Wildesland

Eigentlich sollen Urlaube entspannend sein und Spaß machen. Doch Matthis macht irgendwie alles falsch. Er stellt zu oft dieselbe Frage, er macht störende Geräusche, er ärgert seinen Bruder und dann darf er noch nicht einmal mit seiner selbstgebauten Schleuder Schilder und Autos abschießen. Mama und Papa sind gereizt, genervt und schmeißen ihn zu guter Letzt aus dem Auto und lassen ihn die letzten Meter zum Ferienhaus alleine laufen. Zum Glück begleitet ihn Familienhündin Tara, sonst würde er vielleicht ganz woanders hin gehen. Aus Wut.

Doch seine Eltern und Bruder verunfallen auf dem weiteren Weg und Matthis flüchtet mit Tara im Wechselbad der Gefühle in den angrenzenden Wald.

„Der Wald wurde ihm immer vertrauter. Er gab ihm Schutz und half ihm, ruhiger zu werden. […] Er musste keine Fragen beantworten, keine Vorwürfe hören, sich nicht rechtfertigen. Er musste sich nicht benehmen und alles richtig machen. Er konnte einfach so sein, wie er war, einfach nur Matthis.”

Im fast endlosen Wald sind Matthis und Tara zunächst auf sich allein gestellt. Sie ernähren sich von Beeren und Matthis verfeinert seine Unterschlupfbauweise. Als ein geheimnisvolles Mädchen auftaucht, erweitert sich das Nahrungsangebot um Fisch und Fleisch und Jule gibt ihm wertvolle Überlebenstipps. Doch so plötzlich wie Jule auftaucht, ist sie meist auch wieder weg.

Gemeinsam gehen die beiden auf Streifzüge und genießen den Sommer ihres Lebens … im Hinterkopf sind natürlich immer die Eltern und Matthis Scham und Zorn.

Abenteuer in der Natur Norwegens

Matthis Verhalten ist Familien nicht unbekannt. Unbedachtes Verhalten, Grenzen austesten und offene Rebellion gegen Regeln kennt jeder, der mit angehenden Teenagern zu tun hat. Wenn die Nerven dann schon arg strapaziert sind, können auch Eltern manchmal über die Stränge schlagen. Matthis fühlt sich eingeengt und, gepaart mit dem Trauma des erlebten Unfalls, verschwindet er von der Bildfläche. Natürlich macht er sich Sorgen um seine Familie, er blieb so lange, bis der von ihm herbeigerufene Krankenwagen mit den Verletzten gen Krankenhaus verschwand, aber der Mix aus Schuldgefühlen und die Aussicht auf „endlich Freiheit“ treiben ihn immer weiter in den Wald. Tara, die Familienhündin, bleibt immer an seiner Seite und sorgt für Wärme und Trost. Es beginnen Tage voller Selbsterfahrung, Erfindungsreichtum und Unbeschwertheit. Als Jule auftaucht, wird das Ausbrechen aus dem Streitalltag zum echten Abenteuer, da gegen den Hunger und die Obdachlosigkeit gesorgt und jemand zum Genießen da ist, jemand, der Matthis nicht kennt und völlig unvoreingenommen mit ihm umgeht.

Diese Abenteuergeschichte ist recht realistisch gelungen. Zum einen sind die Beziehungen facettenreich und gut verständlich und auch die Zeit im Wald ist größtenteils frei von romantischer Freiheitsverklärung. Matthis verarbeitet hier aktiv sein Verhalten und den Streit innerhalb der Familie und benötigt diese Zeit alleine, um über seinen eigenen Schatten zu springen und sich seinen Ängsten zu stellen.

Jule hat ihre eigene Geschichte, die sie tun lässt, was sie tut. Auch hier liegt der Grund im Familienleben und den unterschiedlichen Ideen, wie ein solches auszusehen hat.

Diese besondere Mischung aus kindlicher Freiheit, den abenteuerlichen Erlebnissen in der norwegischen Wildnis mit diesen bekannten Streitigkeiten und Meinungsverschiedenheiten macht dieses Kinderbuch zu einem, welches sicher zum Nachdenken anregt und trotzdem sehr spannungsreich ist.

Fazit

Wildesland ist ein realistisch-abenteuerliches Kinderbuch über die alltäglichen Probleme des Familienlebens gepaart mit dem Traum einer wilden Freiheit. Spannend und flott erzählt, ist es ein aufregendes und nachhallendes Leseerlebnis.