Treffpunkt Tatort - Der Einzelgänger

Treffpunkt Tatort - Der Einzelgänger
Treffpunkt Tatort - Der Einzelgänger
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Kinderbuch Couch
84%1001

Kinderbuch-Couch Rezension vonOkt 2007

Idee

Ein spannender Krimi, der sich sehr realitätsnah und rätselhaft mit aktuellen Klischees und Tabus auseinandersetzt. Die Charaktere zeichnen sich durch ihre Heterogenität aus, so erzeugt der Autor ein großes Identifikationspotenzial.

Text

Eine ehrliche, direkte und anspruchsvolle Sprache die die harte Realität des Krimis spannend wiedergibt. Der Sprachgebrauch erscheint angebracht, ist aber nicht immer was für schwache Nerven.

[ab 11 Jahren]

Als eines Tages ein Klassenkamerad vom Schuldach stürzt, sind Tim, Doro, Lena und Jan geschockt: war es ein Selbstmord- oder doch ein Mordversuch? Die vier Freunde wollen Kais Problemen auf den Grund gehen und so beginnt eine spannende und mysteriöse Suche nach der Wahrheit. Der erfolgreiche ";Tatort"-Drehbuchautor Klaus-Peter Wolf thematisiert mit seiner neuen Krimi-Reihe für Kinder und Jugendliche Tabus der heutigen Zeit - kein leichtverdaulicher ";Lesespass", der sehr direkt die manchmal knallharte Realität zeigt.

Die vier Freunde Tim, Doro, Lena und Jan gehen auf die Hans-Bödecker-Schule in Köln. Eines Morgens, nachdem Tim gerade zu spät zum Unterricht erscheint, können die vier Zeugen werden, wie ihr Mitschüler Kai Lichte vom Schuldach stürzt. Dieser erschreckende Vorfall konfrontiert die Freunde mit einer harten Realität.

Sofort wird die Polizei informiert, Kai wird ins Krankenhaus gebracht und Kommissar Lohmann nimmt die Zeugenaussagen auf. Aufgrund der Aussage von Kais Mutter, Frau Lichte, verdächtigt Lohmann Tim; schließlich ist der an dem Tag auch zu spät zum Unterricht erschienen.

Tims Freunde sind jedoch davon überzeugt, dass Tim nicht der Täter sein kann und beginnen mit ihren eigenen Ermittlungen, um diesen mysteriösen Sturz aufzuklären. Schnell entdecken sie ihre kriminalistische Ader und jeder beteiligt sich an der Lösung dieses heimtückischen Falls: Da es Frau Lichte war, die Tim mit ihrer Aussage belastet hatte, lag es für Doro, der Computerspezialistin unter den vier Freunden, nahe, einmal persönlich mit Frau Lichte zu sprechen. Und wenn sie schon einmal in der Wohnung der Lichtes war, würde sie auch direkt Kais PC unter die Lupe nehmen. An der Wohnung der Lichtes angekommen, öffnet ihr eine sehr mitgenommene Frau Lichte, die anfangs freundlich zu Doro ist, später aber dann auf eine ganz rätselhafte Weise sehr grob im Umgang mit Doro wird, wobei sie ihr sogar ein Büschel Haare vom Kopf reißt. Schmerzen hin oder her: Doro hat das, was sie wollte: eine Kopie der Daten von Kais PC. Nach einer gewissen Zeit der Recherche stellt sich heraus, dass Kai sich unter einem Decknamen in verschiedenen Internetportalen angemeldet hatte. Allerdings wird in diesen Internetportalen nicht über alltägliche Dinge gesprochen, sondern Erwachsene diskutierten hier ihre schwerwiegenden Probleme. Es geht um Scham, Wutausbrüche, Schuldgefühle Mobbing und Alkoholismus. Aber was hatte Kai in diesen Foren gesucht?
Während Doro noch zuhause an ihrem PC recherchiert, ist Frau Lichte schon wieder auf dem Weg, um Tim zur Rede zu stellen; war er doch der einzige, mit dem Kai Kontakt hatte.

Schnell löst Doro das Rätsel und bringt Licht in die schleierhaften Zusammenhänge. Sie weiß nun, was mit Kai los war und will ihre Freunde warnen, um damit auch Kai zu beschützen. Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt.

