Eine witzig-gruselige Weihnachtsgeschichte voller schräger Ideen
Weihachten ist das Fest der Freude und Harmonie. Alle sitzen gemütlich unterm Tannenbaum und freuen sich über ihre Geschenke – zumindest in der Theorie. Für Tom Tomsky würde es reichen, wenn Weihnachten nur alle fünf Jahre stattfinden würde. Im Gegensatz zu seiner weihnachtsliebenden Familie, die bereits im September aus lauter Vorfreude mit den Vorbereitungen anfängt, ist das Fest für ihn mit all seinen Traditionen nur schwer auszuhalten.
Der WBS ist los!
Als er sich am 22. Dezember mit Hedwig Kümmelsaft zum Adventskaffee in ihrer Wohnung trifft, muss auch sie ihn leider enttäuschen. Tom hatte gehofft, über Weihnachten einen dringenden Einsatz als Gespensterjäger vortäuschen zu können, um den Familienfeierlichkeiten entfliehen zu können. Bereits seit drei Jahren gehört er gemeinsam mit Hedwig und Hugo, einem MUG (=Mittelmäßig Unheimliches Gespenst) zu Kümmelsaft und Co, einem Gewerbe, das sich auf die Jagd von Geistern und Gespenstern spezialisiert hat. Einerseits spuke kein anständiges Gespenst an Weihnachten, andererseits gingen ihnen langsam die Ausreden aus, warum Tom so oft mit ihnen unterwegs sei, argumentiert Hedwig und auch Hugo fügt hinzu, dass „Woihnochten dör Famülie gehört“.
Doch dann kommt alles ganz anders. Mitten im „schönsten“ Weihnachtsfest, bei dem nicht nur Toms Eltern und seine Schwester Lola sondern auch Tante Evelyn mit ihrem Freund Dieter (von Tom insgeheim nur DBD = Dünnbrett-Bohrer-Dieter genannt) dabei sind, passiert es: Der Weihnachtsbaum, dessen Geruch nach Eukalyptus Tom sowieso schon komisch vorkam, fängt plötzlich an zu spuken. Seine Nadeln sträuben sich wie Igelstachel und beginnen in kaltem Licht zu leuchten, während der Baum hämisch grinst, mit roten Kugelaugen seine Opfer auswählt und auf zwei borkigen Beinen mit wurzeligen Zehen durchs Zimmer läuft. Toms Eltern, Lola, Tante Evelyn und der DBD fallen ihm zum Opfer und werden auf Miniaturgröße geschrumpft. Als Weihnachtsbaumschmuck hängen sie schließlich an den Zweigen des wildgewordenen Baums. Zum Glück hat Tom als Gespensterjäger Erfahrung mit derartigen Spuken und kann mit nur leichten Blessuren entkommen. Natürlich führt ihn sein Weg schnurstracks zu Hedwig und Hugo, schließlich haben sie bereits viele Spuke gejagt. Ob es ihnen gemeinsam gelingen wird, den WBS (=WeihnachtsBaumSpuk) zu besiegen und Toms Familie zu retten?
Die Gespensterjäger sind zurück!
Über 20 Jahre ist es inzwischen her, dass der erste Band der Gespensterjäger 1993 erschien, in dem Tom mithilfe von Hedwig Kümmelsaft das Gespenst Hugo aus seinem Keller vertreiben will. Zum Glück stellt sich Hugo als gar nicht so gruselig heraus und erklärt, dass er sich selbst auf der Flucht vor einem UEG (Urzeitliches Eis-Gespenst) befindet. Gemeinsam gründen die drei anschließend das Trio Kümmelsaft und Co, das sich auf die Jagd nach Gespenstern spezialisiert. Mit „Gespensterjäger im Feuerspuk“ erschien 1994 dann bereits der zweite Band, dicht gefolgt von Band 3 „Gespensterjäger in der Feuerburg“, der 1995 veröffentlicht wurde. Ganze sechs Jahre dauerte es, bis 2001 mit „Gespensterjäger in großer Gefahr“ der vierte und für lange Zeit auch letzte Roman rund um Tom, Hedwig und Hugo herauskam.
