Mit inhaltlichen Schwächen und gestalterisch einem speziellen Stil
Der kleine Koala Nikoala hat ein großes Problem: Seine Hose ist weg! Dabei hatte er sie vorm Schwimmunterricht noch, doch weder auf der Bank, noch am Haken oder unter den Socken kann er sie in der Umkleide finden. Viel Zeit zum Suchen bleibt ihm auch nicht, denn der Bus zur Schule fährt gleich ab und alle seine Freunde warten schon auf ihn. Zum Glück findet er im Ständer noch einen grünen Schirm, den er vor seine rote Herzchen-Unterhose halten kann, denn mit ihr will er von seinen Freunden auf gar keinen Fall gesehen werden! Was würden sie sonst wohl von ihm denken? Im Bus setzt sich Niko, wie er von seinen Freunden genannt wird, ganz nach vorne, damit ja keiner einen Blick auf seine Unterhose werfen kann. An der Schule angekommen, kommt der Direktor dankbar auf ihn zu, da er seinen verloren geglaubten Schirm bei Niko entdeckt hat und nimmt ihm somit seinen Schutz. Zum Glück ist die nächste Bank nicht weit und der kleine Koala kann den Schulranzen so auf seinen Schoß legen, dass keiner seine Unterhose sehen kann. Unentdeckt schafft er es nach der Pause ins Klassenzimmer, doch an die Tafel geht er heute lieber nicht.
Endlich klingelt es zur Mittagspause, mit Schreibheft vorne und Superheldencomic hinten macht er sich auf den Weg und begegnet natürlich seinem Schwarm Pandanna. Doch als sie ihn bittet, ihm den Schokopudding von dem hohen Regal zu holen, muss er passen. Beleidigt wendet sich Pandanna an Nikos Antifreund Nashorst und macht sich mit ihm auf den Weg nach draußen. Dummerweise rutscht sie dort auf dem feuchten Laub aus und fällt in den Teich. Glücklicherweise ist Niko in der Nähe, denn Pandanna kann nicht schwimmen! Ob Niko über seinen Schatten springen und seine „Unterhosentarnung“ fallen lässt, um seinen Schwarm zu retten?
Eine Geschichte über Scham und den Mut, sie zu überwinden
Christine Naumann-Villemins Geschichte spricht ein Thema an, das wahrscheinlich die meisten Kinder kennen: Scham. Die Ursachen sind dabei oft ziemlich unterschiedlich. Bei manchen Kindern reicht es schon, wenn sie sich in der Schule melden und bei ihrer Antwort von allen angeschaut werden, andere Kinder haben eine deutlich höhere Schamschwelle und so schnell kann sie keiner in Verlegenheit bringen. Nikoalas Situation würde aber wahrscheinlich kaum jemand locker meistern, denn wenn die eigene Hose weg ist und man mit seiner uncoolen Unterhose aus der Kabine muss, ist das schon eine ganz schöne Herausforderung und es ist gut nachvollziehbar, dass Niko sich so einiges einfallen lässt, damit seine missliche Lage unentdeckt bleibt. Am Ende muss er sich jedoch entscheiden, hat er den Mut, seine Scham zu überwinden, um seinen Schwarm Pandanna zu retten, und zeigt er sich in seiner Unterhose oder versteckt er sich weiterhin und überlässt das Pandamädchen seinem Schicksal?
Hier liegt auch einer der Kritikpunkte. Das Buch richtet sich an Kinder ab 3 Jahren, was sowohl sprachlich von der Schwierigkeit der Sätze als auch vom Umfang des Textes her gut passt. Die Geschichte hingegen entspricht nur wenig der Lebenswelt junger Kindergartenkinder, die mit dem Thema Schule oft nur wenig anfangen können und beim Schwimmen für gewöhnlich von ihren Eltern begleitet werden, sodass es ihnen schwer fällt, sich in die Geschichte hineinversetzen. Auch die Wortwahl ist nicht immer passend, da das Thema „Schwarm“ in diesem Alter eher keine Rolle spielt und nicht gut in die Lebenswelt 3jähriger Kinder passt. Schade ist auch, dass sich Nikoala erst beweisen muss, um Pandanna zu beeindrucken, um sie für sich anstatt für Nashorst zu gewinnen, der dem typischen Schulhofschreck-Klischee entspricht.
Gestaltung
Die Bilder des Buches stammen von Quentin Gréban und erstrecken sich meist über die ganze Doppelseite und unterscheiden sich etwas im Stil von gängigen Kinderbüchern, die eher bunt und farbenfroh daherkommen und eher lustige oder niedliche Figuren zeigen. Zwar schließt man Nikoala mit seinen großen Kulleraugen schnell ins Herz, doch die anderen Figuren wirken teils etwas gedrungen und sprechen Kinder nicht immer an. Gut gelungen ist hingegen die Mimik der Tiere, in denen sich deren Gefühle deutlich widerspiegeln. Man kann direkt erkennen, wie groß die Scham Nikos nach dem Verlust der Hose ist oder wie gekränkt sich Pandanna fühlt, als Niko ihr nicht den Pudding aus dem Regal holt.
Fazit
Eine etwas altbackene Geschichte, die zwar ein Thema anspricht, das den meisten Kindern im Kindergartenalter bekannt ist, dies jedoch relativ unkreativ und nicht altersgerecht umsetzt. Die Illustrationen spiegeln die Emotionen der Figuren gut wider, haben jedoch einen recht „speziellen“ Stil, der nicht unbedingt jedem gefällt.

Christine Naumann-Villemin, Insel
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