Auch für Gruselneulinge: Dieses Erstlesebuch macht eindeutig Lust auf mehr
Drei Wochen auf der Nightmore-Academy reichen ihm: Fynn möchte dieses seltsame Internat sofort wieder verlassen. Schließlich war es niemals sein Wunsch gewesen, während eines Camping-Ausflugs von einem Werwolf gebissen zu werden. Fynn möchte einfach zurück in sein normales Leben, zu seiner Familie. Ein Alltag ohne brutale Blutball-Matches, gruselige Mitschülerinnen und Mitschüler oder eine Todesfee als Direktorin. Doch um von der Nightmore-Academy zu fliegen, braucht es ein bisschen mehr. Bislang ist es erst einer Schülerin gelungen. Und das war vor vierhundert Jahren. Ein Glück, dass diese Dämonin an die Schule zurückgekehrt ist und ihr Wissen mit Fynn teilen kann: Sinista soll ihm fortan bei seinem Fluchtversuch helfen.
Und sie hat auch schon eine Idee, bei der sich Fynn jedoch alle Nackenhaare aufstellen: Sinista möchte den gewaltigen Beithir aus seiner Höhle freilassen. Dann fliegt Fynn in jedem Fall von der Schule. Auge in Auge mit dem furchteinflößenden Drachen wird dieser allerdings etwas unsicher, ob das noch sein Plan ist…
Packende Story, skurrile Charaktere und witzige Dialoge
Zugegeben, ein so aufregendes Erstlesebuch wie dieses hier, hatte ich schon lange nicht mehr in der Hand. „Nightmore“ sticht aus dem etablierten Mainstream aus Einhorn-, Freundschafts- und Detektivgeschichten glücklicherweise heraus, indem es Spannung, Humor und Ironie auf packende Art und Weise miteinander verbindet. Klar ist: Wer dieses Buch lesen möchte, sollte eine gewisse Vorliebe für gruselige und fantastische Geschichten haben.
Fynn ist seit kurzem ein Werwolf. Allerdings gibt es da dieses Problem, das „Lupomorphomorbus“ heißt. Das bedeutet, dass er sich nicht vollständig in einen Menschen zurückverwandelt, nachdem er ein Wolf war. Seine Wolfsohren sowie der Wolfsschwanz bleiben. Schon allein deshalb kann er unter den normalen Menschen nicht mehr leben, denn diese dürfen nichts von der Existenz der übernatürlichen Wesen wissen.
Es erwarten einen blutrünstige Krokodile im Burggraben, eine Dämonenfreundin, die Menschen gerne zum Mittagessen verspeisen würde, und schaurige Mitschülerinnen und Mitschüler. Die durchgängigen schwarz-weiß Illustrationen von Philipp Ach untermalen die düstere Atmosphäre noch dazu. Ganz schön angsteinflößend, wenn es da nicht dieses gewisse Augenzwinkern zwischen den Zeilen gäbe. Manchmal sind es Wortneuschöpfungen wie „Nocties“ (Wesen der Nacht) und „Normies“ (Menschen), ungewöhnliche Schulfächer wie „Lügen“ oder interessante Dekorationen (Totenköpfe, Galgenstricke o.Ä.), die für ein Schmunzeln sorgen. Die Figurenzeichnungen, die an einen Manga erinnern, leben von ihrer sprechenden Mimik. Vor allem Fynn überzeugt als sympathischer Protagonist des Geschehens, den man einfach nur mögen kann.
Kreative Umsetzung
Bei diesem Erstlesebuch fallen die vereinfachte Wortwahl sowie die kürzeren Sätze auch für Erwachsene gar nicht besonders auf. Äußerst gelungen sind die witzigen Aussprachehilfen für englische Wörter. Eine erzählende Stimme schaltet sich hier immer wieder ein und hilft nicht nur bei der Artikulation von Edinburgh („Ädd-in-Börr-ah“) oder William Wallace („Will-Jäm Woll-Äss“), sondern kommentiert das Geschehen darüber hinaus auf humorvolle Weise. Ein Tipp zur Aussprache von Sinistas vollständigem Namen „Sinista Satania Dämonia“ lautet daher: „Spricht man genauso aus, wie man es schreibt. Aber sag den Namen lieber nicht laut. Auf keinen Fall dreimal hintereinander! Vertrau mir!“
Vorne und hinten im Buch finden sich außerdem weitere Highlights: eine Karte der mystischen Umgebung Nightmores, die Schülerausweise wichtiger Charaktere sowie ein Aufnahmeantrag für die Academy, der sich an alle interessierten Leserinnen und Leser richtet. Darin wird beispielsweise gefragt, welche Blutgruppen man bei der Nahrungsaufnahme bevorzugt, ob man bereits einen Mitschüler oder Lehrer gefressen, gebissen oder verflucht hat oder welches Lieblingsfach bevorzugt wird (Blutsport, Dunkle Künste, Giftkunde, lückenloses Lügen, Foltern).
Glücklicherweise soll dies nicht das letzte Abenteuer von Fynn auf der Nightmore-Academy gewesen sein. Denn, so viel kann verraten werden, so schlimm findet er es am Ende gar nicht.
Fazit
Eine schaurig-lustige Story, die Leseanfängerinnen und -anfänger begeistern wird. Gerne mehr davon!

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