Dass es jetzt, also 24 Jahre nach dem ersten Band zu einer Fortsetzung kommt, war auch von Autorin Cornelia Funke nicht geplant, wie sich dem Vorwort entnehmen lässt, doch dann kam ihr kurz vor Weihnachten die Idee für die Geschichte, die sie dann auch zu Papier brachte.
Auch wenn ich selbst mit ihren Büchern groß geworden bin und begeistert „Die wilden Hühner“, „Herr der Diebe“ oder „Drachenreiter“ gelesen habe, sind die „Gespensterjäger“ bisher völlig an mir vorbeigegangen und es brauchte erst diese große Pause, um auf diese eigentlich doch recht bekannte Reihe zu stoßen.
Auch wenn mir die restlichen Bände weiterhin weitestgehend unbekannt sind (was sich gerade ändert), war es auch als Neueinsteigerin kein Problem, in den Roman hineinzufinden. Auf zwei Seiten stellt Cornelia Funke ihre drei Protagonisten noch einmal kurz vor und geht auf die wesentlichen Punkte der Story ein, sodass man sofort weiß, worum es geht.
Die Geschichte selbst erstreckt sich dann über 13 Kapitel, die zwischen 10 und 24 Seiten lang sind und gelegentlich von Illustrationen unterbrochen werden. Dank der großen Schrift und der leicht verständlichen Sprache passt das Buch gut zur Zielgruppe, die mit Kindern ab etwa 8 Jahren angegeben ist. Durch die leicht gruselige aber vor allem witzige Story macht es Spaß, Kümmelsaft und Co bei der Jagd nach dem WBS zu begleiten. Wie sich nicht übermerken lässt: Im Buch wimmelt es von witzigen Kurzformen, mit denen nicht nur die unterschiedlichen Spukarten bezeichnet sondern auch viele andere Begriffe abgekürzt werden und die besonders bei Kindern gut ankommen und „Insider“-Feeling aufkommen lassen. So steht VAG beispielsweise für Vereinigung Aller Gespensterjäger, während FGD für Fünftes Gespensterjäger-Diplom steht oder KESG für Klinik für die EntSpukung von Gespensterjägern. Wer hier bereits den Überblick verliert, braucht jedoch keine Angst haben, denn am Ende des Buches befindet sich das „Verzeichnis der Gespensterjäger-Abkürzungen“, in denen sich alle Begriffe noch einmal nachschlagen lassen. Spaß macht auch die lustige Aussprache Hugos, die seine Sätze schön gespenstisch klingen lässt, wie beispielsweise hier: „Dos sünd dü Bedüngungen. Ühr bekommt eure Froihoit und ötwas Roche. Wür örfahren, was wür wüssen müssen!“
Dank der sympathischen Protagonisten fällt es nicht schwer, ganz in die Handlung einzutauchen und mit Tom und seinen Gespensterjäger-Kollegen mitzufühlen, während sie versuchen den WBS zu besiegen und seine Familie zu retten. Auch die Zeichnungen, die anders als in den ersten Bänden dieses Mal nicht von der Autorin selbst sondern von Franziska Blinde stammen, sorgen für Abwechslung beim Lesen und wecken die Vorstellungskraft. Schön sind auch die acht illustrierten Farbseiten am Ende des Buches, auf denen verschiedene Szenen aus der Geschichte noch einmal bunt und eine ganze Seite füllend abgebildet sind.
Fazit
Auch wenn über 20 Jahre zwischen dem Erscheinen des ersten und des fünften Bandes liegen, hat man nicht das Gefühl einer „aufgewärmten“ Geschichte. Ganz im Gegenteil: Bei „Gespensterjäger und der Weihnachtsspuk“ handelt es sich nicht nur um ein weihnachtliches Abenteuer des gruselig-witzigen Trios, auch macht das Buch eine neue Generation auf die tolle Reihe aufmerksam und rückt sie aus den tiefen der Regale wieder in den Vordergrund!



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