Das Museum des Körpers

  • Prestel
  • Erschienen: Oktober 2022
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übersetzt von Ute Löwenberg; Illustrationen von Katy Wiedemann; Hardcover, 112 Seiten

ISBN: 9783791375298

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Kirsten Kohlbrei
94%1001

Kinderbuch-Couch Rezension vonMär 2023

Idee

Komplexes Fachwissen wird verständlich und fesselnd vermittelt.

Bilder

Beeindruckend schöne Illustrationen erwecken den menschlichen Körper auf Papier zum Leben.

Text

Gelungene Kombination von Fachausdrücken und Umgangssprache.

Faszinierende Führung durch die menschliche Anatomie

Auf den Erkenntnissen der Anatomie, der Lehre vom Körperaufbau, beruht unser gesamtes medizinisches Verständnis. Das Sezieren, das „Aufschneiden“ – vom Altgriechischen „anatome“ – des menschlichen Körpers ist bis heute eine wichtige Methode des Studiums in Wissenschaft und Medizin. Die Anfänge der Anatomie liegen aber weit in der Zeit v. Chr. Aufgrund moralischer und religiöser Vorbehalte war die Sezierkunst in manchen Kulturen jedoch verboten, so dass die frühe medizinische Forschung behindert wurde. Ganz anders heutzutage, wo dank technologischer Neuerungen, der Körperaufbau des Menschen in immer mehr Details abgebildet werden kann. Der Blick in das Innere unseres Körpers offenbart eine einzigartige Maschinerie tausender unterschiedlicher Teile, deren hocheffizientes Zusammenspiel den Menschen ausmacht. Diese Welt voll spektakulärer Schätze, die wir in uns tragen, gilt es zu entdecken. Treten wir also ein, in das Museum des Körpers.

Der eigene Körper als lebendiges Wunderwerk ausgestellt

Der Eintritt für diese besondere Ausstellung ist frei. An jedem Tag der Woche rund um die Uhr sind ihre Besucher eingeladen, eine Entdeckungsreise zu den Wundern des menschlichen Körpers anzutreten. Dabei lässt sich interaktiv am eigenen Leib spüren, wie das lebendige Gesamtkunstwerk arbeitet.

Im Eingangsbereich erfolgt zunächst eine kleine, hilfreiche Einführung in anatomisches Grundwissen, eine Erläuterung zu den Bausteinen des Körpers. Ihre Anordnung folgt nach einem einfachen Prinzip: von klein zu groß. Die kleinsten Einzelteile sind die Zellen, die es billionenfach im Körper gibt und die ganz unterschiedliche Aufgaben haben können. Schließen sich mehrere Zellen zusammen, entsteht als nächste Stufe ein Gewebe, das je nach Zellinformation an den verschiedensten Orten im Körperinneren zum Einsatz kommen kann. Aus der Verbindung einer Anzahl diverser Gewebearten bilden sich als nächste Ebene die Organe, z.B. Herz, Lunge oder Gehirn. Den Abschluss in der anatomischen Struktur stellen die Körpersysteme dar, in denen einzelne Organe gemeinsam für einen bestimmten Aufgabenbereich zuständig sind. Elf solcher komplexen Systeme gibt es im menschlichen Körper, wie etwa das Atmungssystem oder das Muskelsystem.

Bei einem Rundgang durch die sechs Säle des Körpermuseums werden diese Organsysteme vorgestellt, wobei in den einzelnen Räumen jeweils sich ergänzende Themenkomplexe zusammen ausgestellt sind. So beherbergt Saal 1 zum Beispiel das Muskel- und Skelettsystem oder Saal 2 das Herz- Kreislauf- und Atmungssystem. Detaillierte Illustrationen mit ausführlichen Bildlegenden kombiniert mit verständlichen Begleittexten veranschaulichen den Besuchern Arbeitsabläufe und Funktion der ausgestellten Körpersysteme, wobei einzelne Bausteine hervorgehoben werden wie etwa einzelne Knochen des Skelettsystems, die Rolle des Bluts für den Herz-Kreislauf oder die Lunge und ihre Bedeutung für den Lufttransport beim Ein- und Ausatmen.

Die Bibliothek am Ausgang verfügt über ein ausführliches Stichwortverzeichnis, das die Suche nach bestimmten Körperteilen oder -vorgängen erleichtert.

