August und die Welt dahinter

August und die Welt dahinter
August und die Welt dahinter
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Kinderbuch Couch
83%1001

Kinderbuch-Couch Rezension vonApr 2007

Idee

Ein dichtes, tiefgründiges und zugleich spannend-humorvolles Märchen über die Angst vor dem Alleinsein.

Bilder

Schlichte, flächige s/w- Zeichnungen . Sie sind sympathische und abwechslungsreiche Begleiter, die neugierig machen.

Text

Die Sprache ist lebendig, humorvoll, orientiert sich sehr gut an die Zielgruppe; sie ist aber auch stimmungsvoll und tiefgründig genug, um ein intensives Leseerlebnis zu gewährleisten.

August sucht seinen Freund Theodor Menander in dem Land der vergessenen Dinge; August weiss, dass sein Freund nicht dort hingehört - er hat ihn schließlich nicht vergessen. Und so wagt August mit seinem Freund Omar ein Abenteuer, bei dem auch die beiden Jungen in Vergessenheit zu geraten drohen...

Der ";kleine" Omar mit den vielen verrückten Ideen tut verschwörerisch, als er August eines Morgens in der Kita beiseite nimmt. Er teilt August mit, dass dessen bester Freund - Theodor Menander - verschwunden sei. Alles scheint sehr mysteriös, denn Theodor Menanders Sachen sind alle noch da, als wäre der Junge am Vortag gar nicht nach Hause gegangen. Als selbst die Leiterin der Kita sich gar nicht zu erinnern scheint, wer Theodor Menander überhaupt ist, entschliessen sich die beiden Jungen kurzerhand über Nacht in der Kita zu bleiben, um so dem Geheimnis auf die Spur zu kommen. Durch die Besenkammer geraten sie in die vollkommene Finsternis und als sie das Rätsel des Rätselmonsters beantworten können, lässt es sie - entgegen der Bestimmungen - in das Land der vergessenen Dinge, in das auch Menschen geraten können, wenn alle Welt sie vergessen hat.

Auf ihrer Suche nach Theodor Menander fangen sie ";dorschdoofe Fische" und entdecken Berge von Schlüsseln, Fahrrädern, Socken oder anderen üblichen aber auch unglaublichen Gegenständen, die mal vergessen werden können. Als Omar Augusts vermisste Spider-Man Figur inmitten des Flusses entdeckt, will er das Spielzeug für seinen Freund holen, doch er ertrinkt fast bei dem Versuch und August kann ihn mit letzer Kraft noch retten. Doch als Omar wieder zu sich kommt, merkt August, dass sein kleiner Freund irgendwie nicht mehr der Alte ist. Omar hat alles vergessen - auch wer er selbst ist. Da erinnert sich August an die Mahnung des Rätselmonsters, nur nicht von dem Flusswasser zu trinken. Vollkommen niedergeschlagen nimmt August seinen ebenso sorg- wie identitätslosen Freund an die Hand und geht weiter auf der Suche nach dem Palast des Herrschers des Landes, des Fortherrschers. Sie haben aber großen Hunger und suchen einen Platz, um vor den Vergisslingen - Brotdosen mit skorpionartigen Körpern - in dieser Nacht sicher zu sein. Schließlich finden sie in ";Onkel Alfred", der sich in der Welt der vergessenen Dinge gut auskennt, eine echte Hilfe und können noch einmal den bösen Heschern des Fortherrschers, den bösen Traum-Kommoden, entkommen. Doch der Weg zum Palast , wo Theodor Menander gefangen gehalten wird, ist noch weit. Kann Omar seinem Freund August mit seinen verrückten Einfällen vielleicht doch noch weiterhelfen?

