Nicht okay ist auch okay

  • Loewe
  • Erschienen: November 2021
  • 0

übersetzt von Bea Reiter; Broschur, 64 Seiten

ISBN: 9783743212749

Wertung wird geladen
Claudia Goldammer
87%1001

Kinderbuch-Couch Rezension vonFeb 2022

Idee

Ein erster, sachlicher und gut verständlicher Ratgeber und Leitfaden zum Thema mentale Gesundheit und psychische Probleme.

Bilder

Pastellig und lebensfroh erscheinen die Illustrationen zunächst nicht zum Thema des Buches zu passen, vermitteln jedoch Hoffnung und Zuversicht.

Text

Die Erläuterungstexte, Hinweise und Tipps sind gut verständlich geschrieben, sachlich und wertungsfrei.

Sich und die eigenen Gefühle annehmen

Hand aufs Herz: wer möchte auf die Frage „Wie geht’s dir?“ wirklich eine ehrliche Antwort hören? Haben wir nicht selbst alle genug mit uns herumzuschleppen und keinen Nerv für die Sorgen und Nöte anderer Menschen? Sind wir zu gut erzogen, um die standardmäßige Frage nach dem Wohlbefinden einfach nicht mehr zu stellen, was manchmal ehrlicher wäre? Und übernehmen wir diese Erwartungshaltung nicht automatisch in unsere eigene Antwort, sollten wir gefragt werden, wie es uns geht?

Die ungeschriebenen Regeln des Umgangs machen das Leben also nicht unbedingt unkompliziert. Wie erfrischend sind im Gegensatz dazu Kinder, die häufig noch ganz unbeschwert einfach sagen, was sie denken oder fühlen. Aber ist das wirklich so? Oder nehmen Kinder nicht viel zu früh die Verhaltensregel an und suggerieren, dass es ihnen gut geht, dass alles okay ist, auch, wenn es nicht der Fall sein sollte? Dass jemand nicht „funktioniert“, sich nicht wohl fühlt, körperlich okay ist, aber mentale Probleme hat, wird schon bei erwachsenen Personen häufig als störend und lästig empfunden. Bei Kindern ist es noch viel weniger Thema, obwohl es viele Kinder gibt, die psychische Probleme haben, sei es durch sie ärgernde Kinder, Druck in der Schule oder einschneidende Erlebnisse. Doch Kinder sind mit ihren Gefühlen und mit dem Gefühl, anders zu sein, noch viel mehr allein gelassen, da ihnen das Wissen und die Erfahrung fehlen, die bei der Einordnung helfen können.

Kein Problem ist ungewöhnlich

Dr. Tina Rae hat daher mit Nicht okay ist auch okay zweierlei geschaffen. Zum einen macht dieses Buch all denen, die sich eben „nicht okay“ fühlen Mut, dieses Gefühl zu äußern und es als Teil ihres Lebens anzunehmen. Sie benennt verschiedene Auslöser, die zu dieser Einschätzung der eigenen Situation führen können: Krankheit, Stress, Angst und Sorgen und führt vor Augen, welche Krankheitsbilder sich daraus entwickeln können. Tina Rae ermutigt dazu, sich den Gefühlen und den Auslösern zu stellen, sie zu thematisieren, sie zu hinterfragen und aktiv damit umzugehen. Sehr verständlich beschreibt sie, welche Denkprozesse zu diesem oder jenem Gefühl führen können und erläutert, wie schnell negative Gedankenspiralen entstehen.

Um Kindern aber nicht nur Verständnis zu ermöglichen, sondern ihnen auch einen Werkzeugkasten zur Hilfe an die Hand zu geben, gibt sie zum anderen viele Ratschläge, Hinweise und Tipps, die dabei helfen können, sich besser zu fühlen oder aus negativen Gedankenstrudeln herauszukommen. Welche Möglichkeiten gibt es denn eigentlich, um Stress zu vermeiden oder sich auf Schönes zu besinnen? Sie beschreibt beispielsweise, wie wichtig es ist, sich eine Auszeit zu nehmen (und wenn es nur eine in Ruhe getrunkene Tasse Tee ist), und das solche „Kleinigkeiten“ helfen, die eigene Widerstandsfähigkeit zu stärken.

Orientierung, Rat, Tipps

Tina Rae gelingt es, diese emotionalen Themen wertungsfrei und sachlich zu beschreiben. Ihre Erläuterungstexte sind gut verständlich und erklären Zusammenhänge nachvollziehbar. Da der Untertitel „Eine Anleitung zum Wohlbefinden“ lautet, überwiegen die Textpassagen, in denen Kinder zum Reflektieren, Überlegen und Umsetzen aufgefordert werden, allerdings eingebettet in eine kurze vorangestellte Beschreibung des Gefühls oder Zustands. Auch häufig auftretende Krankheitsbilder wie Essstörungen, ADHS oder Depressionen werden anschaulich erklärt. Das Buch erhebt dabei keinen Anspruch auf alleinige Beratung, aber es unterstützt und ermutigt, die eigene Situation anzunehmen.

Die bunten, pastelligen Illustrationen von Jessica Smith stehen vermeintlich in einem unpassenden Gegensatz zum Thema das Buchs, strahlen aber vor allem die Lebensfreude aus, die jedem Kind zu wünschen ist. Dieser Spagat überzeugt allerdings nicht immer, teilweise wirken die Farben zu aufgesetzt. Grundsätzlich lockern die Zeichnungen die doppelseitigen Ausführungen auf, strukturieren die verschiedenen Themen und illustrieren punktuell das Beschriebene.

Für Eltern und Erzieher*innen bietet eine Doppelseite am Ende des Buchs einige Hinweise und Tipps, wie Kinder mit psychischen Krankheiten unterstützt werden können. Zudem gibt es einen Überblick über wichtige Beratungsstellen.

Fazit

Natürlich ist nicht okay auch okay. Wer Zweifel daran hat, dem ist dieses Buch ein guter erster Ratgeber und Leitfaden. Es ermuntert und bestärkt und bietet eine hervorragende erste Orientierung für alle, die sich unsicher sind, ob sie „okay“ sind.

Nicht okay ist auch okay

Tina Rae, Loewe

Nicht okay ist auch okay

Ähnliche Bücher:

Deine Meinung zu »Nicht okay ist auch okay«

Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!

Letzte Kommentare:
Loading
Loading
Letzte Kommentare:
Loading
Loading

Lesen und Hören
mit System

Lesestifte und Audiosysteme für Kinder.
Der große Test.

mehr erfahren