Zu Hause ist es am schönsten, sagte die linke Hand und hielt sich an der Heizung fest

  • Hanser
  • Erschienen: Januar 2025
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Illustrationen von Mehrdad Zaeri; Hardcover, 48 Seiten

ISBN: 9783446282605

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Claudia Goldammer
95%1001

Kinderbuch-Couch Rezension vonApr 2025

Idee

Ein Mensch möchte verreisen, aber ein Körperteil will das um jeden Preis verhindern, doch der Mensch gibt nicht auf.

Bilder

Die Illustrationen unterstützen den Text gekonnt und fangen die Besonderheit der Geschichte sehr gut ein.

Text

Rasant und witzig erzählte Geschichte, die die Stimmung des Erzählers sehr gut nachempfinden lässt.

Vollgepackt nach Afrika

Eine Person möchte verreisen. Nicht irgendwohin, sondern nach Afrika soll es gehen. Alle Körperteile freuen sich. Der Mund auf das Lachen der Gambier, die Ohren auf den Jazz in Addis Abeba und die Füße auf die Aufzüge in den Wolkenkratzern von Johannesburg. Wirklich alle Körperteile? Nein, denn die linke Hand will partout nicht verreisen. Wozu der Aufwand, wozu ins Ungewisse fahren, wenn es doch zu Hause so schön ist. Also hält sich die linke Hand kurzentschlossen an der Heizung fest. Und sie hält sich sehr, sehr fest. So fest, dass der Klempner kommen muss und die Heizung von der Wand schneidet.

Also sitzt die Person mit Heizung im Taxi zum Flughafen. Da permanentes Festhalten ganz schön anstrengend sein kann, lässt die linke Hand im Auto, als alle anderen Körperteile schlafen, die Heizung kurz los, allerdings nur, um sich anschließend an der Autotür festzukrallen. Doch auch jetzt gibt die Person nicht auf und steht schließlich mit Taxitür in der linken Hand im Flughafen. Doch hier ist guter Rat teuer, denn mit Taxitür ins Auto steigen? – das geht dann doch zu weit. Aber ine Sache gibt es, die die linke Hand überzeugt, mit nach Afrika zu kommen…

Fahren oder bleiben?

Manchmal ist es wirklich kurios. Wochenlang ist der langersehnte Urlaub am Horizont der einzige Lichtblick, doch dann setzt kurz vor Abfahrt die große Sehnsucht nach dem zu Hause ein. Die meisten von uns werden sich dennoch ins Auto, den Zug oder das Flugzeug setzen und ein paar schöne Tage in fremden Gefilden verbringen. Wer dieses Gefühl kennt, egal ob Groß oder Klein, findet künftig etwas (nicht ganz ernst gemeinte) Anregung und Unterstützung in der kurzen Geschichte von Navid Kermani. Für Kinder mag die witzige und skurrile Handlung der Grund sein, das Buch immer wieder in die Hand zu nehmen. Ältere Leser*innen werden wahrscheinlich eher den eigenen Erfahrungshorizont reflektieren und ggf. zukünftig gleich bei der Planung ein Heizungsrohr für die linke Hand einplanen...

Rasant bis nach Afrika

Sprachlich ist Kermani eine gut zu lesende Geschichte gelungen, die vor allem durch die Wiederholung ganzer Passagen lebt und darüber Witz und Spannung gleichzeitig erzeugt. So werden mehrfach nacheinander verschiedene Körperteile zu ihrer Meinung bezüglich der Reiseplanung befragt, was schon beim zweiten Mal einen erhöhten Identifikationsgrad erzeugt. Auch die Persönlichkeitsgebung der Körperteile trägt zum unterhaltsamen Witz der Geschichte bei und es ist amüsant, die Meinungen der Nase, des Bauches oder des Popo zu lesen.

Die Geschichte ist aus der Perspektive eines Ich-Erzählers geschrieben, der seine Leser*innen zudem direkt anspricht und ihnen, wenn auch rhetorische, Fragen stellt. Dadurch wirkt die ganze Erzählung sehr nah und unmittelbar, fast so als würde ein guter Freund eine lustige Geschichte erzählen.

Die rasante Geschichte (es muss schließlich ein Flugzeug erreicht werden!) wird herrlich durch die Illustrationen von Mehrdad Zaeri begleitet. Darin wird sowohl die Sturheit der linken Hand als auch der Zeitdruck und die Panik der erzählenden Person wunderbar überzeugend und witzig gezeigt.

„Zu Hause ist es am schönsten, sagte die linke Hand und hielt sich an der Heizung fest“ ist kein klassisches Kinderbuch, auch wenn es sich an Kinder richtet. Die Thematik bleibt den meisten Kindern vermutlich aufgrund ihres natürlichen Abenteuer- und Entdeckerdrangs verschlossen, trotzdem ist die Geschichte für sie aufgrund des Erzählwitzes und des Zusammenspiels mit den Illustrationen amüsant zu lesen. Das Schwanken zwischen dem Fremden und dem Vertrauten kurz vor Reisebeginn ist wahrscheinlich dennoch ein Gefühl, das eher ältere Leser*innen abholt.

Fazit

In den Urlaub fahren oder zu Hause bleiben – nicht immer ist nur die Meinung der linken Hand ausschlaggebend. Wem diese Situation jedoch bekannt vorkommt, der findet in der witzigen Geschichte allerhand Anregungen, wie die Reise doch noch gelingen kann.

Zu Hause ist es am schönsten, sagte die linke Hand und hielt sich an der Heizung fest

Navid Kermani, Hanser

Zu Hause ist es am schönsten, sagte die linke Hand und hielt sich an der Heizung fest

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