Erik Barfoed hat mit ";August und die Welt dahinter" eine eigene und tiefgründige Welt erschaffen, die trotz der humorvollen Erzählweise nachdenklich stimmt. So ist es doch eine tieftraurige Tatsache, dass die Eltern von Theodor-Menander - obschon sein Name so gewichtig klingt - schlichtweg vergessen haben, ihn aus der Kita abzuholen. Ein sehr angstbesetztes Thema für alle Kinder. Doch mit einer gewissen kindlichen Unbefangenheit wagen die beiden Jungen ein Abenteuer, bei dem es ihnen schon bald mulmiger zumute ist, als sie zuvor gedacht hatten. Sehr geschickt spielt Erik Barfoed mit den der Angst und dem ahnungsvollen Blick um die Ecke, hinter die Tür oder unter das Bett - oder wo auch immer die Gefahr lauern mag. Dabei steht zunächst der Nervenkitzel und der Spass an den manchmal urkomischen Dialogen im Vordergrund. Erst im Verlauf der Geschichte, als August auch seinen Freund Omar an das Vergessen verliert, gewinnt die Geschichte langsam an Tiefe und erhält eine gewisse Schwere. Als August sich schließlich klar wird, dass auch seine Mutter ihn vergessen hat, muss er sich mit seiner Angst vor dem Alleinsein auseinandersetzen. Er weiss, wie wichtig er nun für seine Freunde ist und lehnt den allzu leichten Ausweg, nämlich selbst zu vergessen, ab. Dass die Jungen bei ihrem Abenteuer lernen, zu ihren Gefühlen zu stehen, wird am Ende klar und sie beweisen auch ihrem dritten Freund im Bunde, dass gerade Freunde das können.

Erik Barfoed spielt noch mit einer ganzen Reihe von Ängsten wie dem Krokodil unter dem Bett, das einen in der Nacht schnappen will, die spinnenartigen Vergisslinge, die an ihrem Körpern und ihrer Kleidung herumkrabbeln oder die polternden Kommoden ... auch das Wissen darum, dass der Fortherrscher Menschen zum Fressen gern hat, tragen das ihrige dazu bei, dass die Stimmung stests spannungsgeladen ist. Richtig gruselig wird es noch dazu in der ";Kummerebene", wo die vergessenen Toten die Jungen bedrängen, sie nicht mehr gehen lassen wollen, denn sie verlangen nach einem Namen und nach jemanden, der sich an sie erinnert. Die Szenerie ist wahrlich gespenstisch und stellt wohl die bedrückendste Station von Augusts und Omars Reise dar.

Der unbeschwerte, jungenhafte Unterton von Erik Barfoeds Sprache macht es laber leicht, sich mit den Gefahren, Ängsten und Verlusten zu versöhnen. Dabei ist es durch und durch eine Geschichte für Jungs. Und die werden den hier präsentierten Humor auch wohl am meisten zu schätzen wissen. Das ";Glop" derjenigen, die aus dem Fluss des Vergessens getrunken haben, ihre ulkige Darstellung, wie sie mit runden, ausdruckslosen Augen und schiefgelegtem Kopf auf ihre Umwelt reeagieren - noch dazu wenn diese so genervt ist, wie August - ist fast filmreif . Wenn Omar in seinem seeligen, buchstäblich selbstvergessenen Zustand auch noch ein Rülps-Konzert von sich gibt, das August wiederum einfach nur eklig findet, dann sind die derben Lacher auf Seiten der Leserschaft garantiert. Gewürzt mit einer durchweg kämpferischen und spannenden Geschichte voller Gefühl und Tapferkeit, ist das Buch einfach fesselnd.

Fazit:

Ein modernes Märchen nicht nur, aber vor allen Dingen, für Jungen. Wie sein weibliches ";Pendant" bei ";Alice im Wunderland" gerät August in eine beängstigende und fremde Welt mit eigenen Gesetzen. Ein durchweg spannendes und zugleich humorvolles Buch, das die Ängste seiner jungen Leser nur zu gut kennt und sie einen Blick ";dahinter" werfen lässt.

Stefanie Eckmann-Schmechta


August und die Welt dahinter

Erik Barfoed, Fischer Schatzinsel

August und die Welt dahinter

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