Der Teddy und die Tiere

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Kinderbuch Couch
88%1001

Kinderbuch-Couch Rezension vonNov 2007

Idee

Ein Buch über den Sinn des Lebens aus dem Blickwinkel verschiedener Tiere, das uns einen eigenen Antwortversuch wagen lässt.

Bilder

Anrührend schöne farbintensive Aquarellbilder die durch ihre Detailvielfalt teilweise Ausgangspunkt für neue Geschichten sein könnten, da sie über den Text hinausgehen.

Text

Dem Thema angemessene ausführliche Darstellung der Sinnsuche in kindgemäßer Sprache mit prägnanten Dialogen und leicht nachvollziehbaren Gefühlsschilderungen.

[ab 5 Jahren]

Eine kleine Fliege stellt einem abgegriffenen Stoffteddy die Frage nach dem Sinn seines Daseins und tritt damit eine Lawine los, die dem Teddy eine lange Antwortsuche und ihr ein unerwartetes Ende beschert ...

Ein in die Jahre gekommener Plüsch-Bär mit dem seltsamen Namen Washable (waschbar), den sich sein Besitzer von einem kleinen Schild an seinem Ohr abgeschaut hat, blickt von einer Sofaecke aus müßig in die Welt, als eine vorbeikommende freche Fliege sein Untätigsein in Frage stellt. Die Fliege meint ";Jeder ist doch zu etwas auf der Welt", und es sei ungemein wichtig, dieses Etwas zu kennen. Da der Teddy aber außer ";einfach so" nicht zu sagen weiß, warum er da ist, umschwirrt die Fliege in Endlosschleifen mit ihrem ";dummdumm - ohne sinn" - Summen seinen Kopf. Dieses Zusammentreffen macht Washable sehr nachdenklich und so begibt er sich in Haus und Garten, Park und Wald, ja selbst in Urwald und Steppe auf seine persönliche Sinn-Suche.

Die Tiere, die dem Bären auf seinem Weg begegnen, geben Auskunft über ihre jeweilige Bestimmung: der Schwan meint, es sei Schönheit, die Maus will eine Familie ernähren, die Bienen streben nach emsigem Tätigsein und die Elefanten halten es für sinnvoll, über das Dasein lange und tiefgründig nachzudenken.

Der in der Pfütze badende Mistfink zum Beispiel spricht den Teddy hingegen in frechem Ton an, da er sich beobachtet fühlt. Er bezieht sich egoistisch nur auf sich selbst (";Wozu du da bist, ist mir piepegal.") und erteilt den Rat, frech wie Oskar zu sein um überall durchzukommen. Der Ober-Affe im Dschungel erklärt aber dem Ratsuchenden, ohne Hierarchie gehe alles drüber und drunter. Doch Washable möchte weder so frech wie Oskar sein, noch möchte er gehorchen oder kommandieren. Niedergeschlagen muss er erkennen, dass er das Ziel seiner Reise noch immer nicht erreicht hat. Es bleibt das Gefühl, überflüssig und zu ungleich zu sein; doch es lässt ihn zugleich immer weiter suchen. Washable aber hat verstanden, dass alle befragten Tiere eine Sinnvorstellung haben, die sehr von ihren Fähigkeiten und Aufgaben abhängt - für jeden von ihnen hat der persönliche Lebenszweck eine andere Gestalt.

Dem niedlichen Kuschelbären wird schließlich aber doch ein glückliches Ende gewährt.
Er kann seiner ursprünglichen Bestimmung - und damit sich selbst - treu bleiben und lässt die Zweifler verstummen: ein Mädchen erwählt ihn trotz aller seiner Macken zum Spielkameraden. Die vorlaute Fliege, die den Stein ja erst ins Rollen brachte, belästigt ihn nun auch nicht mehr, denn er gab ihr mit seiner Pfote ";Patsch!" eine endgültige Antwort. Denn was wäre die Welt schließlich ohne Kuschelbären?

