Gespenster im Mondscheinhotel

Gespenster im Mondscheinhotel
Gespenster im Mondscheinhotel
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Kinderbuch Couch
80%1001

Kinderbuch-Couch Rezension vonJan 2007

Idee

Die Idee ist durchweg sympathisch umgesetzt und durchaus „ausbaufähig“, die Charaktere ebenso.

Bilder

witzige s/w Strichzeichnung mit eigenem Charakter, der wunderbar in die Welt des Mondscheinhotels passt – als dramaturgische Unterstützung sehr ansprechend.

Text

Die Sprache macht Kindern Spass: Sie ist lebendig, leicht und zeichnet sich vor allen Dingen mit viel Liebe zum Detail aus.

Die beiden Gespenster aus viktorianischer Zeit finden ihr Dasein auf Schloss Heilbutt mehr als öde. Alexander, der einstige Küchenjunge und sein Großvater, der ehemals ehrwüdige Diener des Hauses, geistern nun schon seit 150 Jahren in dem alten Gemäuer herum und haben jede Energie verloren, um miteinander Gespräche zu führen, geschweige denn Gäste zu erschrecken. Doch dann kommt überraschend eine attraktive Gespensterdame aus den 1970er Jahren daher, die ihnen mitteilt, ";Opa" habe eine Reise gewonnen - und zwar in das ";Mondscheinhotel - Dr. Jempson´s berühmtes Hotel für Gespenster". Na, wenn das nicht eine gute Nachricht ist für ein urlaubsreifes Nachtgespenst ist...

Mit einer ziemlich rasanten Geisterkutsche machen sich ";Mr. Trethowen" und sein Enkel Alexander auf den Weg zu dem berühmten Hotel. Nach einer, gelinde gesagt, turbulenten Anreise checken sie schließlich im Gespensterhotel ein, wo sie bereits von besagtem Dr. Jempson persönlich in Empfang genommen werden. Dr. Jempson, der scheinbar aus 1.001 Nacht entstammt, schaut ziemlich ungnädig unter seinem Turban hervor, als er entdecken muss, dass Mr. Trethowen als Begleitung ein Kind mitgebracht hat - denn die sind im Mondscheinhotel verboten, auch wenn sie schon seit 150 Jahren umhergeistern. Alexanders´ Bewegungsradius im Hotel ist ziemlich beschränkt.

Alexander findet es zunächst auch unter den anderen erwachsenen Gespenstern, die aus allen, nur erdenklichen Zeitepochen stammen, ziemlich langweilig. Deshalb sieht er sich auch erst einmal genau um, als die anderen Gespenster schlafen - bei Tage, versteht sich. Bei Tag wird das Hotel von Menschen bewohnt. Bei Nacht ";gehört" es ganz den Geistern, die sich, ganz wie die menschlichen Urlaubsgäste, im Speisesaal zum Essen treffen oder das Bad im Swimming-Pool genießen. Dann aber wird es für Alexander interessant: Erst macht er die Bekanntschaft mit einer echten Kriegerin namens Wildegard, die zum ";Security-Service" vom Monschein-Hotel gehört, dann trifft ein ";Menschen-Mädchen" names Claire im Hotel ein, das genau in seinem Alter zu sein scheint. Während Alexander die Nähe zu dem Mädchen sucht und allerhand Schabernack mit ihr, ihrer Großmutter und anderen Gästen treibt, stellt er fest, dass Claire ihn überraschenderweise sehen kann. Vollkommen perplex befragt er die antike Kriegerin Wildegard, die in ihrem jahrtausendalten Gespensterleben schon so einiges erlebt hat. Sie erklärt ihm, dass es Menschen gibt, die Geister sehen können, sogar wenn diese ihnen gar nicht erscheinen wollen. Diese menschliche Person nenne man dann ein ";Medium". Und sie weiß auch, dass der Geist, der von dem ";Medium" als erster wahrgenommen wird, durch den Kontakt selbst wieder ein wenig menschlicher werden kann.

Schließlich gibt es bei Alexander kein Halten mehr - so gerne möchte er wieder mit einem Kind Freundschaft schließen, dass er eines Nachts versucht, mit Claire Kontakt aufzunehmen. Und tatsächlich: Claire kann ihn nicht nur sehen, sondern sie kann sich auch mit ihm unterhalten. Eine erste zarte Freundschaft unter Kindern entsteht, die aber ein wenig ins Wanken gerät, als Claire all die anderen Geister im Speisesaal sehen muss, die ihr erstmal einen gehörigen Schrecken einjagen.

Auch Wildegard fasst Vertrauen zu dem aufgeschlossenen Jungen und zeigt ihm ihre jahrtausendalte Grabkammer, angefüllt mit Schätzen aus dem römischen Reich. Ihr ganzer Stolz. Und wie der Zufall es so will, beobachtet Alexander ausgerechnet die zwei unsympatischsten Hotelgäste unter den Menschen, wie sie Diebesgut im Garten des Hotels verstecken. Es ist ausgerechnet Wildegards großer Schatz! Die antike Besitzerin ist, nachdem Alexander sie nach langem Suchen ausfindig machen konnte, ganz nach Art einer echten Kriegerin außer sich und sinnt nach Rache.

