Der Tanz im versunkenen Dorf

Der Tanz im versunkenen Dorf
Der Tanz im versunkenen Dorf
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Kinderbuch Couch
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Kinderbuch-Couch Rezension vonOkt 2005

Idee

Umweltproblematik verpackt in eine phantasievolle Erzählung mit Wasserwesen in einer versunkenen Stadt. Leider gelingt die Verflechtung von bedeutsamer Botschaft und kindgerechter Unterhaltung nur mit Hindernissen.

Bilder

Stimmungsvolle Farbspiele und phantasievolle Wesen schaffen eine märchenhafte Atmosphäre.

Text

Der anfängliche wirkungsvolle Spannungsbogen verliert sich in einer komplizierten Auflösung, die zu stark erklärungsbedürftig ist.

Hinter dem märchenhaften Titel des Kinderbuches von Franz Hohler versteckt sich eine durchaus ernste Umweltproblematik. Damit sie aber nicht versteckt bleibt, müssen unseren Kindern zum Verständnis erst ein paar Hindernisse aus dem Weg geräumt werden.

Conradin sitzt gerne mit seiner Angel am großen Stausee in den Bergen. So auch an einem Samstagnachmittag. Doch es will einfach kein Fisch anbeißen und als sich Conradin schon daran machen will, seine Sachen zu packen, gibt es einen kräftigen Ruck an seiner Angel. Er muss einiges an Kraft aufbringen, um sein Beute an Land ziehen zu können. Und er staunt nicht schlecht über das, was das Wasser offenbart. Es ist ein kleines Männlein, das sehr grimmig und empört ist, was nicht zuletzt an dem Angelhaken im Ohr liegt. Als Conradin das Männlein vom Haken befreit und mit einem Pflaster versorgt hat, erzählt ihm das Männchen, dass es von einem anderen See durch einen Stollen gekommen und unterwegs zu einer Versammlung auf der Alp Glamogur am Grunde des Sees war.

Conradin hatte bereits von dieser Alp gehört, die vor vielen Jahren im Wasser versunken ist, als der See gestaut wurde. Zu gerne würde er mit zu dieser Versammlung und es wäre laut Männlein auch möglich, vorausgesetzt Conradin ist ein ";Sonntagskind";. Conradin ist sofort ganz aufgeregt, denn er ist ein Sonntagskind und so beschließen Sie schließlich, sich um Mitternacht am Ufer zu treffen.

Conradin lässt sich am Abend von seiner Mutter noch einmal seinen Geburtstag bestätigen. Dann ist die große Stunde gekommen - Mitternacht. Die Erwartungen der Kinder (und des Vorlesers) steigen enorm, als Conradin endlich gemeinsam mit dem Männlein in die Tiefen hinabtaucht und schließlich vor ihnen auf dem Grund des Bodens eine geheimnisvolle versunkene Stadt liegt, in der sich zahlreiche zauberhafte und seltsame Wesen aufhalten.

Conradin erfährt den Grund für die Versammlung. Die Stauseen nehmen den Wesen ihren Aktions- und Lebensraum, so kann ";Rumpelkalk"; im Rumpelbach nicht mehr rumpeln und die ";Plätschersusi"; nicht mehr plätschern. Darum beschließen Sie nun den Stausee zu öffnen und das Wasser wieder frei zu geben. Doch dazu wird es nicht kommen. Denn der schon berüchtigte Tanz am Ende einer jeden Versammlung steht an und so erhält Conradin die Botschaft, den Menschen von Ihrer Not zu berichten. Sollte sich nichts ändern, so die Nachricht, werden Sie wohl den nächsten Tanz in der Stadt machen.

Als die Glockenuhr in der versunken Stadt ein Uhr schlägt, befindet sich Conradin plötzlich am Ufer des Stausees wieder - nicht wie erwartet klatschnass, sondern trocken. Seine Eltern glauben der Geschichte am nächsten morgen nicht, aber zumindest hat er sie ja weitererzählt, so dass auch wir nun davon wissen...