Verständlich und wissenschaftlich hochkarätig

Das Museum des Körpers ist der neueste Band einer hochwertig gestalteten Kinder-Sachbuch-Reihe zu wissenschaftlichen Themen. Die Kuratorinnen der Ausstellung sind die Illustratorin Katy Wiedemann und die Wissenschaftlerin Jennifer Z. Paxton. Paxton arbeitet als Dozentin für Anatomie an der Universität von Edinburgh und bemüht sich allgemein um eine verständliche Vermittlung ihres Wissensbereichs an ein breites Publikum schon von klein auf an. Die Leidenschaft, mit der sie dieses Ziel verfolgt, wird in ihrem Vorwort durch die aufrichtige Begeisterung, die sich auf die Museumsbesucher*innen überträgt und während des Rundgangs nicht wieder loslässt, spürbar.

„Hast du schon einmal deine Kniegelenke knacken gehört, wenn du schnell aufgestanden bist? Oder deine Knöchel? Dieses Geräusch klingt, als ob irgendetwas nicht stimmt, ist aber nur das Platzen von Luftbasen in der Gelenkflüssigkeit und völlig harmlos.“

Jennifer Z. Paxton gelingt es mit ihren Ausführungen, hochkomplexe biologische Abläufe für Laien nachvollziehbar zu machen. Dabei vermittelt sie den Ausstellungsgästen durch persönliche Ansprache und alltagsbezogene Beispiele und Vergleiche, die Bedeutung von spezifischen Aufgaben der einzelnen Körperbausteine. Daten und Fakten werden so mühelos plausibel gemacht. Gleichwohl verzichtet die Wissenschaftlerin nicht auf Fachwörter oder lateinische Ausdrücke, die in den Bildlegenden einprägsam aufgeschlüsselt werden. Auch, wenn die Erklärungen ihre eigene Sogkraft entwickeln und vielmehr darstellen als bloße Bildbegleitung, fußt der beeindruckende Gesamteindruck des Buchmuseums auf dem Zusammenspiel der fundierten Erläuterungen mit den wissenschaftlichen Bildern von Katy Wiedemann.

Ästhetischer Bilderreichtum

Wiedemann bewegt sich in der Tradition der klassischen wissenschaftlichen Abbildung, setzt aber modern interpretierte Akzente. Stellenweise als Karten stilisiert, erinnern die Zeichnungen mitunter an Bildmaterial, das man aus dem Biologieunterricht oder vom Arztbesuch kennt. Andere Illustrationen verstärken, mit der Ästhetik in Wandnischen drapierter antiker Torsi, den Museumseffekt. Ihre Darstellung bleibt stets realistisch und fachlich korrekt und verzichtet auf schmückendes Beiwerk. Mit Tusche und Aquarell in einfachen Techniken und ruhigen Farben gehalten, kommen die Körpermotive im Großformat des Bandes besonders gut zur Geltung. Die Bildgrößen und -inhalte variieren. Ganzkörperansichten wechseln sich ab mit herangezoomten einzelnen Organe. Der Blick von außen steht im Wechsel mit offengelegter Innenanschau. Weibliche oder männliche Modelle werden sichtbar bis auf Skelett aber auch mit lockigem Haar, Schnurrbart und Mimik gezeigt.

Das auf diese Weise so grandios kuratierte Körperkompendium ist ein wahres Geschenk für Neugierige und Wissbegierige jeglichen Alters. Ein jeder wird am persönlichen Verständnislevel abgeholt und im schier unerschöpflichen Informationsangebot fündig, auch wenn vielleicht nicht alles sofort in Gänze verstanden wird. Ein wirklich bemerkenswertes Buch, das sich zum gemeinsamen Anschauen und Vorlesen genauso anbietet, wie zum selbstständigen Schmökern. Neben dem auf anschauliche, leichte und äußerst spannende Art vermittelten Wissen, sensibilisieren die Ausstellungsmacherinnen ihre Besucher*innen auch für einen wertschätzenden Umgang mit dem eigenen Körper, der unsere Achtsamkeit braucht und verdient, um ohne Beeinträchtigung arbeiten zu können.

Fazit

Ein Besuch im Museum des Körpers bleibt in Erinnerung. Die ganz wunderbaren Illustrationen ermöglichen in Verbindung mit den lehrreichen, aber nie langweiligen Textpassagen einen eindrucksvollen Einblick in die Funktionsweise menschlichen Lebens. Ein Loblied auch auf die Anatomie, die als Wissenschaft mit ihren Erkenntnissen die Vorlage für dieses Erlebnis liefert.

Das Museum des Körpers

Jennifer Z. Paxton, Prestel

Das Museum des Körpers

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