Die Reise nach Grönland

Die Reise nach Grönland
Die Reise nach Grönland
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Kinderbuch Couch
87%1001

Kinderbuch-Couch Rezension vonNov 2007

Idee

Jorn Riel und Christel Espié nehmen uns mit auf eine packende und aufreibend inszenierte Reise ins kalte Grönland.

Bilder

Beeindruckend dichte Bilder stehen der Erzählung kraftvoll zur Seite.

Text

Mit seiner bildhaften und direkten Sprache stellt Riel den Verlauf der Dinge im grönländischen Eis ungeschönt dar und fesselt so auch seine Leser von der ersten Seite an. Nicht immer für ganz zart besaitete Gemüter geeignet.

Von dem eher zurückhaltenden Titel und dem stimmungsvollen Titelbild sollte man sich hier nicht täuschen lassen. Auch wenn sich die Geschichte von Leiv teils vor malerischen Kulissen abspielt, hinter der Reise nach Grönland verbirgt sich ein aufregendes und derbes Abenteuer. Es handelt von einem Wikinger-Jungen, der den Tod seines Vaters rächen will und als Schiffbrüchiger an der Küste Grönlands von zwei Inuit-Kindern gerettet wird.

Der Nachbar Thorstein von Stockanaes hat Leiv´s Vater getötet. Leiv schwört daraufhin seinen Vater zu rächen und Thorstein zu töten. Als Thorstein wegen seiner Tat für drei Jahre von Island verbannt wird, schleicht sich Leiv unbemerkt auf dessen Schiff. Als sie auf hoher See sind, fordert Leiv seinen Widersacher zum Kampf heraus. Der jedoch möchte sich nicht auf diesen ungleichen Kampf einlassen und macht Leiv das Angebot, solange auf seinem Schiff anzuheuern, bis Leiv groß und stark genug für einen fairen Kampf sei. Leiv stimmt zu und ihm gelingt es auch recht schnell, seine Rachegedanken auf später zu verschieben. Denn das Leben an Bord mit Thorstein gefällt ihm.

Aber in den kalten Gewässern werden den Seefahrern unerwartet große Eisschollen gefährlich und machen ein Weiterkommen am Ende unmöglich. Thorsteins Schiff trifft es am schlimmsten. Ganz von Eisschollen umgeben, die unbändig gegen den Schiffsrumpf drücken, beschließt Thorstein sein Schiff aufzugeben. Leiv will zu Fuß auf die weiteren Begleitschiffe gelangen, um Hilfe zu holen. Doch sein Rettungsversuch wird von dichtem Nebel erschwert und schließlich gerät auch Leiv in Gefahr. Er stürzt ins Wasser und hört nur noch das laute Bersten von Holz. Ihm wird bewusst, dass Thorsteins Schiff zerstört ist. Auf einem Stück Holz mit einem toten Pferd im Schlepptau treibt Leiv erschöpft im eisigen Meer...

Die Inuit-Kinder Narua, ein elfjähriges Mädchen, und Apuluk, ihr zwölfjähriger Bruder, finden Leiv völlig unterkühlt am Strand. Da ihr Stamm sie bereits vor den merkwürdigen Seefahrern gewarnt hat, beschließen die Kinder Leiv zunächst in einer Höhle zu verstecken und ihn dort regelmäßig zu versorgen. Hier lernen sich die drei näher kennen und es gelingt ihnen mit der Zeit, ihre Sprachbarrieren zu überwinden und sich zu verständigen. Sie werden Freunde. Narua und Apuluks Vater nimmt Leiv später als weiteren Sohn - gegen ein paar wenige Widerstände der Ältesten - in den Stamm auf. Leiv wächst mit seinen neuen Geschwistern zu einem kräftigen Jugendlichen heran, der auch schon bald mit auf die Jagd geht. Ihre Reise über das Festland ist dabei nicht immer ungefährlich. Am Ende jedoch macht Leiv eine ganz besondere und mehr als unerwartete Begegnung. Denn kein geringer als Thorstein ist zurückgekehrt.

Joern Riel (geboren 1931), der übrigens im Alter von achtzehn Jahren als Mitglied einer Expedition in den Osten Grönlands kam, bringt uns mit der bedachten Annäherung der drei Kinder, aus kulturell unterschiedlicher Herkunft, die archaische Welt der grönländischen Inuit und der Wikinger näher. Ganz besonders beeindruckend gelingt ihm die klare Abgrenzung der kindlichen Unvoreingenommenheit von den erwachsenen Sichtweisen mit ihren Vorurteilen, Traditionen und den daraus resultierenden Ängsten vor Veränderung.

Mit seiner bildhaften und direkten Sprache stellt Riel den Verlauf der Dinge im grönländischen Eis ungeschönt dar und fesselt so auch seine Leser von der ersten Seite an. Seine Charaktere sind dabei stimmig und authentisch gezeichnet. An mancher Stelle ist das ganz sicher nichts für ganz zart besaitete Gemüter. So dürfen wir beispielsweise auch beim Abtrennen der abgefrorenen Zehen von Leiv mitleiden.

Aufreibend inszeniert sind die dramatische Begegnung und der Kampf mit einem hungrigen Eisbären. Dieser Kampf stellt zugleich den Showdown des Buches dar und kein geringerer als Thorstein rettet Narua, Apuluk und Leiv das Leben. Dieses überraschende neuerliche Aufeinandertreffen endet in einem wichtigen Dialog, der die Bedeutung von Freiheit, Frieden und Freundschaft verständlich verankert und dabei unterschiedliche Wertevorstellungen und Erwartungen an das Leben offenbart. Und er bedeutet auch das Ende der bis dahin noch offenen Fehde und der vermeintlichen Feindschaft zwischen Leiv und Thorstein.

Die Bilder von Christel Espié bewirken ein ebenso visuell beeindruckendes Erlebnis. Ihre dichten Bilder mit sattem Farbauftrag stehen der Erzählung kraftvoll zur Seite. Gut, dass sie sich auch ganzseitig entfalten dürfen, denn sie sind ganz sicher ein tragendes Element, das zur gelungenen Atmosphäre des Buches, das übrigens im Bilderbuchformat produziert ist, beiträgt. Gerade auch die Charaktere werden hier mit interessanten, dynamischen Perspektiven in Szene gesetzt und betonen die Bedeutung der Protagonisten.

Fazit:

Hier gibt es Abenteuer pur - nicht nur die Erzähung, auch die Illustrationen sind einfach faszinierend! Jorn Riel und Christel Espié nehmen uns mit auf eine packende Reise ins kalte Grönland, die sicher nicht immer etwas für ganz zart besaitete Kindergemüter ist. Dabei steckt in der rauen Schale der Erzählung aber ein überaus weicher Kern, der eine klare Botschaft für das Leben in Freundschaft und Frieden enthält.

Stefanie Eckmann-Schmechta


Die Reise nach Grönland

Joern Riel, Sauerländer

Die Reise nach Grönland

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