Der spannende und verheißungsvolle Auftakt von Franz Hohlers phantasievoller Erzählung endet ein wenig verwirrend und Nachdenklichkeit weicht gar leichter Überforderung. Es ist für Kinder nicht wirklich erschließbar, was genau das Problem der Wesen ist und was es mit der Andeutung auf sich hat, den nächsten Tanz in der Stadt abzuhalten. Und was bedeutet eigentlich Rumpeln?

Selbstverständlich können wir Erwachsenen nun die Umstände erläutern und uns der Thematik annähern, wenngleich auch von uns dabei Phantasie und ein wenig Naturkenntnis abgefordert wird. Aber wir wollen es nicht unversucht lassen: Mit Rumpeln und Plätschern sind die Geräusche der Auen, Flüsse oder Wildbäche gemeint. Es rumpelt, wenn Flussläufe ihr Geschiebe, wie Holz und Gestein, transportieren.Alle diese Geräusche verstummen nun, da das Wasser in den Seen künstlich gestaut wird.

Das Wegfallen natürlicher Flussläufe, z.B. durch die Eindolung von Bächen oder Entwässerungen zur Landgewinnung, ist in der Tat ein Problem, denn Fließgewässer sind im Landschaftsgefüge ein bedeutendes Element für die Biotopfunktion, sie sind Grundlage für eine reiche Artenvielfalt und das charakteristische Erscheinungsbild einer Landschaft.

Auen, Bäche und Flüsse haben aber auch eine wichtige Funktion beim Rückhalt von Hochwasser. Hier setzt wohl die Andeutung der Wesen an. Denn beim nächsten Hochwasser wird es eben möglicherweise in der Stadt ordentlich Rumpeln und Plätschern oder ihr gar ein ähnliches Schicksal widerfahren wie Alp Glamogur, die bekanntermaßen gänzlich versunken ist. Wie heißt es doch am Ende: ";möglich ist alles";.

Den Aufruf zu mehr Beachtung der Natur und zu größerem Umweltbewusstsein verpackt Franz Hohler in eine Erzählung, der im wichtigen Moment nicht die geschickte und verständliche Verflechtung von Märchen und Umweltbotschaft gelingt und sie so komplizierter erscheinen lässt, als sie eigentlich ist. Der anfängliche Zauber geht verloren und die Botschaft bleibt bedeckt. Das ist sehr schade, denn gerade zu Beginn gelingt Hohler ein sehr wirksamer Spannungsbogen, dem man sich gerne hingibt und erwartungsvoll die nächste Seite umblättert.

Wunderbar eintauchen können wir auch in die Illustrationen von Reinhard Michl, die mit gelungen Farben stimmungsvoll Szenen und Momente beleuchten, wo dunkle Blautöne die Nacht betonen und der Mondschein sich im Wasser spiegelt. Die Unterwasserwelt, mit den zahlreichen phantasievollen Wesen, erstrahlt in beinahe fluoreszierenden Grüntönen. Der Kirchturm verschwindet in unruhigem Wasserspiel, die durch eine leichte Weichzeichner-Optik wieder gezähmt werden und so einen authentischen und atmosphärischen Eindruck schaffen.

Unglücklich und den Lesespaß mindernd wirkt leider die Tatsache, dass einige Bilder zu spät auf den erzählenden Text folgen, so dass man gezwungen ist, gedanklich einen Schritt zurückzugehen, um das Bild zuordnen zu können. Gerade für kleinere Kinder ein durchaus hinderlicher Aspekt.

Fazit:

";Der Tanz im versunkenen Dorf"; ist ein wirklich begrüßenswerter Ansatz, das Thema Umwelt und Naturschutz für unsere Kinder aufzubereiten und ihr Bewusstsein unverkrampft auch einmal in diese Richtung zu lenken. Leider gelingt es nicht ganz ohne Barrieren die Botschaft kindgerecht in dieses schön gestaltete Kinderbuch mit seinem verheißungsvollen Auftakt zu integrieren. Aber immerhin haben wir Erwachsene jetzt die Botschaft verstanden und das kann ja auch bereits ein wichtiger Schritt sein.

Stefanie Eckmann-Schmechta

Der Tanz im versunkenen Dorf

Franz Hohler, Hanser

Der Tanz im versunkenen Dorf

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