Melissa und die Meerjungfrau

Melissa und die Meerjungfrau
Melissa und die Meerjungfrau
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Kinderbuch Couch
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Kinderbuch-Couch Rezension vonMär 2006

Idee

Absolute Charakterdarsteller sind die Meerjungfrauen „auf Landurlaub“ - Eine ganz andere, originelle Geschichte über die sagenumwobenen Meerjungfrauen. Sehr erfrischend, wunderbar phantasievoll und mit viel Humor erzählt.

Bilder

So skurril auch die Darsteller im Buch sind - die Illustrationen können da mithalten. Wunderbar lebendig und humorvoll - typisch Anke Kuhl.

Text

Lebendig erzählt, mit viel Situationskomik und Einfühlungsvermögen - eine Erzählweise die Kindern einfach Spass macht.

Nach dem erfolgreichen Buch ";Ein Pferd names Milchmann"; und ";Der Sommer der dunklen Schatten"; überrascht Hilke Rosenboom nun mit einem Mädchenbuch über eine, sagen wir mal, etwas andere Art von Meerjungfrauen. Die Hauptfigur dieser amüsanten Geschichte ist das Mädchen Melissa, die es ziemlich schwer hat: Ihre Eltern haben sich getrennt, in der neuen Schule will niemand etwas mit ihr zu tun haben und Vaters neue Familie ist einfach unerträglich.

Und auf gar keinen Fall will sie die neue Familie ihres Vaters bei einem Ausflug ans Meer begleiten. Doch inmitten ihres Grollens hört sie plötzlich eine feine Stimme aus dem Aquarium neben ihr und eine unglaubliche Geschichte nimmt ihren Lauf...

Melissa sitzt, wie jede Woche, mit ihrem Vater im China-Restaurant und ist aus Trotz im Hungerstreik. Ihr Vater bittet sie inständig ihn und seine "neue" Familie bei dem geplanten Wochenende ans Meer zu begleiten - doch Melissa weigert sich strikt. Mit den beiden ";Schnepfen";, wie Melissa die Töchter von Vaters neuer Frau bezeichnet, möchte sie auf keinen Fall zusammen sein. Dann, irgendwann, sieht sie sie: Eine kleine Meerjungfrau, die ihr aus dem Aquarium zuwinkt. Das kleine Wesen gibt ihr unmissverständlich zu verstehen, dass sie in Melissas Handtasche flüchten will. Und es dauert auch nicht allzu lange, bis ihr das gelingt.

Zu Hause überschlagen sich schließlich die Ereignisse: Schnell stellt Melissa fest, dass ";Süßherzchen";, die so heisst, weil sie in einer Süsswasserpfütze geboren wurde, nicht die einzige Meerjungfrau ist, die sie so ganz unversehens mit nach Hause genommen hat. Die ganze Familie ";Wassermann"; gibt sich die Ehre und durch die Entdeckung des Badesalzes sind sie auch nicht länger so klein wie Barbiepuppen, sondern so groß wie ausgewachsene Meerjungfrauen eben werden können. Und es dauert nicht lange, da haben die Wassermänner auch schon die Wohnung in Beschlag genommen. Doch anstatt Melissa bei ihrer Hausarbeit zu helfen, veranstalten sie ein unglaubliches Chaos. Schließlich weiß das Mädchen beim besten Willen nicht mehr, wie sie diese Unordnung noch rechtzeitig beseitigen kann - und das, noch bevor ihre Mutter wieder nach Hause kommt.

Verzweifelt wendet sie sich an ihren Klassenkameraden, dessen Vater ein Fischgeschäft betreibt. Und der will ihr tatsächlich auch sofort helfen. Unter einem falschen Vorwand lockt Melissa die Familie Wassermann zu dieser Adresse - doch es ist eine Falle, aus der sie nur mit List und Tücke entkommen können. Wieder zu Hause angekommen, ist der bange Moment da: Melissas Mutter kehrt heim - und ist irgendwie anders als sonst: Zu dem angerichteten Chaos der sechsköpfigen Meerjungfrauen-Familie - mitsamt kratzbürstigem Seehund, der aber lieber klein bleiben möchte - sagt sie nichts, oder sie lacht nur darüber. Des Rätsels Lösung erfährt Melissa schnell, denn ihre Mutter ist bis über beide Ohren verliebt.

Und das muss eine sehr heftige Verliebtheit sein, denn auch in den nachfolgenden Tagen - die Meerjungfrauen geben sich schließlich überhaupt keine Mühe mehr, sich verborgen zu halten - nimmt Melissas Mutter ihre Untermieter noch immer nicht so recht wahr. Melissa aber ist glücklich über ihren Familienzuwachs, lenkt er sie doch von ihren Alltagsproblemen ab. Vor allen Dingen Süßherzchen ist ihr die langersehnte Freundin.

Dann ist es so weit: Melissa geht mit Süßherzchen zum grossen Freundschaftsfest ihrer neuen Schule. Doch trotz der Freude über die allseits große Bewunderung muss Melissa feststellen, dass Süßherzchen nicht ihr allein gehört. Bald steht sie wieder am Rand des Geschehens und das geschieht vor allem durch den begeisterten Zuspruch der beiden ";Schnepfen"; Süßherzchen gegenüber. Schließlich reden beide über Melissas Problem mit den beiden Mädchen aus Vaters neuer Familie. Doch anstatt der tröstenden und tiefgründigen Worte, die Melissa von ihrer Freundin erwartet hatte, nimmt Süßherzchen ihr mit einem Satz allen Wind aus den Segeln. Melissa muss vielleicht doch noch einmal über ihre Einstellung den beiden Mädchen gegenüber nachdenken.