Michael Ende gehört bereits seit geraumer Zeit zu den außerordentlich beliebten Klassikern unter den Autoren in deutschen Kinderbuchregalen. Seine oft poetischen Werke wie ";Momo" oder ";Der Wunschpunsch" wurden außerdem weltweit vielfach übersetzt und ebenso wie ";Jim Knopf" oder ";Die unendliche Geschichte" sogar mit großem Erfolg verfilmt. Was ist jedoch sein Erfolgsrezept? Eines könnte hierin liegen: auch im vorliegenden Buch nimmt der Autor die Kinder ernst indem er sich einer kindgerechten, dabei jedoch gleichzeitig keinesfalls anspruchslosen Ausdrucksweise bedient. Die von ihm verwendeten sprachlichen Bilder wie z.B. ";ein hochmütig schnarrender Schwan" oder ";ein schimmerndes Paketchen aus Seidenfäden" sind selbst wie kleine Perlen und regen die Phantasie beim Lesen auf wunderbare Weise an.

Der Autor erzählt seine Geschichte recht ausholend, indem er dem sympathisch beschriebenen Bären viele Begegnungen ermöglicht, bevor das Mädchen schließlich in sein Leben tritt. Dennoch erscheint die Reise nicht überlang, da die Rat gebenden Tiere geschickt ausgewählt und in ihren Eigenarten sehr treffend beschrieben sind. Der Bär durchlebt gefühlsmäßig einige Tiefen. Die Leser können diese detailliert und einfühlsam dargestellten Begegnungen gut nachempfinden. Intolerant und selbstzufrieden lachen sie Washable aus und lassen ihn als ";dumm", ";armen Kerl", oder als ";Taugenichts" dastehen. Kein Wunder, dass Washables Selbstbewusstsein sehr zu leiden hat. Denn, wie, bitte schön, sollte denn ein Stoffteddy eine affenartige Gemeinschaft gründen oder sich raupengleich in einen Schmetterling verwandeln?

Durch die zahlreichen und überraschenden Antworten kommt keine Langeweile auf und die Spannung steigt, bis Michael Ende seine Leser und natürlich auch Washable mit einem unerwarteten Ende erlöst. Michael Endes Geschichte findet so einen runden Abschluss und entlässt seine jungen Leser mit der Ermunterung, der eigenen Bestimmung zu folgen und dabei die (Sinn)-Suche nicht aufzugeben. Der Teddy findet letztlich sogar mehr als (s)einen Zweck, nämlich eine Person, die ihn liebt und die er lieben kann.

";Der Teddy und die Tiere" ist von Cornelia Haas großformatig und farbstark bebildert. Die Illustratorin entschied sich für eine Kombination aus Aquarellfarben und Pastellkreide in flächigem Auftrag. Starke Kontraste und eine abwechslungsreiche Perspektivenwahl, z.B. die beeindruckenden Bienen in Großaufnahme, verleihen den Bildern zusätzlich Dynamik. Jede der Doppelseiten ist der Begegnung mit einem der Tiere gewidmet und detailreich illustriert. Zahlreiche witzige ";Zugaben" wie der Weg der Fliege durch das Haus, das speer-schwingende Bienenheer, die imitierten Höhlenzeichnungen der Mäusejagd oder der weise bebrillte Elefant steigern die Wirkung des Textes auf humorvolle Weise und verleihen ihm zusätzlich Leichtigkeit.

Cornelia Haas entschied sich in Übereinstimmung mit dem vorliegenden Text für eine sympathische Darstellung des Bären: er wirkt niedlich und verletzlich zugleich. Mit seinen großen Ohren und den verschiedenfarbigen Flicken trägt er deutliche Alterungsspuren. Diese einfallsreichen Ergänzungen verdichten die im Text beschriebene Atmosphäre und leisten einen wichtigen Beitrag zu diesem gehaltvollen Buch.

Fazit:

Zu wissen, wozu man auf dieser Welt ist- wohl eine der ursprünglichsten und aktuellsten Fragen im Leben der Menschen. Auch kleine Sinnsucher beschäftigt sie schon; hier Tiere ";antworten" zu lassen, ist für ihre Perspektive nahe liegend. Am Beispiel des Teddys wird gezeigt, wie wichtig es ist, um seiner selbst willen geliebt zu werden, auch ohne große Leistungen zu vollbringen. Dieses philosophische Buch zeigt Kindern, dass die Fähigkeit zu lieben und das Glück, geliebt zu werden elementar wichtig für alle Wesen sind.
Michael Endes Geschichte, witzig und klug zugleich, wird allen Lesern - je nach Lebensalter - in verschiedenem Licht erscheinen und immer wieder neue Denkansätze liefern.

Silvia Ströhmann


Der Teddy und die Tiere

Michael Ende, Thienemann

Der Teddy und die Tiere

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