Was weinst du denn so viel, kleines Krokodil?

  • Carlsen
  • Erschienen: Juni 2023
  • 1

Illustrationen von Lisa Rammensee; Pappbilderbuch, 26 Seiten

ISBN: 9783551170064

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Kathrin Walther
95%1001

Kinderbuch-Couch Rezension vonAug 2023

Idee

Eine tolle Idee, in der Weinen bei Kindern aus einem sensiblen Blickwinkel betrachtet wird und erklärt, warum Tränen manchmal wichtig und richtig sind.

Bilder

Tolle Reime, ansprechender und einfühlsamer Text.

Text

Niedliche und kindgerechte Bilder, die den Text passend ergänzen.

Für Tränen gibt es viele Gründe, bei denen vor allem Verständnis und Begleitung sowohl kleinen Krokodilen als auch Kindern helfen

Juli weint oft. Wenn das kleine Krokodil Geburtstag hat und sich freut, wenn es ein tolles Buch anschaut oder auch wenn es ganz viel Spaß dabei hat, sich von Kopf bis Schwanzspitze in Klopapier zu wickeln. Auch im Kindergarten kullern schnell die Tränen, beispielsweise wenn es aufgegessen hat und aufstehen will, aber noch warten muss, bis die anderen Kinder auch fertig sind. Auch kleine Missgeschicke sind für Juli ein Grund zum Weinen. Als das kleine Krokodil versehentlich in großer Eile mit dem Schwanz am Handtuch hängen bleibt und dieses im Klo landet, sind die Tränen nicht mehr zu stoppen. Sind andere Tiere dabei, ist es oft noch schlimmer. Will Juli eigentlich selbst den Fisch am Fischstand aussuchen und bezahlen, versteckt er sich dann doch lieber hinter seinem Papa, als er dran ist und auch als ihm Tilly auf dem Spielplatz die Schaufel wegnimmt, fließen die Tränen und Juli sitzt weinend im Sand. Selbst wenn anderen ein Missgeschick passiert, so wie Frau Nilpferd, der ihr ganzer Einkauf auf den Boden fällt, muss Juli direkt vor lauter Mitleid weinen. Auch zuhause gibt es viele Anlässe. Als Juli den Saft verschüttet und Papa daraufhin selbst einschütten will, als sein Lieblingshemd nicht mehr passt oder auch wenn er abends ins Bett soll, aber noch spielen will.

Als die anderen Erwachsenen immer mehr an Juli verzweifeln und beginnen, sich Sorgen um das kleine Krokodil zu machen, geht Papa Krokodil schließlich mit ihm zum alten Haifisch, der viel Wissen über Kindererziehung mitzuteilen hat und seiner Meinung nach direkt die Ursache für Julis Weinen erkennt: Juli möchte Aufmerksamkeit, auf die sich sein Papa bloß nicht einlassen darf, will er, dass endlich Ruhe herrscht. Ob Papa Krokodil dem Rat des alten Haifischs wohl folgen wird und sich das „Problem“ dann endlich lösen lässt?

Für Tränen gibt es viele Gründe

„Kleine Kinder weinen nur zum Schein – das liegt in der Natur […] Lasst euch bloß nicht darauf ein, dann wird hier ganz bald Ruhe sein.“ Diese „weisen“ Worte erhält Papa Krokodil vom alten Haifisch, dessen Auffassung leider auch noch in vielen Köpfen verankert ist, schließlich sind viele Erwachsene selbst mit dieser „Methode“ groß geworden und wenden sie unreflektiert weiter an. Zum Glück gehört Papa Krokodil nicht zu diesen Erwachsenen, nimmt sein kleines Krokodil auf den Arm, geht mit ihm nach Hause und gibt ihm ein sicheres Kuschelnest, in dem es aufgefangen wird und sein darf, wie es ist und das Verständnis und den Halt bekommt, den es braucht.

Bereits durch ihre bindungsorientierten Familienratgeber zeigt Nora Imlau, wie ein respektvoller und wertschätzender Umgang mit Kindern auch in herausfordernden Situationen gelingen kann und wie Kinder gut beim Großwerden begleitet werden können. Stand in ihrem Kinderbuch „Und was fühlst du, Känguru?“ das emotionsstarke Känguru Quirin im Vordergrund, das oft nicht wusste, wie es mit seinen starken Gefühlen umgehen soll, geht es in „Was weinst du denn so viel, kleines Krokodil?“ um das feinfühlige Krokodil Juli, welches sensibel mit Weinen auf alles reagiert, was ihm zu viel wird, egal ob es sich dabei um Freude, Mitleid, Traurigkeit, Spaß oder andere Emotionen handelt. Ein Verhalten, dass von vielen Erwachsenen oft fehlgedeutet wird, woraufhin auch die Reaktionen auf das Weinen kontraproduktiv ausfallen und sich die Kinder nicht nur hilflos ihren Gefühlen gegenüber, sondern auch noch unverstanden und falsch fühlen, wenn sie ständig widergespiegelt bekommen, dass sie endlich aufhören sollen zu weinen, da es schließlich keinen Grund gäbe.

Anhand von Quirin und Juli zeigt sie Kindern ab zwei Jahren, dass es nicht nur ihnen so geht, nicht nur bei ihnen Wut und Freude oft zu explodieren scheinen oder die Tränen direkt anfangen zu fließen. Juli, der (oder die) sowohl männlich als auch weiblich sein kann, bietet dazu viele Identifikationsmöglichkeiten. Die alltagsnahen Szenen kennt wahrscheinlich jedes Kind so oder so ähnlich und kann nachempfinden, wie sich Juli fühlt. Durch die gut und flüssig lesbaren Reime, die sich einprägen und besonders kleine Kinder ansprechen, macht es Spaß, der Geschichte zu folgen. Auch die Bilder sind gut gelungen und veranschaulichen den Text passend. Schon jungen Kindern gelingt es dadurch leicht zu erkennen, wie es Juli geht und können mit dem kleinen Krokodil mitfühlen und in die Geschichte eintauchen. Im Nachwort richtet sich Nora Imlau noch einmal direkt an die Erwachsenen und erklärt, welche Funktion das Weinen hat. Zwei Sätze, warum ein Kind weint, bringen es dabei passend auf den Punkt: „[Es macht] kein Drama, wenn es weint. Es erlebt ein Drama!“ Eine Haltung, mit der Kindern, bei denen die Tränen fließen, am besten begegnet werden kann!

Fazit

Ein gelungenes und einfühlsames Buch für kleine und größere Kinder, die durch Juli Krokodil gezeigt bekommen, dass nicht nur bei ihnen schnell die Tränen fließen und Weinen in vielen Situationen ganz normal, wichtig und auch richtig ist!

Was weinst du denn so viel, kleines Krokodil?

Nora Imlau, Carlsen

Was weinst du denn so viel, kleines Krokodil?

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