Helsin Apelsin

Anke Kuhl (Illustratorin)

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Claudia Goldammer
90%1001

Kinderbuch-Couch Rezension vonFeb 2020

Idee

Wo Helsin tobt, da wird es nicht langweilig. Und tatsächlich hat das 8-jährige Mädchen plötzlich und scheinbar gleichzeitig mit so großen Themen wie Eifersucht, Lügen, Wut und Ausgrenzung zu kämpfen.

Bilder

Schwarz-weiße Zeichnungen zu Kapitelbeginn geben einen Ausblick auf den kommenden Inhalt und charakterisieren bildlich ansprechend Helsin und ihre Freunde.

Text

Einfühlsam und humorvoll erzählte Geschichte, mit liebevollen Beobachtungen, überraschenden Bildern und Vergleichen, stets mit einem Augenzwinkern und Empathie für alle Charaktere.

Helsin, ihre Spinner und ein Leguan

Wenn Helsins Spinner ausbricht, dann steht für einen Moment die Zeit still und alle halten den Atem an. Denn dann ist das lebensfrohe, quirlige 8-jährige Mädchen nicht mehr Herr ihrer Sinne. Sondern dermaßen von Wut und Aggression in Beschlag genommen, dass sie unbeherrscht Dinge zerstört oder Nasen blutig schlägt. So ergeht es auch Louis, der sich gleich am ersten Tag in der neuen Klasse einen von Helsins Spinnern einfängt, weil er einen Witz über ihren Namen gemacht hat: „Helsin? Apelsin?“
Doch Helsin hat mittlerweile gelernt, dass auf einen Spinner auch eine Entschuldigung folgen muss, die der oder die andere auf jeden Fall anzunehmen hat. Nun, Louis sieht das anders und ignoriert gekonnt Helsins ausgestreckte Entschuldigungshand. Womit die Geschichte so richtig Fahrt aufnimmt. Denn dass jemand die Entschuldigung nicht annimmt, das ist Helsin noch nie passiert. Und als sie am nächsten Tag als einzige der Klasse Louis Geheimnis nicht sehen darf, dass er extra mitgebracht hat, ergreift sie die Gelegenheit beim Schopfe, als sie sich ihr bietet. Denn das große Geheimnis ist ein Fidschileguan, den Louis vor Schulbeginn eilig in seinen Ranzen gestopft hat. Helsin, durch einen unglücklichen Zufall während der Pause im Klassenraum eingeschlossen, zögert nicht lange und quartiert Maria, den Leguan, kurzerhand zuerst in ihren Rucksack um und später in eine Kiste unter ihrem Bett.

Eine scheinbar ausweglose Situation

Als wäre das nicht schon alles turbulent genug, trudelt in diesen Tagen ein Brief von Helins finnischer Großmutter ein, die Helsin, die als Baby adoptiert wurde, gern kennenlernen möchte. Und dann erfährt Helsin auch noch, dass Louis bis vor kurzem in Schweden gelebt hat, was ja nun so weit nicht von Finnland weg ist. In einem gemeinsamen Schulprojekt müssen Helsin und Louis prompt zusammenarbeiten und stellen fest, dass sie sich eigentlich ganz gut verstehen. Allerdings plagt Helsin natürlich immer noch die Sache mit Maria unter ihrem Bett. Da bleibt nur ein Ausweg: sie muss flüchten. Oder?
Turbulent, quirlig, aufgeweckt – das ist Helsin. Genauso wild wie ihre Locken, ist auch das lebhafte Mädchen, bei dem schnell mal die Sicherungen durchbrennen, bekommt es nicht ihren Willen. Sowohl ihre Eltern als auch ihre Freunde und Klassenkameraden haben gelernt, sich mit Helsins Spinnern zu arrangieren. Doch dann kommt Louis und plötzlich bekommt Helsins Weltbild einen ziemlichen Dämpfer. Immer tiefer und tiefer rutscht sie in einen Strudel aus Lügen und Diebstahl, dem sie am Ende zwar entkommt, aber nur mit Hilfe. Doch was zählt, ist, dass Helsin schließlich erkennt, dass das Leben mehr Facetten hat als nur schwarz und weiß und dass auch Spinner nicht unbesiegbar sind.

Schwere Themen leicht erzählt

Diese dicht gepackte Geschichte erzählt Stefanie Höfler so flüssig, unterhaltsam und stets mit einem Augenzwinkern, dass es wirklich schwerfällt, das Buch zwischendurch aus der Hand zu legen. Sie überrascht mit unerwarteten Wendungen und hält stets gekonnt das Gleichgewicht zwischen Spannung und Ungewissheit und lustigen Begebenheiten. Zudem schafft sie es durch augenzwinkernde und liebevolle Beschreibungen jeden Charakter sympathisch und einzigartig zu zeichen und keine Ausgrenzungen vorzunehmen.
Denn natürlich ist Helsins Verhalten auffällig, stets müssen alle nach ihrer Pfeife tanzen und scheinbar rastet sie beim kleinsten Anlass aus. Trotzdem fällt es leicht, gemeinsam mit Helsin zu lachen, zu verzweifeln und Pläne zu schmieden. Stefanie Höflers Sprachwahl ist, wie auch schon in ihren Jugendbüchern, malerisch, intensiv, voller überraschender bildhafter Beschreibungen, eindringlich und dabei trotzdem wunderbar leicht zu lesen, unterhaltsam und durchweg von einer positiven Grundstimmung getragen. Die schweren Themen dieses Buches wie Eifersucht, Rache, Gewalt, Freundschaft und Aufrichtigkeit werden so angenehm leicht, sehr herzlich und klug thematisiert.
Die Zeichnungen von Anke Kuhl bereichern die kurzweilige Geschichte stimmig, ohne sich zu sehr in den Vordergrund zu drängen. Zu Beginn eines jeden Kapitels zeigen sie unterschiedliche kommende Situationen und geben so Einblick in Helsins Leben.

Fazit

„Helsin? Apelsin?“ – diese unbedachte Äußerung, die wie der Anfang eines fröhlichen Gedichtes klingt, ist der Auftakt einer turbulenten, unterhaltsamen und einfühlsam erzählten Geschichte um einen kleinen, besonderen Wirbelwind. Nicht nur für stürmische Tage geeignet.

Helsin Apelsin

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