Meine Schwester und ich

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Kinderbuch Couch
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Kinderbuch-Couch Rezension vonJun 2008

Idee

Keine Geschichte, sondern ein Vergleich zwischen den Rollen der kleinen und großen Schwester bildet die Textgrundlage. Vor- und Nachteile werden klar gegenübergestellt, das Zusammensein bleibt aber das Wichtigste

Bilder

Die kunterbunten –fast schon kitschigen –Bilder der Pope-Zwillinge im Collage-Stil bieten sehr viele Details zum Entdecken. Die Gesichtsausdrücke der Schwestern sind allerdings nicht sehr variantenreich.

Text

Klar strukturierte Sätze und altersentsprechende Formulierungen bringen die einzelnen Meinungen gut auf den Punkt und erzeugen so Zustimmung beim Leser.

Was ist eigentlich besser: die größere oder die kleinere Schwester zu sein? Zwei Mädchen zeigen uns die Welt jeweils aus ihrem Blickwinkel und zwar mit vielem Für und Wider. Am Ende zählt aber für beide am meisten, dass sie einander haben ...

Zwei langhaarige Mädchen betreten Hand in Hand eine Wiese und beginnen mit dem Leser einen Spaziergang durch ihre zuckerwatte-rosa aber dennoch durchaus nicht völlig konfliktfreie Welt. Sie zeigen uns - jede aus ihrer eigenen Perspektive- was sie an der Rolle als jüngere bzw. ältere Schwester mögen oder eben gerade nicht. Dabei folgen sie quasi dem Tageslauf: auf das Anstehen vor dem besetzten Bad folgen Styling und Mini-Modenschau vor kunterbuntem Kleiderschrank. Nach einer Runde draußen spielen mit den jeweiligen Freundinnen sind für die Größere die Hausaufgaben dran. Später vergnügen sich beide Schwestern gemeinsam beim Tanzen und Baden und beschließen den Tag zu guter Letzt in ihren jeweiligen Hälften desselben Zimmers.

Die Gewichtung der Vor- und Nachteile, die für jede der Schwestern aus der Existenz der jeweils anderen resultieren, zieht sich wie ein rosa(!) Faden durch den ganzen Tag. So wird dem Leser schnell klar, in welchen Momenten die Ältere sich wohl fühlt: als Vorturnerin und -leserin, stützender Rettungsengel beim Radfahren auf holprigem Pflaster oder wenn sie der Schwester Beschützerin gegen nächtliche Monsterschatten sein kann. Toll ist natürlich auch zusammen herumzualbern. Genervt ist sie hingegen, wenn die Kleine geborgte Klamotten nicht zurückbringt, ständig die Lieblingsschminke ausleiht oder in der Hausaufgabenzeit Stepptänze, Kreischgesänge und Clownsfaxen durch das Haus schallen.

Die Jüngere der beiden liebt es, sich als Große zu verkleiden und von ihrem Vorbild wichtige Dinge wie Kaugummiblasen oder Kopfsprünge zu lernen. Dafür stellt sie ihre Füße dann auch gern mal als Nagellack-Test-Areal zur Verfügung. Außerdem wird sie gelegentlich für manche Nachteile, wie z.B. lange Wartezeiten vor verschlossener Badtür durch herrliche Gaben der Schwester, wie rosarotes Erdbeer-Blubberschaumbad, entschädigt.

Beide Schwestern machen deutlich, dass sie eigene Interessen und Vorlieben haben und jede ihre Freiräume braucht. So sind ganz anschaulich die Zimmerseiten offensichtlich verschieden gestaltet und mit ihren Freundinnen vertiefen sie sich jeweils in eine sehr eigene Welt. So mag die eine Schaukeln über alles, während die andere fürs Musikhören und Sammelalben-Füllen schwärmt. Nicht immer ist leicht nachzuvollziehen, warum sich die Schwester nicht für das Gleiche begeistern kann.

Der New Yorker Autorin Judy Katschke ist es erfreulich gut gelungen, das Verbindende bei aller Ungleichheit in den Vordergrund zu stellen. Die Eigenheiten eines jeden der beiden Mädchen werden respektvoll anerkannt. Judy Katschke beließ es bei der recht anonymen Bezeichnung ihrer Protagonistinnen als ";Schwestern". Somit ermöglicht sie es den Leserkindern, sich ganz allgemein mit der jeweiligen Rolle statt mit einem konkreten benannten Kind zu identifizieren. An dieser Stelle füllt das englische Illustratorinnen-Zwillingspärchen Pope Twins durch seine Illustrationen wirklich eine Lücke: indem es den Mädchen ein eigenes Gesicht gibt. Der Zeichenstil erinnert an Comics - die Menschen sind in fast kindlicher Manier vereinfacht gezeichnet. Leider ermöglicht das für eine differenzierte Darstellung der Mimik keine allzu großen Spielräume. Opulente Hintergründe der einzelnen Szenarien wie ausgefallene Teppich- und Tapetenornamente oder auch die üppig gemusterte Kleidungsstücke bilden dazu einen deutlichen Kontrast. Einzelne Collage-Elemente tragen zu dem teilweise superbunten Gesamtbild bei. Pink und Aubergine-Töne sind durchaus nicht nur bei den Schminkutensilien dominant. Den Augen der kleinen Betrachterinnen wird eine Fülle an mädchen-typischen Details wie z.B. Haarspangen aller Arten zum ausgiebigen Betrachten offeriert. Diese lässt sich durch den Einsatz der eigenen Hände noch steigern: Da gilt es Türen zu Öffnen, Scheiben zu Drehen oder Laschen zu Ziehen - ein echtes Mitmach-Buch.

Fazit:

Geschwister dürfen verschieden sein und sich auch mal deutlich abgrenzen. Jede Rolle, ob die der Älteren oder der Jüngeren hat Sonnen- und Schattenseiten, aber dennoch ist es unbestritten ein großes Glück, ein Schwesterherz an seiner Seite zu haben. Wer rosa Prinzessinnen-Welten mag, dem werden die Bilder besonders gut gefallen. Auf jeden Fall sind die beweglichen Buchteile eine Spaßgarantie.

Silvia Ströhmann

 

Meine Schwester und ich

Judy Katschke, Pattloch

Meine Schwester und ich

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