingebüsst. Denn welches Kind träumt nicht davon, einmal zu den Sternen fliegen zu können und hinter die Geheimnisse des Himmels zu blicken? Einem tollpatschigen und ängstlichem Maikäfer gilt es, einen großen Dienst zu erweisen. Und für eine Nacht sind Peterchen und Anneliese die Helden - auf Du und Du mit den Himmelsmächten. Was könnte da noch abenteuerlicher sein?

Sehr umfangreich und, man möchte sagen, vor Einfallsreichtum überlaufend, wird dieser alte Klassiker von Kristina Franke nacherzäht. Dabei fällt es sicherlich auch leseerfahrenen Kindern schwer, diesem Feuerwerk an Fantasie auf Dauer zu folgen. Zu viel atemberaubend Neues wird da erzählt, das eine mit dem anderen eng verknüpft. Zu vieles muß zunächst in der eigenen Welt verankert und in Verbindung gebracht werden. Eigentlich würde jedes einzelne Kapitel selbst genug Stoff für eine eigene Geschichte liefern. In in einer blumigen, beinahe überschwänglichen Sprache werden die Kinder in eine Welt entführt, in der alles ganz anders ist und von wahren Urgewalten beherrscht wird. So manches löst da Staunen aus, macht aber auch Angst - vor den ungewohnt streng anmutenden Darstellern und den ";Titanen"; des Himmels. Letzere sind ziemlich wild und kaum auf kindliche Empfindsamkeiten ";zurechtgestutzt";. Aber so war das nun einmal Anfang des vergangenen Jahrhunderts, als von Kindern Gehorsam und Bescheidenheit erwartet wurde. Wo das ";Böse"; bestraft und das ";Gute"; mit Wohlwollen bedacht wurde,konnte es nicht schaden, die Flausen der Kinder gleich im vorherein mit etwas ";Getöse"; auszutreiben.

Die heutigen Kinder können und wollen sich mit dem hier dargestellten Idealbild eines braven und tapferen Kindes nicht mehr identifizieren. Sie wollen sich ";fremden Mächten"; nicht einfach ausliefern, sie hinterfragen und sie wollen verstehen. So kann man dieser Tage auf eine gebührliche Anzahl von Fragen gefasst sein, die die Kinder auf ihrer Reise mit Peterchen stellen werden.

Aufgrund der vielschichtigen und manchmal auch überwältigend fantsievollen Inhalte ist es daher auch zu empfehlen, das Buch entsprechend der vorgegebenen Kapitel zunächst in einzelnen Teilen vorzulesen, um die Geschichte erst einmal bei den Kindern ";sacken"; zu lassen. Ermöglichen Sie es den Kindern, dem roten Faden der Geschichte, nämlich der Suche nach dem sechsten Beinchen, folgen zu können. Denn das geht in diesem Feuerwerk der Fantasie beinahe unter.

Sprachlich ist diese Ausgabe des Coppenrath Verlags noch eindeutig an das Original angelehnt, denn es handelt sich vielmehr um den leicht gekürzten Originaltext des Gerdt von Bassewitz. Für die Nostalgiker sicherlich ein Pluspunkt, für Kinder allerdings macht es dieses Buch nicht zu einem eingängigen, oder leichten Lesestoff. Die Sprachmelodie will irgendwie nicht recht in einen ruhigen, homogenen Fluss kommen, der das Zuhören und damit auch das Vorlesen, so angenehm machen kann. Manchmal über die Maßen überschäumend schwärmerisch oder bedrohlich erzählt, gibt es in seiner Erzählweise kaum Ruhepunkte.

Von den stimmungsvollen, in klaren, angenehm warmen Farben gehaltenen Illustrationen von Markus Zöller hätte es gerne noch mehr geben können, denn man kann gar nicht genug von ihnen bekommen. Sie erinnern in ihrer Zartheit und Klarheit an die Illustrationen alter Kinderbücher und stimmen sehr angenehm auf eine Geschichte ein, die nicht von dieser Welt ist. Die klaren, gütigen Gesichter der Darsteller haben alle - natürlich bis auf den bösen Mondmann - einen freundlichen und wohlwollenden Ausdruck. Insofern beschönigen die Bilder an einigen Stellen das Erzählte. Dies wird zum Beispiel an der Darstellung des großen Bären deutlich, der in den Illustrationen eher wie ein gutmütiger großer Eisbär wirkt und nicht, wie in der Geschichte erzählt wird, eher ein ";riesiges Ungetüm"; ist, ";größer als ein Elefant";, der mit seinen ";leuchtend grünen Augen böse im Saal umherglotzt";. An einigen Stellen aber nehmen sie der eher einschüchternen Präsenz einiger Darsteller ihren Schrecken, denn in der Darstellung von Markus Zöller sehen die Naturgeister sanftmütig und gar nicht bedrohlich aus.

Die himmlische Umgebung ist mit Liebe zum Detail und dem richtigen Fingerspitzengefühl für Atmosphäre ausgeführt worden. Besonders hervorzuheben ist der nostalgisch anmutende Einband mit Samteffekt, der die seitlichen Verzierungen auf dem Cover umgibt - hergestellt durch sogenanntes ";Flocking"; - sowie die vielen schmückenden Bordüren und Details auf jeder Seite, die das Thema der Illustration aufgreifen und in sie übergehen.

Fazit:

Ein wahrer Klassiker, der auch heute noch Kinderherzen schneller schlagen lässt. Aber ein wenig Zeit ist auch für diese, wirklich schön gestaltete, Nacherzählung des Coppenrath Verlags notwendig, um Peterchens wild-romantische Reise zum Mond bei unseren Kindern ";ankommen"; zu lassen. Viele, auch die kleinen Abenteuerer von heute, werden gerade das damit verbundene Herzklopfen mögen, das von ihm ausgeht - lassen Sie auch den ganz Mutigen Zeit, sich in ihrem Tempo auf den spannungsgeladenen Schluss einzustellen.

Stefanie Eckmann-Schmechta

Peterchens Mondfahrt

Gerdt von Bassewitz, Coppenrath

Peterchens Mondfahrt

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