Und das muss sie unbedingt, denn Süßherzchen hat für den geplanten Ausflug bereits zugesagt. So haben die, wieder durch Süßwasser kleingeschrumpften, Meerjungfrauen in Melissas Tasche und die neue Patchworkfamilie das gleiche Ziel: Das große weite Meer und damit die langersehnte Familienzusammenführung bzw. die Freiheit der Familie Wassermann. Nach einigem Zögern der Meerjungfrauen, sich dem ungewohnt wilden Element anzuvertrauen, wird es noch einmal spannend und Melissa und ihre beiden Stiefschwestern, Clara und Cynthia, schließen nun endgültig Freundschaft.

Hilke Rosenboom, die ihre Kindheit selbst am Meer verbracht hat, präsentiert uns hier eine etwas andere Geschichte über Meerjungfrauen. Und damit ist nicht nur der Humor gemeint, mit dem sie auf ihre bekannt gelungene Art originelle Charaktere schafft, sondern auch ihr Einfallsreichtum. So finden wir allerhand Eigenheiten aus dem Meerjungfrauen-Umfeld, wie zum Beispiel zum Gruss immerzu hinzuzufügen ";... ich bin Deine Rettung."; Ein Floskel, die man ebenso wenig ernst nehmen sollte, wie unsere, leider abgenutzte, Frage nach dem Befinden. Auch das etwas bissige ";Haustier"; ist eine sehr unterhaltsame Nebenfigur, denn der kleine Seehund, der beinahe die ganze Geschichte in Handtaschenformat bleibt, findet ausgerechnet zu Melissa einen besonders guten Draht und wird zu ihrem ständigen Begleiter.

Auch der Ort der ersten Kontaktaufnahme ist schon ziemlich ungewöhntlich. Denn wer würde kleine Meerjungfrauen in einem Aquarium - noch dazu in einem China-Restaurant - erwarten? (Ich fühlte mich wieder an die Werbung mit den angeblich lebenden Wassermenschen erinnert, die man sich per Post bestellen konnte. Ich hätte es ausprobieren sollen, denn ich frage mich heute noch, wo wohl der Haken an der Sache war.) So befinden wir uns ziemlich schnell, von der uns noch vertrauten Welt im China-Restaurant ausgehend, in der skurrilen und ganz eigenen Welt der Meerjungfrauen. Wir erfahren Dinge, die wir so noch nie gewusst hatten: Wie die Tatsache, dass auch Meerjungfrauen Füsse haben, sich aber - auch anstandshalber - in einen engen Strumpfrock quetschen...

Als unvermeidbares Fragment aus dem realen Leben und ziemlich überspitzt wirkt da Melissas Mutter. Sie bleibt schon dadurch eine Randfigur, da die Dame vor Verliebtheit ohnehin zu keinem wirklich klaren Gedanken in der Lage ist und ständig telefoniert. Damit ist es Hilke Rosenboom wieder einmal perfekt gelungen, die Erwachsenen aus ihren Geschichten herauszuhalten.

Insgesamt werden viele gute Details und Hintergründe präsentiert; Hilke Rosenboom lässt die Leser aber nur einen kurzen Blick darauf ";erhaschen";, ehe es in der Geschichte turbulent weitergeht. Dadurch entstand bei mir der Eindruck, dass es sich zwar um ein sehr unterhaltsames Buch handelt aber die Handlung an manchen Stellen etwas zu schnell vorangetrieben wird - und das macht es für mich wiederum etwas weniger mitreissend.

Nichtsdestotrotz ist und bleibt es ein sehr besonderes Buch von Hilke Rosenboom, das das Thema ";Meerjungfrauen"; nicht mit Schönheit und Anmut überlädt, sondern im Gegenteil, eigentlich eine ganz ";normale"; Familie von Wasserbewohnern zeigt, die ihr langweiliges Leben im Süßwasseraquarium satt hat und nun an ihre wilden Ursprünge zurück möchte. Und damit ist es auch ein erfrischend anderes Mädchenbuch, das ich der Zielgruppe nur ans Herz legen kann.

Wie schon im Buch ";Ein Pferd names Milchmann";, unterstützt Anke Kuhl auch dieses Mal mit ihren so typisch-humorvollen Illustrationen das Geschehen. Ihre skurrilen Charakterdarstellungen unterstützen das Buch auf ideale Weise - da macht es schon Spass, sie sich ein Weilchen länger anzusehen.

Fazit:

Ein erfrischend anderes Buch über Meerjungfrauen erwartet uns mit Hilke Rosenbooms neuestem Werk, das sich dieses Mal ganz klar an Mädchen richtet. Die wahrhaft turbulente und einfallsreiche Geschichte über die - bisher wohl ziemlich unbekannten - Eigenheiten der Meerjungfrauen, zeigt viel Sinn für Humor und Situationskomik. So ist es wieder die Leichtigkeit, die Hilke Rosenboom auf ihre gewohnt geschickte Weise nutzt, um ein echtes Problem wie ganz von selbst zu lösen.

Stefanie Eckmann-Schmechta

Melissa und die Meerjungfrau

Hilke Rosenboom, Carlsen

Melissa und die Meerjungfrau

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