Der erfolgreiche ";Tatort"-Drehbuchautor und preisgekrönte Schriftsteller Klaus-Peter Wolf hat mit diesem ersten Teil seiner aktuellen Krimi Reihe ";Treffpunkt Tatort" eine neue Krimi-Ära für Kinder und Jugendliche eingeläutet. Zu der Entstehung von ";Treffpunkt Tatort" kam es, da Kinder und Jugendliche ihm gegenüber kritisierten, die bisherigen Kinder- und Jugendkrimis gaukelten ihnen eine ";heuchlerische, heile Welt" vor. Sie fühlten sich nicht ernst genommen. Wolf wollte ihnen auf Augenhöhe begegnen und schrieb ";echte" Krimis für Kinder und Jugendliche, in die er die dramaturgischen Mitteln des Tatorts einfliessen ließ.

Sowohl das ansprechende Layout dieses Buches, als auch die klar und deutlich thematisierten Klischees und Tabus der heutigen Zeit entsprechen den Anforderungen der Zielgruppe. Der Autor zeigt auf eine teilweise erschreckend realistische Art und Weise die Probleme unserer Kinder und Jugendlichen auf. Die Alltagsprobleme, die oft keine bzw. kaum Beachtung finden, werden hier ernst genommen: ob Liebe, Eifersucht, oder Probleme mit Freunden und Eltern. Der authentische Sprachgebrauch unterstützt die Thematisierung der persönlichen Krisen, die von den Protagonisten überwunden werden müssen.

Wolf hat viele sehr unterschiedliche Charaktere erschaffen. Gerade die vier Freunde könnten, nicht nur äußerlich, wohl kaum verschiedener sein. Sie zeichnen sich durch ein hohes Maß an Heterogenität aus, was diese Clique wohl zu so einer erfolgreichen, wenn auch explosiven Mischung macht. Die Freunde sind ein gutes Beispiel dafür, dass die soziale Herkunft eines Jeden nicht ausschlaggebend ist. Egal ob Tim Sommerfeld, der in einer Villa des besten Kölner Stadtteils wohnt oder Doro Grün, deren Mutter ihrem Schauspieltraum hinterher jagt und ihre Tochter deshalb beim Opa unterbringt: in dieser Clique spielen solche Unterschiede keine Rolle. Insgesamt ergibt sich aus dieser Mischung ein äußerst hohes Identifikationspotenzial für die jungen Leser. Die unterschiedlichen und blitzgescheiten Freunde halten zusammen und genau deswegen sind sie mit ihren Ermittlungen der Polizei immer einen Schritt voraus.

Der Sprachgebrauch der Protagonisten und somit auch des Autors erscheint verblüffend realistisch: es wird gechattet, gemailt und gesimst. Nichts wird durch blumige Worte schöngeredet oder verschleiert. Erschreckende Umstände werden dann auch mit enstprechender Nüchternheit beschrieben. Die Dialoge geben dieser spannungsgeladenen Geschichte die nötige Verbindung zum Inhalt und erleichtert uns sowohl den Einblick in Geschehnisse als auch die Identifikation mit den einzelnen Charakteren.

Nicht verheimlichen sollte ich an dieser Stelle, dass dieser Krimi nichts für schwache Nerven ist. Gerade der realistische Umgang mit den Problemen und die direkten Formulierungen erzeugen oft eine regelrechte Gänsehautstimmung beim Lesen. Denn Liebe und Gewalt liegen in dieser Geschichte sehr nahe beisammen. Die vermeintlichen Ankläger geraten schnell in den Kreis der Verdächtigen. Es gilt, den Kreislauf der Gewalt zu unterbrechen und die erschreckenden Hintergründe zugunsten aller Beteiligten offen zu legen.

Fazit:

Ein spannender wie auch realistischer Krimi, der diese Attribute auf jeden Fall verdient hat. Gerade die ehrlichen, einfühlsamen und direkten Beschreibungen der Geschehnisse machen die Ermittlungen der vier Freunde so interessant. Gängige Tabus werden gebrochen und der junge Leser wird mit einer harten Realität konfrontiert. Lesenswert; aber nichts für schwache Nerven.

Anne Bruns


Treffpunkt Tatort - Der Einzelgänger

Klaus-Peter Wolf, arsEdition

Treffpunkt Tatort - Der Einzelgänger

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