Eine wilde Verfolgungsjagd beginnt, die in einem Reisebus voller Gespenster, einem automobilbegeisterten ";Geisterfahrer" und einem Menschenkind ihren Höhepunkt findet. Ein Riesenspass für alle Gespenster und ein großes Abenteuer für Alexander und seine Freundin Claire...

Humorvoll und beschwingt führt uns der Autor Richard Hamilton in die eigenwillige Gesellschaft der Gespenster ein. Dabei präsentiert er uns so manche Neuigkeit, wie zum Beispiel die Tatsache, dass Gespenster durchaus essen - aber eben nichts schmecken können. Dabei geben sie sich alle Mühe, diesen Zustand für einen kurzen Moment durch reine Konzentration umzukehren. Schließlich hängt vieles in der Geisterwelt von dem mentalen Vermögen des Gespenstes ab. So auch die Fähigkeit, den Menschen erscheinen zu können - ein Unterfangen, das dem Geistwesen höchste Konzentration und sehr viel Energie abverlangt. Eine logische Erklärung also, warum wir eher selten einen Geist zu Gesicht zu bekommen. Doch nach dem, was uns Richard Hamilton über die Friedfertigkeit und Zurückgezogenheit der Geister berichtet, sollte es uns auch nicht weiter beunruhigen, wenn es denn anders wäre. Mit dieser Leichtigkeit erfindet Hamilton noch so manchen kleinen ";Nebenschauplatz" der Geisterwelt, den er folgerichtig und unterhaltsam beschreibt.

Seine Gespenster wirken daher eher interressant bis skurril, wie zum Beispiel der Clown, dem seine langen Schuhe immer im Weg sind oder die kohlschwarzen Grubernarbeiter mit ihren Grubenlichtern auf den Helmen. An diesem Punkt sind wir auch schon bei den verschiedenen Todesarten angelangt, die jedem Gespenst buchstäblich auf den Leib geschrieben ist. Bei einigen der Gesellen längst vergangener Tage ist dies auch das Gruseligste, was dieses Buch zu bieten hat. Ein Speer, der noch im Auge steckt, eine Lanze, die, durch den Leib getrieben, dem armen Geist stets im Wege ist, oder, in der harmlosen Variante, das klassische Nachthemd - bei dem man hoffen darf, dass dieser Mensch friedlich im Bett das Zeitliche gesegnet hat.

Doch eher gemächlich beginnt Richard Hamilton seinen Kinderroman in der Schilderung der beschaulichen Lebenssituation der beiden Gespenster auf Schloss Heilbutt. Auch als sie im Hotel angekommen sind, erwartet die Leser nichts wirklich Überraschendes oder Unerwartetes. Das ändert sich, als Hamilton seine Hauptdarsteller vorgestellt hat und die Fäden, die er ja allesamt nicht rein zufällig fallenlassen hat, aufnimmt, um nun die eigentliche Geschichte zu erzählen und das gelingt ihm ziemlich rasant und mit einigen guten Einfällen. Die Idee an sich, Gespenster Urlaub machen zu lassen, ist dabei durchaus sympathisch und ";ausbaufähig". Zudem lässt er dadurch seine urlaubsreife Geisterwelt - ganz nach dem Vorbild des wohl berühmtesten Gespenstes ";HuiBuh" - umso menschlicher auftreteten.

Die Sprache, aus dem Englischen übersetzt von Monika Schmalz, macht Kindern Spass: Sie ist lebendig, leicht und zeichnet sich vor allen Dingen mit viel Liebe zum Detail aus.

Passend dazu wird die Geschichte von einer Vielzahl von schlichten s/w Illustrationen begleitet, die zum einen klassischerweise die dargestellten Situationen wiedergeben aber stellenweise auch dramaturgisch in die Geschichte verwoben sind. Die Illustrationen sind dann Teil des Inhalts und haben damit den besonderen Effekt, dass das Buch unmittelbarer und lebendiger auf die Kinder wirkt. So finden wir bei der Aufzählung der Vorzüge und Vorschriften des Hotels eine Reihe von Schildern und Piktogrammen, die so auch als blinkende Leuchtreklame vor dem Hotel hängen: ";Mondscheinschwimmen", ";Spuken zum Spass willkommen", ";Schleimbäder", ";Jeden Abend Leichenshow" oder etwa ";Kalttümpel-Behandlungen". Doch ein Totenschädel mahnt die Hotelgäste: ";Köpfe tragen!" und auf der Abbildung eines Lakenumhüllten Gespenstes finden wir: ";Schreckliches Benehmen verboten!".

Fazit:

Liebenswerter Grusel aus dem ";angesagtesten" Hotel der Gespenster. Richard Hamilton erzählt ein humorvolles Spukabenteuer mit sympathischen Hauptdarstellern, die in ihrer nur allzu menschlichen Art ihrem gespenstischen Dasein ein wenig entkommen möchten. Die Bösen sind hier eindeutig die Bösen und die Guten, schräg wie sie manchmal sind, enttäuschen ihre Leser ganz sicher nicht.

Stefanie Eckmann-Schmechta


Gespenster im Mondscheinhotel

Richard Hamilton, Bloomsbury

Gespenster im Mondscheinhotel

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